Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.umarmt, und kühlte meine brennenden Lippen an Jch hätte sollen schlafen? Theodor ... schlafen? Jch lief durch die finstern Wiesen. Mein Jnne- Auf einem Berge legt' ich mich nieder. Die O da fand ich's, wer den Frieden nicht im Bu- umarmt, und kuͤhlte meine brennenden Lippen an Jch haͤtte ſollen ſchlafen? Theodor … ſchlafen? Jch lief durch die finſtern Wieſen. Mein Jnne- Auf einem Berge legt’ ich mich nieder. Die O da fand ich’s, wer den Frieden nicht im Bu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0009" n="9"/> umarmt, und kuͤhlte meine brennenden Lippen an<lb/> dem kalten Stein und benettzt’ ihn mit meinen Thraͤ-<lb/> nen. Dann rannt’ ich davon.</p><lb/> <p>Jch haͤtte ſollen ſchlafen? Theodor … ſchlafen?</p><lb/> <p>Jch lief durch die finſtern Wieſen. Mein Jnne-<lb/> res war naͤchtlich wie Nebelhaiden Oſſians, wann<lb/> durch die Wolken wehet der Geiſt des ſchaudrigen<lb/> Loda und der Nachtſohn daher faͤhrt auf Orkanen,<lb/> den grauenvollen Wolkenſchild ſchuͤttelnd.</p><lb/> <p>Auf einem Berge legt’ ich mich nieder. Die<lb/> Winde rauſchten durch die Eichen und ſchuͤttelten die<lb/> Aeſte, wie Nachtgedanken meine arme Bruſt. Allein<lb/> ſaß ich auf dem Berge: ich fuͤhlte nimmer die Mut-<lb/> terliebe der allbeſeelten Natur, nicht mehr das hei-<lb/> lige, lebendige Gluͤhen um mich her. Es ſtanden<lb/> die Eichen vor mir wie erſtarrte Rieſen, und das<lb/> finſtere Thal am Fuß des Berges wie ſchaurig-<lb/> oͤde Reſte einer zertruͤmmerten Welt voll Licht und<lb/> Leben. Todt, todt war’s auſſer mir, wie in mei-<lb/> nem Jnnern.</p><lb/> <p>O da fand ich’s, wer den Frieden nicht im Bu-<lb/> ſen traͤgt, der findet ihn nirgends.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [9/0009]
umarmt, und kuͤhlte meine brennenden Lippen an
dem kalten Stein und benettzt’ ihn mit meinen Thraͤ-
nen. Dann rannt’ ich davon.
Jch haͤtte ſollen ſchlafen? Theodor … ſchlafen?
Jch lief durch die finſtern Wieſen. Mein Jnne-
res war naͤchtlich wie Nebelhaiden Oſſians, wann
durch die Wolken wehet der Geiſt des ſchaudrigen
Loda und der Nachtſohn daher faͤhrt auf Orkanen,
den grauenvollen Wolkenſchild ſchuͤttelnd.
Auf einem Berge legt’ ich mich nieder. Die
Winde rauſchten durch die Eichen und ſchuͤttelten die
Aeſte, wie Nachtgedanken meine arme Bruſt. Allein
ſaß ich auf dem Berge: ich fuͤhlte nimmer die Mut-
terliebe der allbeſeelten Natur, nicht mehr das hei-
lige, lebendige Gluͤhen um mich her. Es ſtanden
die Eichen vor mir wie erſtarrte Rieſen, und das
finſtere Thal am Fuß des Berges wie ſchaurig-
oͤde Reſte einer zertruͤmmerten Welt voll Licht und
Leben. Todt, todt war’s auſſer mir, wie in mei-
nem Jnnern.
O da fand ich’s, wer den Frieden nicht im Bu-
ſen traͤgt, der findet ihn nirgends.
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