in einem Lande und zu irgend einem Zeitraum der Verfinsterung, trat mit widrigen Maaßre¬ geln seiner Regenten in Bund, und entvölkerte nach und nach den gesegneten Erdstrich bis auf ein Drittheil der alten Menschensumme. Der Zufall ließ Spanien die ersten Vortheile von Amerikas Entdeckung ziehn, weite reiche Land¬ schaften eignete es sich dort zu, Gold- und Sil¬ berminen, wie sie zuvor keinem Staate gehör¬ ten, wurden sein Eigenthum. Doch dieser Um¬ stand brachte, statt wiedererwachten Flor, nur tiefere Verarmung zuwege; denn Spanien ergab sich dem Müßiggang, das Gold wich in die Fremde, man sank in Schulden. Zuletzt schwelg¬ ten nur noch wenige Großen und die Priester, die Geisteskraft lag in den Banden des wahn¬ sinnigsten Aberglaubens, die Regierung, trotz der meerumflossenen und durch die Mauer der Pirenäenkette gesicherten Lage von Spanien, konnte sich nicht mehr vertheidigen. Die später¬ hin geistesentwölkten Nachkommen, blickten nun mit Wehmuth in eine Vergangenheit zurück, die so viel Säumniß, das Gute zu erkennen, zu be¬ klagen darbot. Sie meinten, wenn man der Kraft und Weisheit billig Denkmale stelle, ge¬
bühre
in einem Lande und zu irgend einem Zeitraum der Verfinſterung, trat mit widrigen Maaßre¬ geln ſeiner Regenten in Bund, und entvoͤlkerte nach und nach den geſegneten Erdſtrich bis auf ein Drittheil der alten Menſchenſumme. Der Zufall ließ Spanien die erſten Vortheile von Amerikas Entdeckung ziehn, weite reiche Land¬ ſchaften eignete es ſich dort zu, Gold- und Sil¬ berminen, wie ſie zuvor keinem Staate gehoͤr¬ ten, wurden ſein Eigenthum. Doch dieſer Um¬ ſtand brachte, ſtatt wiedererwachten Flor, nur tiefere Verarmung zuwege; denn Spanien ergab ſich dem Muͤßiggang, das Gold wich in die Fremde, man ſank in Schulden. Zuletzt ſchwelg¬ ten nur noch wenige Großen und die Prieſter, die Geiſteskraft lag in den Banden des wahn¬ ſinnigſten Aberglaubens, die Regierung, trotz der meerumfloſſenen und durch die Mauer der Pirenaͤenkette geſicherten Lage von Spanien, konnte ſich nicht mehr vertheidigen. Die ſpaͤter¬ hin geiſtesentwoͤlkten Nachkommen, blickten nun mit Wehmuth in eine Vergangenheit zuruͤck, die ſo viel Saͤumniß, das Gute zu erkennen, zu be¬ klagen darbot. Sie meinten, wenn man der Kraft und Weisheit billig Denkmale ſtelle, ge¬
buͤhre
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in einem Lande und zu irgend einem Zeitraum
der Verfinſterung, trat mit widrigen Maaßre¬
geln ſeiner Regenten in Bund, und entvoͤlkerte
nach und nach den geſegneten Erdſtrich bis auf
ein Drittheil der alten Menſchenſumme. Der
Zufall ließ Spanien die erſten Vortheile von
Amerikas Entdeckung ziehn, weite reiche Land¬
ſchaften eignete es ſich dort zu, Gold- und Sil¬
berminen, wie ſie zuvor keinem Staate gehoͤr¬
ten, wurden ſein Eigenthum. Doch dieſer Um¬
ſtand brachte, ſtatt wiedererwachten Flor, nur
tiefere Verarmung zuwege; denn Spanien ergab
ſich dem Muͤßiggang, das Gold wich in die
Fremde, man ſank in Schulden. Zuletzt ſchwelg¬
ten nur noch wenige Großen und die Prieſter,
die Geiſteskraft lag in den Banden des wahn¬
ſinnigſten Aberglaubens, die Regierung, trotz
der meerumfloſſenen und durch die Mauer der
Pirenaͤenkette geſicherten Lage von Spanien,
konnte ſich nicht mehr vertheidigen. Die ſpaͤter¬
hin geiſtesentwoͤlkten Nachkommen, blickten nun
mit Wehmuth in eine Vergangenheit zuruͤck, die
ſo viel Saͤumniß, das Gute zu erkennen, zu be¬
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/300>, abgerufen am 22.11.2024.
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