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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Gefühle erst in Worte zu kleiden vermogten,
sagte er Ini, wie auch ihre Schönheit, ob er
sie schon auf den Gipfeln der Vollendung
geträumt hätte, unendlich erhöht sei.

Sie ward verlegen, lächelte und holte eine
zweite Malerei, welche auch ihre Gestalt in
einem Ideale bildete. Guido wollte die neue
Versündigung gegen ihre dermaligen Reize
schelten, doch Staunen und Bewunderung schlos¬
sen seinen Mund. --

Von der Zeit an sahen sich die Liebenden
öfter. Viel inniger noch wurden ihre gegen¬
seitigen Beziehungen und dennoch mehr Ver¬
ständigkeit hineingelegt. Die Rückwirkung war
für jeden Theil segnend.

Gelino, der sorgsame Lehrfreund, hatte schon
im Laufe jenes Jahres manche Veränderungen be¬
merkt, welche Guido in seinem Charakter zeigte.
Der Uebergang war zu plötzlich gewesen. Die
Fortschritte im Guten hatten zu schnell geeilt,
als daß der lebenserfahrne Greis nicht richtig
auf den Grund davon hätte schließen sollen.
Gleichwohl konnte er nichts weiter erspähn, da
Guido in diesem Zeitraume fast seine Wohnung
nicht mied.

Gefuͤhle erſt in Worte zu kleiden vermogten,
ſagte er Ini, wie auch ihre Schoͤnheit, ob er
ſie ſchon auf den Gipfeln der Vollendung
getraͤumt haͤtte, unendlich erhoͤht ſei.

Sie ward verlegen, laͤchelte und holte eine
zweite Malerei, welche auch ihre Geſtalt in
einem Ideale bildete. Guido wollte die neue
Verſuͤndigung gegen ihre dermaligen Reize
ſchelten, doch Staunen und Bewunderung ſchloſ¬
ſen ſeinen Mund. —

Von der Zeit an ſahen ſich die Liebenden
oͤfter. Viel inniger noch wurden ihre gegen¬
ſeitigen Beziehungen und dennoch mehr Ver¬
ſtaͤndigkeit hineingelegt. Die Ruͤckwirkung war
fuͤr jeden Theil ſegnend.

Gelino, der ſorgſame Lehrfreund, hatte ſchon
im Laufe jenes Jahres manche Veraͤnderungen be¬
merkt, welche Guido in ſeinem Charakter zeigte.
Der Uebergang war zu ploͤtzlich geweſen. Die
Fortſchritte im Guten hatten zu ſchnell geeilt,
als daß der lebenserfahrne Greis nicht richtig
auf den Grund davon haͤtte ſchließen ſollen.
Gleichwohl konnte er nichts weiter erſpaͤhn, da
Guido in dieſem Zeitraume faſt ſeine Wohnung
nicht mied.

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[20/0032] Gefuͤhle erſt in Worte zu kleiden vermogten, ſagte er Ini, wie auch ihre Schoͤnheit, ob er ſie ſchon auf den Gipfeln der Vollendung getraͤumt haͤtte, unendlich erhoͤht ſei. Sie ward verlegen, laͤchelte und holte eine zweite Malerei, welche auch ihre Geſtalt in einem Ideale bildete. Guido wollte die neue Verſuͤndigung gegen ihre dermaligen Reize ſchelten, doch Staunen und Bewunderung ſchloſ¬ ſen ſeinen Mund. — Von der Zeit an ſahen ſich die Liebenden oͤfter. Viel inniger noch wurden ihre gegen¬ ſeitigen Beziehungen und dennoch mehr Ver¬ ſtaͤndigkeit hineingelegt. Die Ruͤckwirkung war fuͤr jeden Theil ſegnend. Gelino, der ſorgſame Lehrfreund, hatte ſchon im Laufe jenes Jahres manche Veraͤnderungen be¬ merkt, welche Guido in ſeinem Charakter zeigte. Der Uebergang war zu ploͤtzlich geweſen. Die Fortſchritte im Guten hatten zu ſchnell geeilt, als daß der lebenserfahrne Greis nicht richtig auf den Grund davon haͤtte ſchließen ſollen. Gleichwohl konnte er nichts weiter erſpaͤhn, da Guido in dieſem Zeitraume faſt ſeine Wohnung nicht mied.

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/32>, abgerufen am 29.03.2024.