Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.Sie schwiegen. Caton zitterte. Zittern sah ich Caton! Caton! das hätt' ich nicht gedacht! War diß das fürchterliche Geheimniß, das du Lange stand ich unbeweglich an der Säule. Sie ſchwiegen. Caton zitterte. Zittern ſah ich Caton! Caton! das haͤtt’ ich nicht gedacht! War diß das fuͤrchterliche Geheimniß, das du Lange ſtand ich unbeweglich an der Saͤule. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0008" n="8"/> <p>Sie ſchwiegen. Caton zitterte. Zittern ſah ich<lb/> ihn noch nie. Er hob die Arme zum Himmel, und<lb/> rief: o Vaterland und Liebe! Dann ſchlang er bruͤnſtig<lb/> ſeine Arme um Atalanta, und preſſte das bebende<lb/> Maͤdchen an ſeine Bruſt und kuͤſſte ihre Lippen.<lb/> Jch kann nicht mehr, war das einzige, was er noch<lb/> ausrief. Nun ſtand er auf und ſagte mit einer Stim-<lb/> me, die nie noch klang aus ſeinem Munde: Atalan-<lb/> ta … komm! Sie gab ihm die Hand, und beide<lb/> verſchwanden im Dunkel.</p><lb/> <p>Caton! Caton! das haͤtt’ ich nicht gedacht!</p><lb/> <p>War diß das fuͤrchterliche Geheimniß, das du<lb/> ausgebruͤtet im Gewoͤlbe bey’m magiſch geiſterhaften<lb/> Schein der Candelaber? Finſterer Sohn der raͤthſelhaf-<lb/> ten Nacht, du ewiges Geheimniß! ich waͤhnte, du<lb/> denkeſt am alten ſchwarzen Sarkophag an die abge-<lb/> ſchied’nen Bruͤder, und nicht an eine unverbluͤhte Ju-<lb/> gend: ich waͤhnte, in deiner Bruſt wehen die Schauer des<lb/> Todes und ſie gluͤhet fuͤr zarte Maͤdchenwangen; der<lb/> Sarkophag ſey beſtimmt fuͤr die Verſtorb’nen, und<lb/> nicht fuͤr die Lebendigen … fuͤr mich! … O<lb/> Theodor! mir graus’t!</p><lb/> <p>Lange ſtand ich unbeweglich an der Saͤule.<lb/> Dann ſank ich auf die Truͤmmer, wo die Beyden ſich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [8/0008]
Sie ſchwiegen. Caton zitterte. Zittern ſah ich
ihn noch nie. Er hob die Arme zum Himmel, und
rief: o Vaterland und Liebe! Dann ſchlang er bruͤnſtig
ſeine Arme um Atalanta, und preſſte das bebende
Maͤdchen an ſeine Bruſt und kuͤſſte ihre Lippen.
Jch kann nicht mehr, war das einzige, was er noch
ausrief. Nun ſtand er auf und ſagte mit einer Stim-
me, die nie noch klang aus ſeinem Munde: Atalan-
ta … komm! Sie gab ihm die Hand, und beide
verſchwanden im Dunkel.
Caton! Caton! das haͤtt’ ich nicht gedacht!
War diß das fuͤrchterliche Geheimniß, das du
ausgebruͤtet im Gewoͤlbe bey’m magiſch geiſterhaften
Schein der Candelaber? Finſterer Sohn der raͤthſelhaf-
ten Nacht, du ewiges Geheimniß! ich waͤhnte, du
denkeſt am alten ſchwarzen Sarkophag an die abge-
ſchied’nen Bruͤder, und nicht an eine unverbluͤhte Ju-
gend: ich waͤhnte, in deiner Bruſt wehen die Schauer des
Todes und ſie gluͤhet fuͤr zarte Maͤdchenwangen; der
Sarkophag ſey beſtimmt fuͤr die Verſtorb’nen, und
nicht fuͤr die Lebendigen … fuͤr mich! … O
Theodor! mir graus’t!
Lange ſtand ich unbeweglich an der Saͤule.
Dann ſank ich auf die Truͤmmer, wo die Beyden ſich
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