Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

gestaunt, mein lieber Sohn, als wären es
Wunderwerke, vom Himmel auf die Erde
heruntergefallen. Aber bedenke, daß dies
Alles Werk von Menschenhänden ist, -- daß
manche Künstler schon in Deinen Jahren ganz
vortreffliche Sachen zu Stande brachten.
Was meynst Du nun? Solltest Du nicht
Lust empfinden, von den Männern, welche
sich in der Mahlerey hervorgethan haben,
etwas mehreres zu erfahren? Es giebt uns
wunderbare Gedanken ein, wenn wir be¬
trachten, wie ihre Werke in immer gleicher
ewiger Herrlichkeit glänzen; die Schöpfer
dieser Werke aber, im Leben und Sterben,
Menschen wie wir andre gewesen sind, in
denen nur, so lange sie lebten, ein besondres
himmlisches Feuer brannte. Dergleichen Be¬
trachtungen versetzen uns in eine wehmüthige
und träumerische Stimmung, in welcher im¬
mer allerhand gute Ideen uns vorüberzuzie¬
hen pflegen."

geſtaunt, mein lieber Sohn, als wären es
Wunderwerke, vom Himmel auf die Erde
heruntergefallen. Aber bedenke, daß dies
Alles Werk von Menſchenhänden iſt, — daß
manche Künſtler ſchon in Deinen Jahren ganz
vortreffliche Sachen zu Stande brachten.
Was meynſt Du nun? Sollteſt Du nicht
Luſt empfinden, von den Männern, welche
ſich in der Mahlerey hervorgethan haben,
etwas mehreres zu erfahren? Es giebt uns
wunderbare Gedanken ein, wenn wir be¬
trachten, wie ihre Werke in immer gleicher
ewiger Herrlichkeit glänzen; die Schöpfer
dieſer Werke aber, im Leben und Sterben,
Menſchen wie wir andre geweſen ſind, in
denen nur, ſo lange ſie lebten, ein beſondres
himmliſches Feuer brannte. Dergleichen Be¬
trachtungen verſetzen uns in eine wehmüthige
und träumeriſche Stimmung, in welcher im¬
mer allerhand gute Ideen uns vorüberzuzie¬
hen pflegen.«

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0210" n="202"/>
ge&#x017F;taunt, mein lieber Sohn, als wären es<lb/>
Wunderwerke, vom Himmel auf die Erde<lb/>
heruntergefallen. Aber bedenke, daß dies<lb/>
Alles Werk von Men&#x017F;chenhänden i&#x017F;t, &#x2014; daß<lb/>
manche Kün&#x017F;tler &#x017F;chon in Deinen Jahren ganz<lb/>
vortreffliche Sachen zu Stande brachten.<lb/>
Was meyn&#x017F;t Du nun? Sollte&#x017F;t Du nicht<lb/>
Lu&#x017F;t empfinden, von den Männern, welche<lb/>
&#x017F;ich in der Mahlerey hervorgethan haben,<lb/>
etwas mehreres zu erfahren? Es giebt uns<lb/>
wunderbare Gedanken ein, wenn wir be¬<lb/>
trachten, wie ihre Werke in immer gleicher<lb/>
ewiger Herrlichkeit glänzen; die Schöpfer<lb/>
die&#x017F;er Werke aber, im Leben und Sterben,<lb/>
Men&#x017F;chen wie wir andre gewe&#x017F;en &#x017F;ind, in<lb/>
denen nur, &#x017F;o lange &#x017F;ie lebten, ein be&#x017F;ondres<lb/>
himmli&#x017F;ches Feuer brannte. Dergleichen Be¬<lb/>
trachtungen ver&#x017F;etzen uns in eine wehmüthige<lb/>
und träumeri&#x017F;che Stimmung, in welcher im¬<lb/>
mer allerhand gute Ideen uns vorüberzuzie¬<lb/>
hen pflegen.«<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] geſtaunt, mein lieber Sohn, als wären es Wunderwerke, vom Himmel auf die Erde heruntergefallen. Aber bedenke, daß dies Alles Werk von Menſchenhänden iſt, — daß manche Künſtler ſchon in Deinen Jahren ganz vortreffliche Sachen zu Stande brachten. Was meynſt Du nun? Sollteſt Du nicht Luſt empfinden, von den Männern, welche ſich in der Mahlerey hervorgethan haben, etwas mehreres zu erfahren? Es giebt uns wunderbare Gedanken ein, wenn wir be¬ trachten, wie ihre Werke in immer gleicher ewiger Herrlichkeit glänzen; die Schöpfer dieſer Werke aber, im Leben und Sterben, Menſchen wie wir andre geweſen ſind, in denen nur, ſo lange ſie lebten, ein beſondres himmliſches Feuer brannte. Dergleichen Be¬ trachtungen verſetzen uns in eine wehmüthige und träumeriſche Stimmung, in welcher im¬ mer allerhand gute Ideen uns vorüberzuzie¬ hen pflegen.«

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/210
Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/210>, abgerufen am 11.05.2024.