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Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797.

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Aber die Afterweisen, auf welche ich deu¬
tete, wünsche ich zu belehren. Sie verwahr¬
losen die jungen Gemüther ihrer Schüler,
indem sie ihnen so kühn und leichtsinnig ab¬
gesprochene Meynungen über göttliche Dinge
beybringen, als wären es menschliche, und
ihnen dadurch den Wahn einpflanzen, als
stände es in ihrer Macht, dreist zu ergrei¬
fen, was die größesten Meister der Kunst, --
ich darf es frey heraus sagen, -- nur durch
göttliche Eingebung erlangt haben.

Man hat so manche Anekdoten aufgezeich¬
net und immer wieder erzählt, so manche
bedeutende Wahlsprüche von Künstlern auf¬
behalten und immer wiederhohlt; und wie
ist es möglich gewesen, daß man sie so bloß
mit oberflächlicher Bewunderung anhörte, daß
keiner darauf kam, aus diesen sprechenden
Zeichen das Allerheiligste der Kunst, worauf
sie hindeuteten, zu ahnden? und nicht auch

Aber die Afterweiſen, auf welche ich deu¬
tete, wünſche ich zu belehren. Sie verwahr¬
loſen die jungen Gemüther ihrer Schüler,
indem ſie ihnen ſo kühn und leichtſinnig ab¬
geſprochene Meynungen über göttliche Dinge
beybringen, als wären es menſchliche, und
ihnen dadurch den Wahn einpflanzen, als
ſtände es in ihrer Macht, dreiſt zu ergrei¬
fen, was die größeſten Meiſter der Kunſt, —
ich darf es frey heraus ſagen, — nur durch
göttliche Eingebung erlangt haben.

Man hat ſo manche Anekdoten aufgezeich¬
net und immer wieder erzählt, ſo manche
bedeutende Wahlſprüche von Künſtlern auf¬
behalten und immer wiederhohlt; und wie
iſt es möglich geweſen, daß man ſie ſo bloß
mit oberflächlicher Bewunderung anhörte, daß
keiner darauf kam, aus dieſen ſprechenden
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ſie hindeuteten, zu ahnden? und nicht auch

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[14/0022] Aber die Afterweiſen, auf welche ich deu¬ tete, wünſche ich zu belehren. Sie verwahr¬ loſen die jungen Gemüther ihrer Schüler, indem ſie ihnen ſo kühn und leichtſinnig ab¬ geſprochene Meynungen über göttliche Dinge beybringen, als wären es menſchliche, und ihnen dadurch den Wahn einpflanzen, als ſtände es in ihrer Macht, dreiſt zu ergrei¬ fen, was die größeſten Meiſter der Kunſt, — ich darf es frey heraus ſagen, — nur durch göttliche Eingebung erlangt haben. Man hat ſo manche Anekdoten aufgezeich¬ net und immer wieder erzählt, ſo manche bedeutende Wahlſprüche von Künſtlern auf¬ behalten und immer wiederhohlt; und wie iſt es möglich geweſen, daß man ſie ſo bloß mit oberflächlicher Bewunderung anhörte, daß keiner darauf kam, aus dieſen ſprechenden Zeichen das Allerheiligſte der Kunſt, worauf ſie hindeuteten, zu ahnden? und nicht auch

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Zitationshilfe: Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/22>, abgerufen am 28.04.2024.