Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795.ZWEITE IDYLLE Grünaus Dächer beschien, den spizigenThurm, und das Pfarrhaus. Langsam karrt' indessen der unbarmher- zige Schwager 160 Durch den Kies; denn ein wenig zu stark aus dem Glase vernüchtert, Nickt' er beständig das Haupt; und zu- lezt noch tränkt' er die Pferde. Auch der sinnige Schäfer, der dort die ge- hürdeten Schafe Weidete, kroch nun erwacht aus dem bretternen Hüttchen auf Rädern; Und wie dem belfernden Fix er nachsah, über die Augen 165 Deckend die Hand; laut rief er, und ja- gete scheltend den Hund weg: "Gott zum Gruss, Herr Walter! Wie gehts? Willkommen in Grünau!" ZWEITE IDYLLE Grünaus Dächer beſchien, den ſpizigenThurm, und das Pfarrhaus. Langſam karrt’ indeſſen der unbarmher- zige Schwager 160 Durch den Kies; denn ein wenig zu ſtark aus dem Glaſe vernüchtert, Nickt’ er beſtändig das Haupt; und zu- lezt noch tränkt’ er die Pferde. Auch der ſinnige Schäfer, der dort die ge- hürdeten Schafe Weidete, kroch nun erwacht aus dem bretternen Hüttchen auf Rädern; Und wie dem belfernden Fix er nachſah, über die Augen 165 Deckend die Hand; laut rief er, und ja- gete ſcheltend den Hund weg: „Gott zum Gruſs, Herr Walter! Wie gehts? Willkommen in Grünau!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0107" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">ZWEITE IDYLLE</hi></fw><lb/> Grünaus Dächer beſchien, den ſpizigen<lb/> Thurm, und das Pfarrhaus.<lb/> Langſam karrt’ indeſſen der unbarmher-<lb/> zige Schwager <lb n="160"/> Durch den Kies; denn ein wenig zu ſtark<lb/> aus dem Glaſe vernüchtert,<lb/> Nickt’ er beſtändig das Haupt; und zu-<lb/> lezt noch tränkt’ er die Pferde.<lb/> Auch der ſinnige Schäfer, der dort die ge-<lb/> hürdeten Schafe<lb/> Weidete, kroch nun erwacht aus dem<lb/> bretternen Hüttchen auf Rädern;<lb/> Und wie dem belfernden Fix er nachſah,<lb/> über die Augen <lb n="165"/> Deckend die Hand; laut rief er, und ja-<lb/> gete ſcheltend den Hund weg:<lb/> „Gott zum Gruſs, Herr Walter! Wie gehts?<lb/> Willkommen in Grünau!“<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0107]
ZWEITE IDYLLE
Grünaus Dächer beſchien, den ſpizigen
Thurm, und das Pfarrhaus.
Langſam karrt’ indeſſen der unbarmher-
zige Schwager 160
Durch den Kies; denn ein wenig zu ſtark
aus dem Glaſe vernüchtert,
Nickt’ er beſtändig das Haupt; und zu-
lezt noch tränkt’ er die Pferde.
Auch der ſinnige Schäfer, der dort die ge-
hürdeten Schafe
Weidete, kroch nun erwacht aus dem
bretternen Hüttchen auf Rädern;
Und wie dem belfernden Fix er nachſah,
über die Augen 165
Deckend die Hand; laut rief er, und ja-
gete ſcheltend den Hund weg:
„Gott zum Gruſs, Herr Walter! Wie gehts?
Willkommen in Grünau!“
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Zitationshilfe: | Voß, Johann Heinrich: Luise. Ein ländliches Gedicht in 3 Idyllen. Königsberg, 1795, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_luise_1795/107>, abgerufen am 16.02.2025. |