Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.
unermeßliche Meer, ewig ... unergründ- Ahnest du das nicht in stillen Nächten, wenn Die Schöpfung ist wie ein ungeheurer Baum, Lieber! o wie machst du mir bange? Wie Die drey Säulen sind verlassen. Einsam steht
unermeßliche Meer, ewig … unergruͤnd- Ahneſt du das nicht in ſtillen Naͤchten, wenn Die Schoͤpfung iſt wie ein ungeheurer Baum, Lieber! o wie machſt du mir bange? Wie Die drey Saͤulen ſind verlaſſen. Einſam ſteht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <hi rendition="#g"><pb facs="#f0101" n="101"/> unermeßliche Meer, ewig … unergruͤnd-<lb/> lich … unausſprechlich!</hi> </p><lb/> <p>Ahneſt du das nicht in ſtillen Naͤchten, wenn<lb/> du allein biſt, und doch ſo warm dich geliebt fuͤh-<lb/> leſt, ſo innig gedruͤckt an den Mutterbuſen der<lb/> Natur.</p><lb/> <p>Die Schoͤpfung iſt wie ein ungeheurer Baum,<lb/> der ewig ſich gleich bleibt. Auf ihm bluͤhen, wach-<lb/> ſen und welken die Welten, ſie gluͤhen im dunkeln<lb/> Raume, wie freundliche, goldene Fruͤchte im dun-<lb/> kel ſchwellenden Laube. Unter ihm wandelt Gott.<lb/> Sein Geiſt durchſaͤuſelt den Baum und ſtaͤrkt und<lb/> erhaͤlt mit Liebe die Fruͤchte. Sagen dir das nicht<lb/> die Sterne des Himmels?</p><lb/> <p>Lieber! o wie machſt du mir bange? Wie<lb/> moͤcht’ ich um dich ſeyn, dich zu ſchuͤtzen, in Liebe<lb/> zu erhalten. Gedenkſt du der Nacht, wo wir uns<lb/> gelobten, uns zu ſuchen im Mond, dem keuſchen<lb/> Bilde der ruhigen, unveraͤnderlichen Gottheit? O<lb/> geliebter Juͤngling, warum vergaßeſt du denn den<lb/> heiligen Schwur?</p><lb/> <p>Die drey Saͤulen ſind verlaſſen. Einſam ſteht<lb/> der geliebte Homeroskopf, wo jene Fuͤlle der Ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [101/0101]
unermeßliche Meer, ewig … unergruͤnd-
lich … unausſprechlich!
Ahneſt du das nicht in ſtillen Naͤchten, wenn
du allein biſt, und doch ſo warm dich geliebt fuͤh-
leſt, ſo innig gedruͤckt an den Mutterbuſen der
Natur.
Die Schoͤpfung iſt wie ein ungeheurer Baum,
der ewig ſich gleich bleibt. Auf ihm bluͤhen, wach-
ſen und welken die Welten, ſie gluͤhen im dunkeln
Raume, wie freundliche, goldene Fruͤchte im dun-
kel ſchwellenden Laube. Unter ihm wandelt Gott.
Sein Geiſt durchſaͤuſelt den Baum und ſtaͤrkt und
erhaͤlt mit Liebe die Fruͤchte. Sagen dir das nicht
die Sterne des Himmels?
Lieber! o wie machſt du mir bange? Wie
moͤcht’ ich um dich ſeyn, dich zu ſchuͤtzen, in Liebe
zu erhalten. Gedenkſt du der Nacht, wo wir uns
gelobten, uns zu ſuchen im Mond, dem keuſchen
Bilde der ruhigen, unveraͤnderlichen Gottheit? O
geliebter Juͤngling, warum vergaßeſt du denn den
heiligen Schwur?
Die drey Saͤulen ſind verlaſſen. Einſam ſteht
der geliebte Homeroskopf, wo jene Fuͤlle der Ge-
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