Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Bäume auf dem Wasserspiegel, in den Wolken des Jch schaukelte mich allein im Kahne. Mein Jch schlummert' ein im Kahne. Mir träumte, 9
Baͤume auf dem Waſſerſpiegel, in den Wolken des Jch ſchaukelte mich allein im Kahne. Mein Jch ſchlummert’ ein im Kahne. Mir traͤumte, 9
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0129" n="129"/> Baͤume auf dem Waſſerſpiegel, in den Wolken des<lb/> lautern Aethers. Selbſt der dunkle Himmel ſchien<lb/> zu quillen und zu wogen, wie ein ſeelenvolles,<lb/> lieberfuͤlltes Auge. Und doch war’s ſo eine heilige<lb/> Stille, ſo ein uͤberſchwaͤnglich-ſuͤßes Schweigen.</p><lb/> <p>Jch ſchaukelte mich allein im Kahne. Mein<lb/> Auge hob ſich zum Mond und weinte ſeine Thraͤ-<lb/> nen hinauf und trank Ruhe, Demuth und Frieden<lb/> aus ſeinem Lichte. Jmmer ſtiller und ſtiller ward<lb/> mein Gemuͤth, und immer lauterer, voller. Ein<lb/> unbegreiflich ſeliges Sehnen ſchwang mich fort.<lb/> Dann verlor ſich mein naſſes Aug’ in Himmel und<lb/> Waſſer, drang tiefer und immer tiefer, bis es<lb/> ſchwamm in Licht und Dunkel.</p><lb/> <p>Jch ſchlummert’ ein im Kahne. Mir traͤumte,<lb/> es waͤre auch Mondnacht und ich triebe in der<lb/> naͤmlichen Gegend auf dem See. An dich dacht’<lb/> ich. Vom Ufer heruͤber, aus dem Laube, ſchweb-<lb/> ten unendlich zarte Toͤne, drangen durch mein tief<lb/> Jnnerſtes, voll Liebe, voll Jnnigkeit, voll reiner<lb/> Seele. Mit einemmal hob ſich der Kahn im Ge-<lb/> waͤſſer: ich erſchrak. Ein weißer zarter Knabe mit<lb/> blonden Locken und duftenden Roſenkraͤnzen lenkte<lb/> mit roſenrothen Banden ein paar blendendweiße<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [129/0129]
Baͤume auf dem Waſſerſpiegel, in den Wolken des
lautern Aethers. Selbſt der dunkle Himmel ſchien
zu quillen und zu wogen, wie ein ſeelenvolles,
lieberfuͤlltes Auge. Und doch war’s ſo eine heilige
Stille, ſo ein uͤberſchwaͤnglich-ſuͤßes Schweigen.
Jch ſchaukelte mich allein im Kahne. Mein
Auge hob ſich zum Mond und weinte ſeine Thraͤ-
nen hinauf und trank Ruhe, Demuth und Frieden
aus ſeinem Lichte. Jmmer ſtiller und ſtiller ward
mein Gemuͤth, und immer lauterer, voller. Ein
unbegreiflich ſeliges Sehnen ſchwang mich fort.
Dann verlor ſich mein naſſes Aug’ in Himmel und
Waſſer, drang tiefer und immer tiefer, bis es
ſchwamm in Licht und Dunkel.
Jch ſchlummert’ ein im Kahne. Mir traͤumte,
es waͤre auch Mondnacht und ich triebe in der
naͤmlichen Gegend auf dem See. An dich dacht’
ich. Vom Ufer heruͤber, aus dem Laube, ſchweb-
ten unendlich zarte Toͤne, drangen durch mein tief
Jnnerſtes, voll Liebe, voll Jnnigkeit, voll reiner
Seele. Mit einemmal hob ſich der Kahn im Ge-
waͤſſer: ich erſchrak. Ein weißer zarter Knabe mit
blonden Locken und duftenden Roſenkraͤnzen lenkte
mit roſenrothen Banden ein paar blendendweiße
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