Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.Phaethon an Theodor. Alles, alles, Theodor! alles ist anders. Meine Gestern wollt' ich dir schreiben. Jch konnte Was war all' mein Wesen bisher? Ein elend War mir das Leben bisher mehr als der Dia- Jch träumte wohl schon von solcher Seligkeit, Phaethon an Theodor. Alles, alles, Theodor! alles iſt anders. Meine Geſtern wollt’ ich dir ſchreiben. Jch konnte Was war all’ mein Weſen bisher? Ein elend War mir das Leben bisher mehr als der Dia- Jch traͤumte wohl ſchon von ſolcher Seligkeit, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0066" n="56"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Phaethon an Theodor.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">A</hi>lles, alles, Theodor! alles iſt anders. Meine<lb/> ganze Seele iſt voll von Einem.</p><lb/> <p>Geſtern wollt’ ich dir ſchreiben. Jch konnte<lb/> nicht.</p><lb/> <p>Was war all’ mein Weſen bisher? Ein elend<lb/> unbedeutend Stuͤmperwerk. Wem zu Lieb hab’ ich<lb/> gearbeitet! Hab’ ich eine Empfindung gehabt, eine,<lb/> ſo lang’ ich lebe, gegen die, die jetzt wie der<lb/> Aether, der ewige, unveraͤnderliche, mich umwe-<lb/> het? Alles, alles war nichts.</p><lb/> <p>War mir das Leben bisher mehr als der Dia-<lb/> mant, der leuchtet, aber nicht erwaͤrmt? Ach ganz,<lb/> ganz hat meine Ahnung ſich enthuͤllt. So mußt’<lb/> es kommen.</p><lb/> <p>Jch traͤumte wohl ſchon von ſolcher Seligkeit,<lb/> aber das Erwachen war mein groͤßter Schmerz.<lb/> Und das iſt wirklich, wahrhaft!</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0066]
Phaethon an Theodor.
Alles, alles, Theodor! alles iſt anders. Meine
ganze Seele iſt voll von Einem.
Geſtern wollt’ ich dir ſchreiben. Jch konnte
nicht.
Was war all’ mein Weſen bisher? Ein elend
unbedeutend Stuͤmperwerk. Wem zu Lieb hab’ ich
gearbeitet! Hab’ ich eine Empfindung gehabt, eine,
ſo lang’ ich lebe, gegen die, die jetzt wie der
Aether, der ewige, unveraͤnderliche, mich umwe-
het? Alles, alles war nichts.
War mir das Leben bisher mehr als der Dia-
mant, der leuchtet, aber nicht erwaͤrmt? Ach ganz,
ganz hat meine Ahnung ſich enthuͤllt. So mußt’
es kommen.
Jch traͤumte wohl ſchon von ſolcher Seligkeit,
aber das Erwachen war mein groͤßter Schmerz.
Und das iſt wirklich, wahrhaft!
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