Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 1. Stuttgart, 1823.Und einmal blickt' ich sie an, und Fieberhitze Mein Blick fiel auf Caton. Sein Auge irrte Jch übergehe alles Folgende. Und wie sollt' Nur das noch! Wie sie aufstand, und vor Und einmal blickt’ ich ſie an, und Fieberhitze Mein Blick fiel auf Caton. Sein Auge irrte Jch uͤbergehe alles Folgende. Und wie ſollt’ Nur das noch! Wie ſie aufſtand, und vor <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0071" n="61"/> <p>Und einmal blickt’ ich ſie an, und Fieberhitze<lb/> brannte durch mein gluͤhendes Auge. Da trifft ſie<lb/> mich: ich fuͤhlte die ganze unendliche Schoͤnheit<lb/> ihrer Seele, und eine flammende Roͤthe goß ſich<lb/> uͤber ihre ſchuͤchternen Wangen. Lieber! mir wank-<lb/> ten die Knie.</p><lb/> <p>Mein Blick fiel auf Caton. Sein Auge irrte<lb/> unruhig umher, und ruhte zuletzt auf dem Maͤd-<lb/> chen und ich ſah, wie er mich anblickte. Was ſollte<lb/> das bedeuten?</p><lb/> <p>Jch uͤbergehe alles Folgende. Und wie ſollt’<lb/> ich das Entzuͤcken ſchildern, das mich uͤberwallte,<lb/> wie ihre Lippen ſich bewegten und ſie ſprach, und<lb/> jedes Wort, wie ein Lichtſtrahl durch die Nacht, in<lb/> meine Seele fiel?</p><lb/> <p>Nur das noch! Wie ſie aufſtand, und vor<lb/> meinen Homer hintrat, und ich das junge bluͤhende<lb/> Geſicht neben den ſaftgruͤnen Traubenblaͤttern am<lb/> offenen Fenſter ſah, und neben dem ernſten heili-<lb/> gen Alten, und ihre vollen weichen Maͤdchenwangen,<lb/> wie zwey Kuͤſſe, gluͤhten an den baͤrtigen Wangen<lb/> des Saͤngers, und ich fuͤhlte, wie’s ihr war in die-<lb/> ſem Augenblick, ach da haͤtt’ ich ihr moͤgen zu<lb/> Fuͤßen ſinken und meine Seele ſtroͤhmen in die ihre.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0071]
Und einmal blickt’ ich ſie an, und Fieberhitze
brannte durch mein gluͤhendes Auge. Da trifft ſie
mich: ich fuͤhlte die ganze unendliche Schoͤnheit
ihrer Seele, und eine flammende Roͤthe goß ſich
uͤber ihre ſchuͤchternen Wangen. Lieber! mir wank-
ten die Knie.
Mein Blick fiel auf Caton. Sein Auge irrte
unruhig umher, und ruhte zuletzt auf dem Maͤd-
chen und ich ſah, wie er mich anblickte. Was ſollte
das bedeuten?
Jch uͤbergehe alles Folgende. Und wie ſollt’
ich das Entzuͤcken ſchildern, das mich uͤberwallte,
wie ihre Lippen ſich bewegten und ſie ſprach, und
jedes Wort, wie ein Lichtſtrahl durch die Nacht, in
meine Seele fiel?
Nur das noch! Wie ſie aufſtand, und vor
meinen Homer hintrat, und ich das junge bluͤhende
Geſicht neben den ſaftgruͤnen Traubenblaͤttern am
offenen Fenſter ſah, und neben dem ernſten heili-
gen Alten, und ihre vollen weichen Maͤdchenwangen,
wie zwey Kuͤſſe, gluͤhten an den baͤrtigen Wangen
des Saͤngers, und ich fuͤhlte, wie’s ihr war in die-
ſem Augenblick, ach da haͤtt’ ich ihr moͤgen zu
Fuͤßen ſinken und meine Seele ſtroͤhmen in die ihre.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |