Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Schwäne durch die Luft. Seine Nähe war wun- Die Guten sagen, ich sey blaß geworden. Erschrick nicht, du bange zerrüttete Seele! ... Mit starrem Entsetzen legte Phaethon den Brief Alles Maaß verlor er in Genüssen. Der Fürst Schwaͤne durch die Luft. Seine Naͤhe war wun- Die Guten ſagen, ich ſey blaß geworden. Erſchrick nicht, du bange zerruͤttete Seele! … Mit ſtarrem Entſetzen legte Phaethon den Brief Alles Maaß verlor er in Genuͤſſen. Der Fuͤrſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="130"/> Schwaͤne durch die Luft. Seine Naͤhe war wun-<lb/> derbar beſeligend. Er ſchwebte zu mir in den Kahn<lb/> und legte ſeine Haͤndchen um meinen Hals und<lb/> blickte mich ſo liebend an mit ſeinem blauen Auge<lb/> und kuͤßte meine Lippen. Dann zogen die Schwaͤ-<lb/> ne den Kahn durch die Luftwellen weiter und im-<lb/> mer weiter: es ſchwand das Dunkel: mich umwog-<lb/> te das glaͤnzendſte, reinſte Licht. Da wacht’ ich<lb/> auf. Der Kahn war wieder an’s Ufer getrieben<lb/> worden. Jch ſtieg aus, aber den Traum ſagt’ ich<lb/> weder dem Vater, noch Caͤcilien.</p><lb/> <p>Die Guten ſagen, ich ſey blaß geworden.<lb/> Dieſe Tage fuͤhl’ ich koͤrperliche Schmerzen. Viel-<lb/> leicht ſchweb’ ich bald hinuͤber! Eine Ahnung ſagt<lb/> es mir.</p><lb/> <p>Erſchrick nicht, du bange zerruͤttete Seele! …<lb/> Jch bringe zu Gott einen Buſen voll unſterblicher<lb/> Liebe.</p><lb/> <p>Mit ſtarrem Entſetzen legte Phaethon den Brief<lb/> aus der Hand. Von nun an war alle Ruhe fuͤr<lb/> ihn dahin. Er rang mit Wahnſinn.</p><lb/> <p>Alles Maaß verlor er in Genuͤſſen. Der Fuͤrſt<lb/> erfuhr davon und verwies es ihm nachdruͤcklich.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [130/0130]
Schwaͤne durch die Luft. Seine Naͤhe war wun-
derbar beſeligend. Er ſchwebte zu mir in den Kahn
und legte ſeine Haͤndchen um meinen Hals und
blickte mich ſo liebend an mit ſeinem blauen Auge
und kuͤßte meine Lippen. Dann zogen die Schwaͤ-
ne den Kahn durch die Luftwellen weiter und im-
mer weiter: es ſchwand das Dunkel: mich umwog-
te das glaͤnzendſte, reinſte Licht. Da wacht’ ich
auf. Der Kahn war wieder an’s Ufer getrieben
worden. Jch ſtieg aus, aber den Traum ſagt’ ich
weder dem Vater, noch Caͤcilien.
Die Guten ſagen, ich ſey blaß geworden.
Dieſe Tage fuͤhl’ ich koͤrperliche Schmerzen. Viel-
leicht ſchweb’ ich bald hinuͤber! Eine Ahnung ſagt
es mir.
Erſchrick nicht, du bange zerruͤttete Seele! …
Jch bringe zu Gott einen Buſen voll unſterblicher
Liebe.
Mit ſtarrem Entſetzen legte Phaethon den Brief
aus der Hand. Von nun an war alle Ruhe fuͤr
ihn dahin. Er rang mit Wahnſinn.
Alles Maaß verlor er in Genuͤſſen. Der Fuͤrſt
erfuhr davon und verwies es ihm nachdruͤcklich.
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