men. Doch hatte er, nach vielen Beschrei¬ bungen, sich in der Idee von der Manier des Raphaels ein festes Bild gemacht, und sich, besonders auch durch dessen bescheidenen und sehr gefälligen Ton gegen ihn in seinen Briefen, fest überzeugt, daß er selber ihm in den meisten Stücken gleich komme, und es in manchen wohl noch weiter gebracht habe. Seinem hohen Alter war es vorbe¬ halten, mit seinen eigenen Augen ein Bild von Raphael zu sehen.
Ganz unerwartet empfing er einen Brief von ihm, worin jener ihm die Nachricht er¬ theilte, er habe eben ein Altargemählde von der heiligen Cäcilia vollendet, welches für die Kirche des heiligen Johannes zu Bologna bestimmt sey; und dabey schrieb er, er werde das Stück an ihn, als seinen Freund, sen¬ den, und bat, daß er ihm den Gefallen er¬ zeigen möchte, es auf seiner Stelle gehörig
C 2
men. Doch hatte er, nach vielen Beſchrei¬ bungen, ſich in der Idee von der Manier des Raphaels ein feſtes Bild gemacht, und ſich, beſonders auch durch deſſen beſcheidenen und ſehr gefälligen Ton gegen ihn in ſeinen Briefen, feſt überzeugt, daß er ſelber ihm in den meiſten Stücken gleich komme, und es in manchen wohl noch weiter gebracht habe. Seinem hohen Alter war es vorbe¬ halten, mit ſeinen eigenen Augen ein Bild von Raphael zu ſehen.
Ganz unerwartet empfing er einen Brief von ihm, worin jener ihm die Nachricht er¬ theilte, er habe eben ein Altargemählde von der heiligen Cäcilia vollendet, welches für die Kirche des heiligen Johannes zu Bologna beſtimmt ſey; und dabey ſchrieb er, er werde das Stück an ihn, als ſeinen Freund, ſen¬ den, und bat, daß er ihm den Gefallen er¬ zeigen möchte, es auf ſeiner Stelle gehörig
C 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0043"n="35"/>
men. Doch hatte er, nach vielen Beſchrei¬<lb/>
bungen, ſich in der Idee von der Manier<lb/>
des Raphaels ein feſtes Bild gemacht, und<lb/>ſich, beſonders auch durch deſſen beſcheidenen<lb/>
und ſehr gefälligen Ton gegen ihn in ſeinen<lb/>
Briefen, feſt überzeugt, daß er ſelber ihm<lb/>
in den meiſten Stücken gleich komme, und<lb/>
es in manchen wohl noch weiter gebracht<lb/>
habe. Seinem hohen Alter war es vorbe¬<lb/>
halten, mit ſeinen eigenen Augen ein Bild<lb/>
von Raphael zu ſehen.</p><lb/><p>Ganz unerwartet empfing er einen Brief<lb/>
von ihm, worin jener ihm die Nachricht er¬<lb/>
theilte, er habe eben ein Altargemählde von<lb/>
der heiligen Cäcilia vollendet, welches für<lb/>
die Kirche des heiligen Johannes zu Bologna<lb/>
beſtimmt ſey; und dabey ſchrieb er, er werde<lb/>
das Stück an ihn, als ſeinen Freund, ſen¬<lb/>
den, und bat, daß er ihm den Gefallen er¬<lb/>
zeigen möchte, es auf ſeiner Stelle gehörig<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 2<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[35/0043]
men. Doch hatte er, nach vielen Beſchrei¬
bungen, ſich in der Idee von der Manier
des Raphaels ein feſtes Bild gemacht, und
ſich, beſonders auch durch deſſen beſcheidenen
und ſehr gefälligen Ton gegen ihn in ſeinen
Briefen, feſt überzeugt, daß er ſelber ihm
in den meiſten Stücken gleich komme, und
es in manchen wohl noch weiter gebracht
habe. Seinem hohen Alter war es vorbe¬
halten, mit ſeinen eigenen Augen ein Bild
von Raphael zu ſehen.
Ganz unerwartet empfing er einen Brief
von ihm, worin jener ihm die Nachricht er¬
theilte, er habe eben ein Altargemählde von
der heiligen Cäcilia vollendet, welches für
die Kirche des heiligen Johannes zu Bologna
beſtimmt ſey; und dabey ſchrieb er, er werde
das Stück an ihn, als ſeinen Freund, ſen¬
den, und bat, daß er ihm den Gefallen er¬
zeigen möchte, es auf ſeiner Stelle gehörig
C 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Wackenroder, Wilhelm Heinrich; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Berlin, 1797, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wackenroder_herzensergiessungen_1797/43>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.