Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.löst, und erst aus neuentstehenden Bedürfnissen entstehen 10
löſt, und erſt aus neuentſtehenden Bedürfniſſen entſtehen 10
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="217"/> löſt, und erſt aus neuentſtehenden Bedürfniſſen entſtehen<lb/> auch wieder neue Vereinigungen Derjenigen, denen wie¬<lb/> derum dieſe neuen Bedürfniſſe gemeinſam ſind. Unſere mo¬<lb/> dernen <hi rendition="#g">Staaten</hi> ſind in ſofern die unnatürlichſten Vereini¬<lb/> gungen der Menſchen, weil ſie, an und für ſich nur durch<lb/> äußere Willkür, z. B. dynaſtiſche Familienintereſſen, ent¬<lb/> ſtanden, eine gewiſſe Anzahl von Menſchen <hi rendition="#g">ein für alle¬<lb/> mal</hi> zu einem Zwecke zuſammenſpannen, der einem ihnen<lb/><hi rendition="#g">gemeinſamen</hi> Bedürfniß entweder <hi rendition="#g">nie</hi> entſprochen hat oder<lb/> unter der Veränderung der Zeiten ihnen Allen doch keines¬<lb/> wegs <hi rendition="#g">mehr</hi> gemeinſam iſt. — <hi rendition="#g">Alle</hi> Menſchen haben nur<lb/><hi rendition="#g">ein</hi> gemeinſchaftliches Bedürfniß, welches jedoch nur ſeinem<lb/> allgemeinſten Inhalte nach ihnen gleichmäßig inne wohnt:<lb/> das iſt das Bedürfniß <hi rendition="#g">zu leben</hi> und <hi rendition="#g">glücklich zu ſein</hi>.<lb/> Hierin liegt das natürliche Band aller Menſchen; ein Be¬<lb/> dürfniß, dem die reiche Natur der Erde vollkommen zu<lb/> entſprechen vermag. Die beſonderen Bedürfniſſe wie ſie<lb/> nach Zeit, Ort und Individualität ſich kundgeben und ſtei¬<lb/> gern, können in dem vernünftigen Zuſtande der zukünftigen<lb/> Menſchheit allein die Grundlage der beſonderen Vereini¬<lb/> gungen abgeben, welche in ihrer Totalität die Gemein¬<lb/> ſchaft <hi rendition="#g">aller</hi> Menſchen ausmachen. Dieſe Vereinigungen<lb/> werden gerade ſo wechſeln, neu ſich geſtalten, ſich löſen und<lb/> wiederum knüpfen, als die Bedürfniſſe wechſeln und wie¬<lb/> derkehren; ſie werden von Dauer ſein, wo ſie materiellerer<lb/> <fw place="bottom" type="sig">10<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [217/0233]
löſt, und erſt aus neuentſtehenden Bedürfniſſen entſtehen
auch wieder neue Vereinigungen Derjenigen, denen wie¬
derum dieſe neuen Bedürfniſſe gemeinſam ſind. Unſere mo¬
dernen Staaten ſind in ſofern die unnatürlichſten Vereini¬
gungen der Menſchen, weil ſie, an und für ſich nur durch
äußere Willkür, z. B. dynaſtiſche Familienintereſſen, ent¬
ſtanden, eine gewiſſe Anzahl von Menſchen ein für alle¬
mal zu einem Zwecke zuſammenſpannen, der einem ihnen
gemeinſamen Bedürfniß entweder nie entſprochen hat oder
unter der Veränderung der Zeiten ihnen Allen doch keines¬
wegs mehr gemeinſam iſt. — Alle Menſchen haben nur
ein gemeinſchaftliches Bedürfniß, welches jedoch nur ſeinem
allgemeinſten Inhalte nach ihnen gleichmäßig inne wohnt:
das iſt das Bedürfniß zu leben und glücklich zu ſein.
Hierin liegt das natürliche Band aller Menſchen; ein Be¬
dürfniß, dem die reiche Natur der Erde vollkommen zu
entſprechen vermag. Die beſonderen Bedürfniſſe wie ſie
nach Zeit, Ort und Individualität ſich kundgeben und ſtei¬
gern, können in dem vernünftigen Zuſtande der zukünftigen
Menſchheit allein die Grundlage der beſonderen Vereini¬
gungen abgeben, welche in ihrer Totalität die Gemein¬
ſchaft aller Menſchen ausmachen. Dieſe Vereinigungen
werden gerade ſo wechſeln, neu ſich geſtalten, ſich löſen und
wiederum knüpfen, als die Bedürfniſſe wechſeln und wie¬
derkehren; ſie werden von Dauer ſein, wo ſie materiellerer
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