Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Siebzehnter Gesang. Doch in jener Gestalt, wie er einst in der fruchtbaren LesbosSich mit Filomäleidäs zum Wetteringen emporhub, Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier sich freuten; 135 Wenn doch in jener Gestalt Odüßeus den Freiern erschiene! Bald wär' ihr Leben gekürzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber warum du mich fragst und bittest, das will ich geradaus, Ohn' Umschweife, dir sagen, und nicht durch Lügen dich teuschen; Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweißagt, 140 Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen. Jener hatt' auf der Insel den jammernden Helden gesehen, In dem Hause der Nümfe Kalüpso, die mit Gewalt ihn Hält; und er sehnt sich umsonst nach seiner heimischen Insel: Denn es gebricht ihm dort an Ruderschiffen und Männern, 145 Ueber den weiten Rücken des Meeres ihn zu geleiten. Also verkündigte mir Menelaos der lanzenberühmte. Also sprach er; ihn hörte mit inniger Rührung die Mutter. 150 Du ehrwürdiges Weib des Laertiaden Odüßeus, Siebzehnter Geſang. Doch in jener Geſtalt, wie er einſt in der fruchtbaren LesbosSich mit Filomaͤleidaͤs zum Wetteringen emporhub, Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier ſich freuten; 135 Wenn doch in jener Geſtalt Oduͤßeus den Freiern erſchiene! Bald waͤr' ihr Leben gekuͤrzt, und ihnen die Heirat verbittert! Aber warum du mich fragſt und bitteſt, das will ich geradaus, Ohn' Umſchweife, dir ſagen, und nicht durch Luͤgen dich teuſchen; Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweißagt, 140 Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen. Jener hatt' auf der Inſel den jammernden Helden geſehen, In dem Hauſe der Nuͤmfe Kaluͤpſo, die mit Gewalt ihn Haͤlt; und er ſehnt ſich umſonſt nach ſeiner heimiſchen Inſel: Denn es gebricht ihm dort an Ruderſchiffen und Maͤnnern, 145 Ueber den weiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten. Alſo verkuͤndigte mir Menelaos der lanzenberuͤhmte. Alſo ſprach er; ihn hoͤrte mit inniger Ruͤhrung die Mutter. 150 Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0333" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebzehnter Geſang.</hi></fw><lb/> Doch in jener Geſtalt, wie er einſt in der fruchtbaren Lesbos<lb/> Sich mit Filomaͤleidaͤs zum Wetteringen emporhub,<lb/> Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier ſich freuten; <note place="right">135</note><lb/> Wenn doch in jener Geſtalt Oduͤßeus den Freiern erſchiene!<lb/> Bald waͤr' ihr Leben gekuͤrzt, und ihnen die Heirat verbittert!<lb/> Aber warum du mich fragſt und bitteſt, das will ich geradaus,<lb/> Ohn' Umſchweife, dir ſagen, und nicht durch Luͤgen dich teuſchen;<lb/> Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweißagt, <note place="right">140</note><lb/> Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen.<lb/> Jener hatt' auf der Inſel den jammernden Helden geſehen,<lb/> In dem Hauſe der Nuͤmfe Kaluͤpſo, die mit Gewalt ihn<lb/> Haͤlt; und er ſehnt ſich umſonſt nach ſeiner heimiſchen Inſel:<lb/> Denn es gebricht ihm dort an Ruderſchiffen und Maͤnnern, <note place="right">145</note><lb/> Ueber den weiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten.</p><lb/> <p>Alſo verkuͤndigte mir Menelaos der lanzenberuͤhmte.<lb/> Als ich dieſes vollendet, da kehrt' ich von dannen: die Goͤtter<lb/> Sandten mir guͤnſtigen Wind, und fuͤhrten mich bald zu der Heimat.</p><lb/> <p>Alſo ſprach er; ihn hoͤrte mit inniger Ruͤhrung die Mutter. <note place="right">150</note><lb/> Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos redete jezo.</p><lb/> <p>Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus,<lb/> Jener wußte nicht alles; vernim, was ich dir verkuͤnde:<lb/> Denn ich will dir genau weißagen, und nichts dir verhehlen.<lb/> Zeus von den Goͤttern bezeug' es, und dieſe gaſtliche Tafel, <note place="right">155</note><lb/> Und Oduͤßeus heiliger Heerd, zu welchem ich fliehe:<lb/> Daß Oduͤßeus ſchon im Vaterlande verborgen<lb/> Sizet, oder geheim umherſchleicht, dieſe Verwuͤſtung<lb/> Unterſucht, und den Freiern ein ſchreckliches Ende bereitet.<lb/> Dieſes erſah ich, ſizend im ſchoͤngebordeten Schiffe, <note place="right">160</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [327/0333]
Siebzehnter Geſang.
Doch in jener Geſtalt, wie er einſt in der fruchtbaren Lesbos
Sich mit Filomaͤleidaͤs zum Wetteringen emporhub,
Und auf den Boden ihn warf, daß alle Achaier ſich freuten;
Wenn doch in jener Geſtalt Oduͤßeus den Freiern erſchiene!
Bald waͤr' ihr Leben gekuͤrzt, und ihnen die Heirat verbittert!
Aber warum du mich fragſt und bitteſt, das will ich geradaus,
Ohn' Umſchweife, dir ſagen, und nicht durch Luͤgen dich teuſchen;
Sondern was mir der wahrhafte Greis des Meeres geweißagt,
Davon will ich kein Wort dir bergen oder verhehlen.
Jener hatt' auf der Inſel den jammernden Helden geſehen,
In dem Hauſe der Nuͤmfe Kaluͤpſo, die mit Gewalt ihn
Haͤlt; und er ſehnt ſich umſonſt nach ſeiner heimiſchen Inſel:
Denn es gebricht ihm dort an Ruderſchiffen und Maͤnnern,
Ueber den weiten Ruͤcken des Meeres ihn zu geleiten.
135
140
145
Alſo verkuͤndigte mir Menelaos der lanzenberuͤhmte.
Als ich dieſes vollendet, da kehrt' ich von dannen: die Goͤtter
Sandten mir guͤnſtigen Wind, und fuͤhrten mich bald zu der Heimat.
Alſo ſprach er; ihn hoͤrte mit inniger Ruͤhrung die Mutter.
Und der goͤttliche Mann Theokluͤmenos redete jezo.
150
Du ehrwuͤrdiges Weib des Laertiaden Oduͤßeus,
Jener wußte nicht alles; vernim, was ich dir verkuͤnde:
Denn ich will dir genau weißagen, und nichts dir verhehlen.
Zeus von den Goͤttern bezeug' es, und dieſe gaſtliche Tafel,
Und Oduͤßeus heiliger Heerd, zu welchem ich fliehe:
Daß Oduͤßeus ſchon im Vaterlande verborgen
Sizet, oder geheim umherſchleicht, dieſe Verwuͤſtung
Unterſucht, und den Freiern ein ſchreckliches Ende bereitet.
Dieſes erſah ich, ſizend im ſchoͤngebordeten Schiffe,
155
160
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |