Auch die Seelen der andern gestorbenen Helden zu schauen.
Und ich wandte den Blick auf Minos, den göttlichen, Zeus Sohn! Dieser saß, in der Hand den goldenen Zepter, und theilte Strafe den Todten und Lohn; sie rechteten rings um den König, 570 Sizend und stehend, im weitgeöffneten Hause des Ais.
Und nach diesem erblickt' ich den ungeheuren Orion. Auf der Asfodeloswiese verfolgt' er die drängenden Thiere, Die er im Leben einst auf wüsten Gebirgen getödtet: In den Händen die eherne, nie zerbrechliche Keule. 575
Auch den Titüos sah ich, den Sohn der gepriesenen Erde. Dieser lag auf dem Boden, und maß neun Hufen an Länge; Und zween Geier saßen ihm links und rechts, und zerhackten Unter der Haut ihm die Leber: vergebens scheuchte der Frevler, Weil er Läto entehrt, Zeus heilige Lagergenoßin, 580 Als sie gen Pütho ging, durch Panopeus liebliche Fluren.
Auch den Tantalos sah ich, mit schweren Qualen belastet. Mitten im Teiche stand er, den Kinn von der Welle bespület, Lechzte hinab vor Durst, und konnte zum Trinken nicht kommen. Denn so oft sich der Greis hinbückte, die Zunge zu kühlen; 585 Schwand das versiegende Waßer hinweg, und rings um die Füße Zeigte sich schwarzer Sand, getrocknet vom feindlichen Dämon. Fruchtbare Bäume neigten um seine Scheitel die Zweige, Voll balsamischer Birnen, Granaten und grüner Oliven, Oder voll süßer Feigen und röthlichgesprenkelter Aepfel. 590 Aber so bald sich der Greis aufreckte, der Früchte zu pflücken; Wirbelte plözlich der Sturm sie empor zu den schattigen Wolken.
Auch den Sisüfos sah ich, von schrecklicher Mühe gefoltert, Einen schweren Marmor mit großer Gewalt fortheben.
Oduͤßee.
Auch die Seelen der andern geſtorbenen Helden zu ſchauen.
Und ich wandte den Blick auf Minos, den goͤttlichen, Zeus Sohn! Dieſer ſaß, in der Hand den goldenen Zepter, und theilte Strafe den Todten und Lohn; ſie rechteten rings um den Koͤnig, 570 Sizend und ſtehend, im weitgeoͤffneten Hauſe des Aïs.
Und nach dieſem erblickt' ich den ungeheuren Orion. Auf der Asfodeloswieſe verfolgt' er die draͤngenden Thiere, Die er im Leben einſt auf wuͤſten Gebirgen getoͤdtet: In den Haͤnden die eherne, nie zerbrechliche Keule. 575
Auch den Tituͤos ſah ich, den Sohn der geprieſenen Erde. Dieſer lag auf dem Boden, und maß neun Hufen an Laͤnge; Und zween Geier ſaßen ihm links und rechts, und zerhackten Unter der Haut ihm die Leber: vergebens ſcheuchte der Frevler, Weil er Laͤto entehrt, Zeus heilige Lagergenoßin, 580 Als ſie gen Puͤtho ging, durch Panopeus liebliche Fluren.
Auch den Tantalos ſah ich, mit ſchweren Qualen belaſtet. Mitten im Teiche ſtand er, den Kinn von der Welle beſpuͤlet, Lechzte hinab vor Durſt, und konnte zum Trinken nicht kommen. Denn ſo oft ſich der Greis hinbuͤckte, die Zunge zu kuͤhlen; 585 Schwand das verſiegende Waßer hinweg, und rings um die Fuͤße Zeigte ſich ſchwarzer Sand, getrocknet vom feindlichen Daͤmon. Fruchtbare Baͤume neigten um ſeine Scheitel die Zweige, Voll balſamiſcher Birnen, Granaten und gruͤner Oliven, Oder voll ſuͤßer Feigen und roͤthlichgeſprenkelter Aepfel. 590 Aber ſo bald ſich der Greis aufreckte, der Fruͤchte zu pfluͤcken; Wirbelte ploͤzlich der Sturm ſie empor zu den ſchattigen Wolken.
Auch den Siſuͤfos ſah ich, von ſchrecklicher Muͤhe gefoltert, Einen ſchweren Marmor mit großer Gewalt fortheben.
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Oduͤßee.
Auch die Seelen der andern geſtorbenen Helden zu ſchauen.
Und ich wandte den Blick auf Minos, den goͤttlichen, Zeus Sohn!
Dieſer ſaß, in der Hand den goldenen Zepter, und theilte
Strafe den Todten und Lohn; ſie rechteten rings um den Koͤnig,
Sizend und ſtehend, im weitgeoͤffneten Hauſe des Aïs.
570
Und nach dieſem erblickt' ich den ungeheuren Orion.
Auf der Asfodeloswieſe verfolgt' er die draͤngenden Thiere,
Die er im Leben einſt auf wuͤſten Gebirgen getoͤdtet:
In den Haͤnden die eherne, nie zerbrechliche Keule.
575
Auch den Tituͤos ſah ich, den Sohn der geprieſenen Erde.
Dieſer lag auf dem Boden, und maß neun Hufen an Laͤnge;
Und zween Geier ſaßen ihm links und rechts, und zerhackten
Unter der Haut ihm die Leber: vergebens ſcheuchte der Frevler,
Weil er Laͤto entehrt, Zeus heilige Lagergenoßin,
Als ſie gen Puͤtho ging, durch Panopeus liebliche Fluren.
580
Auch den Tantalos ſah ich, mit ſchweren Qualen belaſtet.
Mitten im Teiche ſtand er, den Kinn von der Welle beſpuͤlet,
Lechzte hinab vor Durſt, und konnte zum Trinken nicht kommen.
Denn ſo oft ſich der Greis hinbuͤckte, die Zunge zu kuͤhlen;
Schwand das verſiegende Waßer hinweg, und rings um die Fuͤße
Zeigte ſich ſchwarzer Sand, getrocknet vom feindlichen Daͤmon.
Fruchtbare Baͤume neigten um ſeine Scheitel die Zweige,
Voll balſamiſcher Birnen, Granaten und gruͤner Oliven,
Oder voll ſuͤßer Feigen und roͤthlichgeſprenkelter Aepfel.
Aber ſo bald ſich der Greis aufreckte, der Fruͤchte zu pfluͤcken;
Wirbelte ploͤzlich der Sturm ſie empor zu den ſchattigen Wolken.
585
590
Auch den Siſuͤfos ſah ich, von ſchrecklicher Muͤhe gefoltert,
Einen ſchweren Marmor mit großer Gewalt fortheben.
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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/232>, abgerufen am 27.11.2024.
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