Wagner, Richard: Das Kunstwerk der Zukunft. Leipzig, 1850.unsre Volksbelehrer, wenn sie wähnen, daß Volk müsse Das wirklich Gewußte ist nichts anderes als das, unſre Volksbelehrer, wenn ſie wähnen, daß Volk müſſe Das wirklich Gewußte iſt nichts anderes als das, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0034" n="18"/> unſre Volksbelehrer, wenn ſie wähnen, daß Volk müſſe<lb/> erſt <hi rendition="#g">wiſſen</hi> was es wolle, d. h. in <hi rendition="#g">ihrem</hi> Sinne wollen<lb/> ſolle, ehe es auch fähig und berechtigt wäre, überhaupt zu<lb/> wollen. Aus dieſem Irrthume rühren alle unſeligen Halb¬<lb/> heiten, alles Unvermögen, alle ſchmachvolle Schwäche der<lb/> letzten Weltbewegungen her.</p><lb/> <p>Das wirklich Gewußte iſt nichts anderes als das,<lb/> durch das Denken zum erfaßten, dargeſtellten Gegenſtande<lb/> gewordene, wirklich und ſinnlich Vorhandene; das Denken<lb/> iſt ſo lange willkürlich, als es das ſinnlich Gegenwärtige<lb/> und das den Sinnen entrückte Abweſende oder Vergangene,<lb/> nicht mit der unbedingteſten Anerkennung ſeines nothwen¬<lb/> digen Zuſammenhanges ſich vorzuſtellen vermag; denn das<lb/> Bewußtſein dieſer Vorſtellung iſt eben das vernünftige<lb/> Wiſſen. Je wahrhafter aber das Wiſſen iſt, deſto aufrich¬<lb/> tiger muß es ſich wiederum als einzig durch ſeinen Zuſam¬<lb/> menhang mit dem, zur ſinnlichen Erſcheinung gelangten,<lb/> wirklich Fertigen und Vollendeten bedingt erkennen, die<lb/> Bedingung der Möglichkeit des Wiſſens ſomit als in der<lb/> Wirklichkeit begründet ſich eingeſtehen. Sobald das Denken<lb/> aber, von der Wirklichkeit abſtrahirend, das zukünftige<lb/> Wirkliche konſtruiren will, vermag es nicht das <hi rendition="#g">Wiſſen</hi><lb/> zu produziren, ſondern es äußert ſich als <hi rendition="#g">Wähnen</hi>, das<lb/> ſich gewaltig unterſcheidet vom <hi rendition="#g">Unbewußtſein</hi>: erſt wenn<lb/> es ſich in die Sinnlichkeit, in das wirklich ſinnliche Be¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0034]
unſre Volksbelehrer, wenn ſie wähnen, daß Volk müſſe
erſt wiſſen was es wolle, d. h. in ihrem Sinne wollen
ſolle, ehe es auch fähig und berechtigt wäre, überhaupt zu
wollen. Aus dieſem Irrthume rühren alle unſeligen Halb¬
heiten, alles Unvermögen, alle ſchmachvolle Schwäche der
letzten Weltbewegungen her.
Das wirklich Gewußte iſt nichts anderes als das,
durch das Denken zum erfaßten, dargeſtellten Gegenſtande
gewordene, wirklich und ſinnlich Vorhandene; das Denken
iſt ſo lange willkürlich, als es das ſinnlich Gegenwärtige
und das den Sinnen entrückte Abweſende oder Vergangene,
nicht mit der unbedingteſten Anerkennung ſeines nothwen¬
digen Zuſammenhanges ſich vorzuſtellen vermag; denn das
Bewußtſein dieſer Vorſtellung iſt eben das vernünftige
Wiſſen. Je wahrhafter aber das Wiſſen iſt, deſto aufrich¬
tiger muß es ſich wiederum als einzig durch ſeinen Zuſam¬
menhang mit dem, zur ſinnlichen Erſcheinung gelangten,
wirklich Fertigen und Vollendeten bedingt erkennen, die
Bedingung der Möglichkeit des Wiſſens ſomit als in der
Wirklichkeit begründet ſich eingeſtehen. Sobald das Denken
aber, von der Wirklichkeit abſtrahirend, das zukünftige
Wirkliche konſtruiren will, vermag es nicht das Wiſſen
zu produziren, ſondern es äußert ſich als Wähnen, das
ſich gewaltig unterſcheidet vom Unbewußtſein: erſt wenn
es ſich in die Sinnlichkeit, in das wirklich ſinnliche Be¬
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