Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.in ihrer höchsten Fülle sie vor sich sieht, die See- Wie der selige Geist aus dem dunkeln Grabe Vergleich ich sie mit der zarten, aufschwellen- Jch stand da, besinnungslos, wie der finster- Theodor! diese Schönheit! dieses holde keusche in ihrer hoͤchſten Fuͤlle ſie vor ſich ſieht, die See- Wie der ſelige Geiſt aus dem dunkeln Grabe Vergleich ich ſie mit der zarten, aufſchwellen- Jch ſtand da, beſinnungslos, wie der finſter- Theodor! dieſe Schoͤnheit! dieſes holde keuſche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0069" n="59"/> in ihrer hoͤchſten Fuͤlle ſie vor ſich ſieht, die See-<lb/> lenvolle, die Allliebende, und trunken in den Aether<lb/> ſchaut, den unergruͤndbar tiefen — ſo, ſo war<lb/> mir’s, wie ich Sie ſah vor mir ſtehn.</p><lb/> <p>Wie der ſelige Geiſt aus dem dunkeln Grabe<lb/> zum Himmel ſich hebt, ſo quoll ihr ſchwarzes Auge<lb/> ſchauernd aus den Wimpern.</p><lb/> <p>Vergleich ich ſie mit der zarten, aufſchwellen-<lb/> den Roſe, die keine Beruͤhrung leidet, die ihre gluͤ-<lb/> henden Blaͤtter oͤffnet, wie weiche Maͤdchenwangen?<lb/> Jhr ganzes Weſen war wie ein einziger Kuß der<lb/> Liebe.</p><lb/> <p>Jch ſtand da, beſinnungslos, wie der finſter-<lb/> liebliche Mann die Bebende herabließ, und wie<lb/> ferne, verklingende Akkorde toͤnten endlich ſeine<lb/> Worte: Graͤfin Caͤcilie, und Atalanta, ihre Tochter.</p><lb/> <p>Theodor! dieſe Schoͤnheit! dieſes holde keuſche<lb/> Laͤcheln einer unſchuldsvollen Wange — dieſes große<lb/> ſchwarze Aetherauge in dem reinen blendendweißen<lb/> Angeſicht — dieſe weiche Zartheit in der ſchlanken<lb/> Geſtalt. — Es iſt alles, alles Umſonſt; ich kann’s<lb/> nicht ſchildern.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [59/0069]
in ihrer hoͤchſten Fuͤlle ſie vor ſich ſieht, die See-
lenvolle, die Allliebende, und trunken in den Aether
ſchaut, den unergruͤndbar tiefen — ſo, ſo war
mir’s, wie ich Sie ſah vor mir ſtehn.
Wie der ſelige Geiſt aus dem dunkeln Grabe
zum Himmel ſich hebt, ſo quoll ihr ſchwarzes Auge
ſchauernd aus den Wimpern.
Vergleich ich ſie mit der zarten, aufſchwellen-
den Roſe, die keine Beruͤhrung leidet, die ihre gluͤ-
henden Blaͤtter oͤffnet, wie weiche Maͤdchenwangen?
Jhr ganzes Weſen war wie ein einziger Kuß der
Liebe.
Jch ſtand da, beſinnungslos, wie der finſter-
liebliche Mann die Bebende herabließ, und wie
ferne, verklingende Akkorde toͤnten endlich ſeine
Worte: Graͤfin Caͤcilie, und Atalanta, ihre Tochter.
Theodor! dieſe Schoͤnheit! dieſes holde keuſche
Laͤcheln einer unſchuldsvollen Wange — dieſes große
ſchwarze Aetherauge in dem reinen blendendweißen
Angeſicht — dieſe weiche Zartheit in der ſchlanken
Geſtalt. — Es iſt alles, alles Umſonſt; ich kann’s
nicht ſchildern.
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