Geburtsort, hub er an. Schon mein Vater kam in früher Jugend auf die Vermuthung, es werde möglich sein, sich Fischen mit seinem Willen verständlich zu machen, und ihre geringe Denk¬ kraft, mit der vielumfangenden menschlichen, in Beziehung zu setzen. Denn, dachte er, geht dies bei Thieren vom Lande an, wo ist der Grund, es werde hier nothwendig mißlingen? Ohne Zweifel gab es einst Menschen, die den verlacht haben würden, der behauptet hätte, man könne Roß oder Stier zum dienenden Knecht machen. Genug, mein Vater begann sein Werk mit unsäglicher Mühe. Kleine Flußfische in Bek¬ ken waren es, womit er den Anfang machte. Die Nachbarn fragten, wozu denn das je nützen solle? Dies mochte mein Vater auch noch nicht recht einsehen, doch machte ihn nichts irre, und nach Jahren konnte er doch einen Hecht, einen Aal zeigen, welche auf seinen Wink allerlei kleine Künste vollzogen. Der Neuheit wegen lief man herzu, sah es an, zuckte hernach aber die Achsel ob der eiteln Mühe. Doch mein Vater fuhr fort. Ein Zitterfisch, ein Kabliau und ein Hai, sehr jung eingefangen, kamen an die Reihe. Er fand bei diesen Thieren größere Gelehrigkeit,
Geburtsort, hub er an. Schon mein Vater kam in fruͤher Jugend auf die Vermuthung, es werde moͤglich ſein, ſich Fiſchen mit ſeinem Willen verſtaͤndlich zu machen, und ihre geringe Denk¬ kraft, mit der vielumfangenden menſchlichen, in Beziehung zu ſetzen. Denn, dachte er, geht dies bei Thieren vom Lande an, wo iſt der Grund, es werde hier nothwendig mißlingen? Ohne Zweifel gab es einſt Menſchen, die den verlacht haben wuͤrden, der behauptet haͤtte, man koͤnne Roß oder Stier zum dienenden Knecht machen. Genug, mein Vater begann ſein Werk mit unſaͤglicher Muͤhe. Kleine Flußfiſche in Bek¬ ken waren es, womit er den Anfang machte. Die Nachbarn fragten, wozu denn das je nuͤtzen ſolle? Dies mochte mein Vater auch noch nicht recht einſehen, doch machte ihn nichts irre, und nach Jahren konnte er doch einen Hecht, einen Aal zeigen, welche auf ſeinen Wink allerlei kleine Kuͤnſte vollzogen. Der Neuheit wegen lief man herzu, ſah es an, zuckte hernach aber die Achſel ob der eiteln Muͤhe. Doch mein Vater fuhr fort. Ein Zitterfiſch, ein Kabliau und ein Hai, ſehr jung eingefangen, kamen an die Reihe. Er fand bei dieſen Thieren groͤßere Gelehrigkeit,
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Geburtsort, hub er an. Schon mein Vater kam
in fruͤher Jugend auf die Vermuthung, es werde
moͤglich ſein, ſich Fiſchen mit ſeinem Willen
verſtaͤndlich zu machen, und ihre geringe Denk¬
kraft, mit der vielumfangenden menſchlichen, in
Beziehung zu ſetzen. Denn, dachte er, geht
dies bei Thieren vom Lande an, wo iſt der
Grund, es werde hier nothwendig mißlingen?
Ohne Zweifel gab es einſt Menſchen, die den
verlacht haben wuͤrden, der behauptet haͤtte,
man koͤnne Roß oder Stier zum dienenden Knecht
machen. Genug, mein Vater begann ſein Werk
mit unſaͤglicher Muͤhe. Kleine Flußfiſche in Bek¬
ken waren es, womit er den Anfang machte.
Die Nachbarn fragten, wozu denn das je nuͤtzen
ſolle? Dies mochte mein Vater auch noch nicht
recht einſehen, doch machte ihn nichts irre, und
nach Jahren konnte er doch einen Hecht, einen
Aal zeigen, welche auf ſeinen Wink allerlei kleine
Kuͤnſte vollzogen. Der Neuheit wegen lief man
herzu, ſah es an, zuckte hernach aber die Achſel
ob der eiteln Muͤhe. Doch mein Vater fuhr
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Er fand bei dieſen Thieren groͤßere Gelehrigkeit,
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/308>, abgerufen am 22.11.2024.
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