in ihren Werken offenbarten, üben den Kultus der schönen Heroin Maria, Chöre von un¬ sträflichen Jungfrauen im Gefolge.
So geben wir dem Irrdischen höheren Adel, indem es mit den Ahnungsträumen göttlicher Natur verwandter gemacht wird.
Diese Religion, anfänglich mit vielem Wider¬ spruch der lebenden Generation bekämpft, wurde bei den folgenden allgemein, und gab den Kün¬ sten reiche Vorwürfe. Man sah den Heros des Rechtes und der Waffen, vielfach gestalten. Die Idee desselben ward von dem strebenden Kunst¬ sinn immer herrlicher empfangen, und jene Kraft¬ summe, lange in dem Standbilde des Herkules der Farnese bewundert, blieb bald gegen den vollendeteren, zugleich geistvoller ausgeprägten Moses einer geistvolleren Zeit, zurück. Neben einer Anmuth und einem Einklang der Ver¬ hältnisse, wie sie viele Jahrhunderte an jenem Apollon rühmten, hatte die reifere Kunst den Christusdarstellungen eine unbeschreibliche Hoheit und Milde, über das göttliche Antlitz gegossen, so daß nicht nur der unterrichtete Kennersinn, sondern jeder im Volke, von dem Gesammtaus¬ druck auf das Innigste ergriffen, gerührt wurde,
in ihren Werken offenbarten, uͤben den Kultus der ſchoͤnen Heroin Maria, Choͤre von un¬ ſtraͤflichen Jungfrauen im Gefolge.
So geben wir dem Irrdiſchen hoͤheren Adel, indem es mit den Ahnungstraͤumen goͤttlicher Natur verwandter gemacht wird.
Dieſe Religion, anfaͤnglich mit vielem Wider¬ ſpruch der lebenden Generation bekaͤmpft, wurde bei den folgenden allgemein, und gab den Kuͤn¬ ſten reiche Vorwuͤrfe. Man ſah den Heros des Rechtes und der Waffen, vielfach geſtalten. Die Idee deſſelben ward von dem ſtrebenden Kunſt¬ ſinn immer herrlicher empfangen, und jene Kraft¬ ſumme, lange in dem Standbilde des Herkules der Farneſe bewundert, blieb bald gegen den vollendeteren, zugleich geiſtvoller ausgepraͤgten Moſes einer geiſtvolleren Zeit, zuruͤck. Neben einer Anmuth und einem Einklang der Ver¬ haͤltniſſe, wie ſie viele Jahrhunderte an jenem Apollon ruͤhmten, hatte die reifere Kunſt den Chriſtusdarſtellungen eine unbeſchreibliche Hoheit und Milde, uͤber das goͤttliche Antlitz gegoſſen, ſo daß nicht nur der unterrichtete Kennerſinn, ſondern jeder im Volke, von dem Geſammtaus¬ druck auf das Innigſte ergriffen, geruͤhrt wurde,
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in ihren Werken offenbarten, uͤben den Kultus
der ſchoͤnen Heroin Maria, Choͤre von un¬
ſtraͤflichen Jungfrauen im Gefolge.
So geben wir dem Irrdiſchen hoͤheren Adel,
indem es mit den Ahnungstraͤumen goͤttlicher
Natur verwandter gemacht wird.
Dieſe Religion, anfaͤnglich mit vielem Wider¬
ſpruch der lebenden Generation bekaͤmpft, wurde
bei den folgenden allgemein, und gab den Kuͤn¬
ſten reiche Vorwuͤrfe. Man ſah den Heros des
Rechtes und der Waffen, vielfach geſtalten. Die
Idee deſſelben ward von dem ſtrebenden Kunſt¬
ſinn immer herrlicher empfangen, und jene Kraft¬
ſumme, lange in dem Standbilde des Herkules
der Farneſe bewundert, blieb bald gegen den
vollendeteren, zugleich geiſtvoller ausgepraͤgten
Moſes einer geiſtvolleren Zeit, zuruͤck. Neben
einer Anmuth und einem Einklang der Ver¬
haͤltniſſe, wie ſie viele Jahrhunderte an jenem
Apollon ruͤhmten, hatte die reifere Kunſt den
Chriſtusdarſtellungen eine unbeſchreibliche Hoheit
und Milde, uͤber das goͤttliche Antlitz gegoſſen,
ſo daß nicht nur der unterrichtete Kennerſinn,
ſondern jeder im Volke, von dem Geſammtaus¬
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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/72>, abgerufen am 09.11.2024.
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