Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.Odüßee. Und versendete Wachen umher auf die Höhen des Landes. 430Aber sie wurden vom Troz und Uebermute verleitet, Daß sie ohne Verzug der Aigüpter schöne Gefilde Plünderten, ihre Weiber gefangen führten, die Männer Und unmündigen Kinder ermordeten. Und ihr Geschrei kam Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen sich röthete, zogen 435 Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blizenden Erze Stralte das ganze Gefilde. Der Donuerer Zeus Kronion Sendete meinen Gefährten die schändliche Flucht, und es wagte Keiner dem Feinde zu stehn; denn ringsum drohte Verderben. Viele tödteten sie mit ehernen Lanzen, und viele 440 Schleppten sie lebend hinweg zu harter sklavischer Arbeit. Aber nach Küpros schenkten sie mich dem begegnenden Fremdling Dmätor, Jasos Sohne, dem mächtigen Herscher in Küpros. Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen. Und Antinoos rief, und gab ihm dieses zur Antwort: 445 Weichend erwiederte drauf der erfindungsreiche Odüßeus: Oduͤßee. Und verſendete Wachen umher auf die Hoͤhen des Landes. 430Aber ſie wurden vom Troz und Uebermute verleitet, Daß ſie ohne Verzug der Aiguͤpter ſchoͤne Gefilde Pluͤnderten, ihre Weiber gefangen fuͤhrten, die Maͤnner Und unmuͤndigen Kinder ermordeten. Und ihr Geſchrei kam Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen ſich roͤthete, zogen 435 Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blizenden Erze Stralte das ganze Gefilde. Der Donuerer Zeus Kronion Sendete meinen Gefaͤhrten die ſchaͤndliche Flucht, und es wagte Keiner dem Feinde zu ſtehn; denn ringsum drohte Verderben. Viele toͤdteten ſie mit ehernen Lanzen, und viele 440 Schleppten ſie lebend hinweg zu harter ſklaviſcher Arbeit. Aber nach Kuͤpros ſchenkten ſie mich dem begegnenden Fremdling Dmaͤtor, Jaſos Sohne, dem maͤchtigen Herſcher in Kuͤpros. Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen. Und Antinoos rief, und gab ihm dieſes zur Antwort: 445 Weichend erwiederte drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0344" n="338"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Oduͤßee.</hi></fw><lb/> Und verſendete Wachen umher auf die Hoͤhen des Landes. <note place="right">430</note><lb/> Aber ſie wurden vom Troz und Uebermute verleitet,<lb/> Daß ſie ohne Verzug der Aiguͤpter ſchoͤne Gefilde<lb/> Pluͤnderten, ihre Weiber gefangen fuͤhrten, die Maͤnner<lb/> Und unmuͤndigen Kinder ermordeten. Und ihr Geſchrei kam<lb/> Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen ſich roͤthete, zogen <note place="right">435</note><lb/> Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blizenden Erze<lb/> Stralte das ganze Gefilde. Der Donuerer Zeus Kronion<lb/> Sendete meinen Gefaͤhrten die ſchaͤndliche Flucht, und es wagte<lb/> Keiner dem Feinde zu ſtehn; denn ringsum drohte Verderben.<lb/> Viele toͤdteten ſie mit ehernen Lanzen, und viele <note place="right">440</note><lb/> Schleppten ſie lebend hinweg zu harter ſklaviſcher Arbeit.<lb/> Aber nach Kuͤpros ſchenkten ſie mich dem begegnenden Fremdling<lb/> Dmaͤtor, Jaſos Sohne, dem maͤchtigen Herſcher in Kuͤpros.<lb/> Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen.</p><lb/> <p>Und Antinoos rief, und gab ihm dieſes zur Antwort: <note place="right">445</note><lb/> Welch ein Himmliſcher ſtraft uns mit dieſer Plage des Gaſtmahls?<lb/> Stelle dich dort in die Mitte, und hebe dich weg von der Tafel,<lb/> Daß du mir nicht ein herbes Aiguͤptos und Kuͤpros erblickeſt!<lb/> Ha du biſt mir der frechſte, der unverſchaͤmteſte Bettler!<lb/> Gehſt nach der Reihe bei allen umher; und ohne Bedenken <note place="right">450</note><lb/> Geben ſie dir! Wozu auch ſo ſparſam, oder ſo aͤngſtlich,<lb/> Fremdes Gut zu verſchenken, wo man ſo reichlich verſorgt iſt!</p><lb/> <p>Weichend erwiederte drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus:<lb/> Goͤtter, wie wenig gleichen dein Herz und deine Geſtalt ſich!<lb/> Von dem Deinigen ſchenkſt du dem Darbenden ſchwerlich ein Salzkorn, <note place="right">455</note><lb/> Da du an fremdem Tiſche dich nicht erbarmeſt, ein wenig<lb/> Mir von der Speiſe zu geben, womit du ſo reichlich verſorgt biſt!</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [338/0344]
Oduͤßee.
Und verſendete Wachen umher auf die Hoͤhen des Landes.
Aber ſie wurden vom Troz und Uebermute verleitet,
Daß ſie ohne Verzug der Aiguͤpter ſchoͤne Gefilde
Pluͤnderten, ihre Weiber gefangen fuͤhrten, die Maͤnner
Und unmuͤndigen Kinder ermordeten. Und ihr Geſchrei kam
Schnell in die Stadt. Sobald der Morgen ſich roͤthete, zogen
Streiter zu Roß und zu Fuße daher, und vom blizenden Erze
Stralte das ganze Gefilde. Der Donuerer Zeus Kronion
Sendete meinen Gefaͤhrten die ſchaͤndliche Flucht, und es wagte
Keiner dem Feinde zu ſtehn; denn ringsum drohte Verderben.
Viele toͤdteten ſie mit ehernen Lanzen, und viele
Schleppten ſie lebend hinweg zu harter ſklaviſcher Arbeit.
Aber nach Kuͤpros ſchenkten ſie mich dem begegnenden Fremdling
Dmaͤtor, Jaſos Sohne, dem maͤchtigen Herſcher in Kuͤpros.
Und von dannen komm' ich nun hier, mit Kummer beladen.
430
435
440
Und Antinoos rief, und gab ihm dieſes zur Antwort:
Welch ein Himmliſcher ſtraft uns mit dieſer Plage des Gaſtmahls?
Stelle dich dort in die Mitte, und hebe dich weg von der Tafel,
Daß du mir nicht ein herbes Aiguͤptos und Kuͤpros erblickeſt!
Ha du biſt mir der frechſte, der unverſchaͤmteſte Bettler!
Gehſt nach der Reihe bei allen umher; und ohne Bedenken
Geben ſie dir! Wozu auch ſo ſparſam, oder ſo aͤngſtlich,
Fremdes Gut zu verſchenken, wo man ſo reichlich verſorgt iſt!
445
450
Weichend erwiederte drauf der erfindungsreiche Oduͤßeus:
Goͤtter, wie wenig gleichen dein Herz und deine Geſtalt ſich!
Von dem Deinigen ſchenkſt du dem Darbenden ſchwerlich ein Salzkorn,
Da du an fremdem Tiſche dich nicht erbarmeſt, ein wenig
Mir von der Speiſe zu geben, womit du ſo reichlich verſorgt biſt!
455
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |