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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee.
Welchen auch Kenntniß fehlt von rothgeschnäbelten Schiffen,
Und von geglätteten Rudern, den Fittigen eilender Schiffe. 125
Deutlich will ich sie dir bezeichnen, daß du nicht irrest.
Wenn ein Wanderer einst, der dir in der Fremde begegnet,
Sagt, du tragst eine Schaufel auf deiner rüstigen Schulter;
Siehe dann steck' in die Erde das schöngeglättete Ruder,
Bringe statliche Opfer dem Meerbeherrscher Poseidon, 130
Einen Widder und Stier und einen mutigen Eber.
Und nun kehre zurück, und opfere heilige Gaben
Allen unsterblichen Göttern, des weiten Himmels Bewohnern,
Nach der Reihe herum. Zulezt wird außer dem Meere
Kommen der Tod, und dich, vom hohen behaglichen Alter 135
Aufgelöseten, sanft hinnehmen, wann ringsum die Völker
Froh und glücklich sind. Nun hab' ich dein Schicksal verkündet.

Also sprach er; und ich antwortete wieder, und sagte:
Ja, Teiresias, selbst die Götter beschieden mir solches!
Aber verkündige mir, und sage die lautere Wahrheit. 140
Dort erblick' ich die Seele von meiner gestorbenen Mutter:
Diese sizet still bei dem Blut, und würdigt dem Sohne
Weder ein Wort zu sagen, noch grad' ins Antliz zu schauen.
Wie beginn' ich es, Herscher, daß sie als Sohn mich erkenne?

Also sprach ich; und schnell antwortete jener, und sagte: 145
Leicht ist, was du mich fragst; ich will dirs gerne verkünden.
Wem du jezo erlaubst der abgeschiedenen Todten,
Sich dem Blute zu nahn, der wird dir Wahres erzählen;
Aber wem du es wehrst, der wird stillschweigend zurückgehn.

Also sprach des hohen Teiresias Seele, und eilte 150
Wieder in Aidäs Wohnung, nachdem sie mein Schicksal geweißagt.

Oduͤßee.
Welchen auch Kenntniß fehlt von rothgeſchnaͤbelten Schiffen,
Und von geglaͤtteten Rudern, den Fittigen eilender Schiffe. 125
Deutlich will ich ſie dir bezeichnen, daß du nicht irreſt.
Wenn ein Wanderer einſt, der dir in der Fremde begegnet,
Sagt, du tragſt eine Schaufel auf deiner ruͤſtigen Schulter;
Siehe dann ſteck' in die Erde das ſchoͤngeglaͤttete Ruder,
Bringe ſtatliche Opfer dem Meerbeherrſcher Poſeidon, 130
Einen Widder und Stier und einen mutigen Eber.
Und nun kehre zuruͤck, und opfere heilige Gaben
Allen unſterblichen Goͤttern, des weiten Himmels Bewohnern,
Nach der Reihe herum. Zulezt wird außer dem Meere
Kommen der Tod, und dich, vom hohen behaglichen Alter 135
Aufgeloͤſeten, ſanft hinnehmen, wann ringsum die Voͤlker
Froh und gluͤcklich ſind. Nun hab' ich dein Schickſal verkuͤndet.

Alſo ſprach er; und ich antwortete wieder, und ſagte:
Ja, Teireſias, ſelbſt die Goͤtter beſchieden mir ſolches!
Aber verkuͤndige mir, und ſage die lautere Wahrheit. 140
Dort erblick' ich die Seele von meiner geſtorbenen Mutter:
Dieſe ſizet ſtill bei dem Blut, und wuͤrdigt dem Sohne
Weder ein Wort zu ſagen, noch grad' ins Antliz zu ſchauen.
Wie beginn' ich es, Herſcher, daß ſie als Sohn mich erkenne?

Alſo ſprach ich; und ſchnell antwortete jener, und ſagte: 145
Leicht iſt, was du mich fragſt; ich will dirs gerne verkuͤnden.
Wem du jezo erlaubſt der abgeſchiedenen Todten,
Sich dem Blute zu nahn, der wird dir Wahres erzaͤhlen;
Aber wem du es wehrſt, der wird ſtillſchweigend zuruͤckgehn.

Alſo ſprach des hohen Teireſias Seele, und eilte 150
Wieder in Aïdaͤs Wohnung, nachdem ſie mein Schickſal geweißagt.

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[210/0216] Oduͤßee. Welchen auch Kenntniß fehlt von rothgeſchnaͤbelten Schiffen, Und von geglaͤtteten Rudern, den Fittigen eilender Schiffe. Deutlich will ich ſie dir bezeichnen, daß du nicht irreſt. Wenn ein Wanderer einſt, der dir in der Fremde begegnet, Sagt, du tragſt eine Schaufel auf deiner ruͤſtigen Schulter; Siehe dann ſteck' in die Erde das ſchoͤngeglaͤttete Ruder, Bringe ſtatliche Opfer dem Meerbeherrſcher Poſeidon, Einen Widder und Stier und einen mutigen Eber. Und nun kehre zuruͤck, und opfere heilige Gaben Allen unſterblichen Goͤttern, des weiten Himmels Bewohnern, Nach der Reihe herum. Zulezt wird außer dem Meere Kommen der Tod, und dich, vom hohen behaglichen Alter Aufgeloͤſeten, ſanft hinnehmen, wann ringsum die Voͤlker Froh und gluͤcklich ſind. Nun hab' ich dein Schickſal verkuͤndet. 125 130 135 Alſo ſprach er; und ich antwortete wieder, und ſagte: Ja, Teireſias, ſelbſt die Goͤtter beſchieden mir ſolches! Aber verkuͤndige mir, und ſage die lautere Wahrheit. Dort erblick' ich die Seele von meiner geſtorbenen Mutter: Dieſe ſizet ſtill bei dem Blut, und wuͤrdigt dem Sohne Weder ein Wort zu ſagen, noch grad' ins Antliz zu ſchauen. Wie beginn' ich es, Herſcher, daß ſie als Sohn mich erkenne? 140 Alſo ſprach ich; und ſchnell antwortete jener, und ſagte: Leicht iſt, was du mich fragſt; ich will dirs gerne verkuͤnden. Wem du jezo erlaubſt der abgeſchiedenen Todten, Sich dem Blute zu nahn, der wird dir Wahres erzaͤhlen; Aber wem du es wehrſt, der wird ſtillſchweigend zuruͤckgehn. 145 Alſo ſprach des hohen Teireſias Seele, und eilte Wieder in Aïdaͤs Wohnung, nachdem ſie mein Schickſal geweißagt. 150

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/216>, abgerufen am 27.11.2024.