Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.den? Wer trennt die reine lodernde Flamme, und Weil die Seele eine unzusammengesetzte, durch Jn der ganzen Natur ist eine mit unmerklichen Auch im Thier ist eine einfache treibende Kraft, den? Wer trennt die reine lodernde Flamme, und Weil die Seele eine unzuſammengeſetzte, durch Jn der ganzen Natur iſt eine mit unmerklichen Auch im Thier iſt eine einfache treibende Kraft, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="54"/> den? Wer trennt die reine lodernde Flamme, und<lb/> zerlegt ſie in Theile?</p><lb/> <p>Weil die Seele eine unzuſammengeſetzte, durch<lb/> ſich ſelbſt bewegte Kraft iſt, ſo hat ſie auch keinen<lb/> Anfang, wie ſie kein Ende hat. Laßt mich ſie be-<lb/> gleiten auf ihrem Stufengange!</p><lb/> <p>Jn der ganzen Natur iſt eine mit unmerklichen<lb/> Sproſſen aufſteigende Leiter zu bemerken. Nichts<lb/> bleibt einen Augenblick in derſelben Geſtalt, auf<lb/> derſelben Stelle. Zwar ſcheint die Fluth, die ſich<lb/> von jaͤhem Felsgeklipp ins Thal ſtuͤrzt, eine ein-<lb/> zige bewegungsloſe Waſſerſaͤule, aber es ſind nur<lb/> neue Tropfen, die andern ſchnell die Stelle raͤu-<lb/> men: die Flamme ſcheint ein unveraͤnderlicher Feu-<lb/> erſtrom, aber es ſind nur einzelne Funken, die nur<lb/> entſpruͤhen, wenn die andern verloͤſchen. Dieſe<lb/> Stufenleiter geht durch’s Reich der Pflanzen, Stei-<lb/> ne, durch alle Koͤrper.</p><lb/> <p>Auch im Thier iſt eine einfache treibende Kraft,<lb/> die ſelbſtſtaͤndig einen Koͤrper bewegt und waͤrmt.<lb/> Durch ein Dreyfaches wird der Menſch zum Men-<lb/> ſchen. Er iſt Pflanze, Leben, Seele oder Geiſt.<lb/> Das Thier hat wohl das Leben, aber nicht den<lb/> Geiſt. Unſterblich iſt der Geiſt, aber auch das Le-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [54/0054]
den? Wer trennt die reine lodernde Flamme, und
zerlegt ſie in Theile?
Weil die Seele eine unzuſammengeſetzte, durch
ſich ſelbſt bewegte Kraft iſt, ſo hat ſie auch keinen
Anfang, wie ſie kein Ende hat. Laßt mich ſie be-
gleiten auf ihrem Stufengange!
Jn der ganzen Natur iſt eine mit unmerklichen
Sproſſen aufſteigende Leiter zu bemerken. Nichts
bleibt einen Augenblick in derſelben Geſtalt, auf
derſelben Stelle. Zwar ſcheint die Fluth, die ſich
von jaͤhem Felsgeklipp ins Thal ſtuͤrzt, eine ein-
zige bewegungsloſe Waſſerſaͤule, aber es ſind nur
neue Tropfen, die andern ſchnell die Stelle raͤu-
men: die Flamme ſcheint ein unveraͤnderlicher Feu-
erſtrom, aber es ſind nur einzelne Funken, die nur
entſpruͤhen, wenn die andern verloͤſchen. Dieſe
Stufenleiter geht durch’s Reich der Pflanzen, Stei-
ne, durch alle Koͤrper.
Auch im Thier iſt eine einfache treibende Kraft,
die ſelbſtſtaͤndig einen Koͤrper bewegt und waͤrmt.
Durch ein Dreyfaches wird der Menſch zum Men-
ſchen. Er iſt Pflanze, Leben, Seele oder Geiſt.
Das Thier hat wohl das Leben, aber nicht den
Geiſt. Unſterblich iſt der Geiſt, aber auch das Le-
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