Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Neunter Gesang. Lagen wir mutlos dort, von Arbeit und Kummer entkräftet.75Aber da nun die dritte der Morgenröthen emporstieg, Richteten wir die Masten, und spannten die schimmernden Segel, Sezten uns hin, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken. Jezo hofften wir sicher den Tag der fröhlichen Heimkehr. Aber als wir die Schiff' um Maleia lenkten, da warf uns80 Plözlich die Flut und der Strom und der Nordwind fern von Küthära. V. 81. Und neun Tage trieb ich, von wütenden Stürmen geschleudert, Ueber das fischdurchwimmelte Meer; am zehnten gelangt' ich Hin zu den Lotofagen, die blühende Speise genießen.V. 84. Alda stiegen wir an das Gestad', und schöpften uns Waßer.85 V. 81. Küthära, Cerigo. V. 84. Die Lotofagen oder Lotoseßer wohnten auf der Insel Mäninx, die
jezo Gerbi oder Zerbi heißt, in der Gegend der kleinern Syrte. Neunter Geſang. Lagen wir mutlos dort, von Arbeit und Kummer entkraͤftet.75Aber da nun die dritte der Morgenroͤthen emporſtieg, Richteten wir die Maſten, und ſpannten die ſchimmernden Segel, Sezten uns hin, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken. Jezo hofften wir ſicher den Tag der froͤhlichen Heimkehr. Aber als wir die Schiff' um Maleia lenkten, da warf uns80 Ploͤzlich die Flut und der Strom und der Nordwind fern von Kuͤthaͤra. V. 81. Und neun Tage trieb ich, von wuͤtenden Stuͤrmen geſchleudert, Ueber das fiſchdurchwimmelte Meer; am zehnten gelangt' ich Hin zu den Lotofagen, die bluͤhende Speiſe genießen.V. 84. Alda ſtiegen wir an das Geſtad', und ſchoͤpften uns Waßer.85 V. 81. Kuͤthaͤra, Cerigo. V. 84. Die Lotofagen oder Lotoseßer wohnten auf der Inſel Maͤninx, die
jezo Gerbi oder Zerbi heißt, in der Gegend der kleinern Syrte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0171" n="165"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neunter Geſang.</hi></fw><lb/> Lagen wir mutlos dort, von Arbeit und Kummer entkraͤftet.<note place="right">75</note><lb/> Aber da nun die dritte der Morgenroͤthen emporſtieg,<lb/> Richteten wir die Maſten, und ſpannten die ſchimmernden Segel,<lb/> Sezten uns hin, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken.<lb/> Jezo hofften wir ſicher den Tag der froͤhlichen Heimkehr.<lb/> Aber als wir die Schiff' um Maleia lenkten, da warf uns<note place="right">80</note><lb/> Ploͤzlich die Flut und der Strom und der Nordwind fern von Kuͤthaͤra. <note place="foot" n="V. 81.">Kuͤthaͤra, Cerigo.</note><lb/> Und neun Tage trieb ich, von wuͤtenden Stuͤrmen geſchleudert,<lb/> Ueber das fiſchdurchwimmelte Meer; am zehnten gelangt' ich<lb/> Hin zu den Lotofagen, die bluͤhende Speiſe genießen.<note place="foot" n="V. 84.">Die Lotofagen oder Lotoseßer wohnten auf der Inſel Maͤninx, die<lb/> jezo Gerbi oder Zerbi heißt, in der Gegend der kleinern Syrte.</note> </p><lb/> <p>Alda ſtiegen wir an das Geſtad', und ſchoͤpften uns Waßer.<note place="right">85</note><lb/> Eilend nahmen die Freunde das Mahl bei den ruͤſtigen Schiffen.<lb/> Und nachdem wir uns alle mit Trank und Speiſe geſaͤttigt,<lb/> Sandt' ich einige Maͤnner voran, das Land zu erkunden,<lb/> Was vor Sterbliche dort die Frucht des Halmes genoͤßen:<lb/> Zween erleſene Freund'; ein Herold war ihr Begleiter.<note place="right">90</note><lb/> Und ſie erreichten bald der Lotofagen Verſammlung.<lb/> Aber die Lotofagen beleidigten nicht im geringſten<lb/> Unſere Freunde; ſie gaben den Fremdlingen Lotos zu koſten.<lb/> Wer nun die Honigſuͤße der Lotosfruͤchte gekoſtet,<lb/> Dieſer dachte nicht mehr an Kundſchaft oder an Heimkehr;<note place="right">95</note><lb/> Sondern ſie wollten ſtets in der Lotofagen Geſellſchaft<lb/> Bleiben, und Lotos pfluͤcken, und ihrer Heimat entſagen.<lb/> Aber ich zog mit Gewalt die Weinenden wieder ans Ufer,<lb/> Warf ſie unter die Baͤnke der Schiff', und band ſie mit Seilen.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [165/0171]
Neunter Geſang.
Lagen wir mutlos dort, von Arbeit und Kummer entkraͤftet.
Aber da nun die dritte der Morgenroͤthen emporſtieg,
Richteten wir die Maſten, und ſpannten die ſchimmernden Segel,
Sezten uns hin, und ließen vom Wind' und Steuer uns lenken.
Jezo hofften wir ſicher den Tag der froͤhlichen Heimkehr.
Aber als wir die Schiff' um Maleia lenkten, da warf uns
Ploͤzlich die Flut und der Strom und der Nordwind fern von Kuͤthaͤra. V. 81.
Und neun Tage trieb ich, von wuͤtenden Stuͤrmen geſchleudert,
Ueber das fiſchdurchwimmelte Meer; am zehnten gelangt' ich
Hin zu den Lotofagen, die bluͤhende Speiſe genießen. V. 84.
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Alda ſtiegen wir an das Geſtad', und ſchoͤpften uns Waßer.
Eilend nahmen die Freunde das Mahl bei den ruͤſtigen Schiffen.
Und nachdem wir uns alle mit Trank und Speiſe geſaͤttigt,
Sandt' ich einige Maͤnner voran, das Land zu erkunden,
Was vor Sterbliche dort die Frucht des Halmes genoͤßen:
Zween erleſene Freund'; ein Herold war ihr Begleiter.
Und ſie erreichten bald der Lotofagen Verſammlung.
Aber die Lotofagen beleidigten nicht im geringſten
Unſere Freunde; ſie gaben den Fremdlingen Lotos zu koſten.
Wer nun die Honigſuͤße der Lotosfruͤchte gekoſtet,
Dieſer dachte nicht mehr an Kundſchaft oder an Heimkehr;
Sondern ſie wollten ſtets in der Lotofagen Geſellſchaft
Bleiben, und Lotos pfluͤcken, und ihrer Heimat entſagen.
Aber ich zog mit Gewalt die Weinenden wieder ans Ufer,
Warf ſie unter die Baͤnke der Schiff', und band ſie mit Seilen.
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V. 81. Kuͤthaͤra, Cerigo.
V. 84. Die Lotofagen oder Lotoseßer wohnten auf der Inſel Maͤninx, die
jezo Gerbi oder Zerbi heißt, in der Gegend der kleinern Syrte.
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