Siebenter Abschnitt. Jn dem ich mir alle Mühe geben will auf die Welt zu kommen.
Madame Schnitzerinn war an dem Tage, wo ihr Zank mit dem Magister vorfiel, etwas über zween Monate verheirathet; und in dieser Zeit hatte sich in Schnitzers Gasthofe schon sehr viel geändert. Der Leser wird Frau Suschen aus dem, was ich von dem Eintritte bei der seligen Frau an bis hierher von ihr erzählt habe, so ziemlich kennen gelernet haben, und wird nun wohl be- kennen müssen, daß es eine Person von sehr mun- term Geist und vielem Scharfsinn war; eine Per- son, die viel zu klug und viel zu liebevoll für sich selbst war, um nicht ihrem Vortheil und ihren Leidenschaften alles Mögliche zu Gefallen zu thun. Er wird sich auch besinnen, daß sie den guten Jo- hann Jacob blos aus Klugheit zum Manne genom- men hatte, ohne daß ihr ein einziger Gedanke von Liebe oder Achtung für seine Person zu Kopfe ge-
stie-
Siebenter Abſchnitt. Jn dem ich mir alle Muͤhe geben will auf die Welt zu kommen.
Madame Schnitzerinn war an dem Tage, wo ihr Zank mit dem Magiſter vorfiel, etwas uͤber zween Monate verheirathet; und in dieſer Zeit hatte ſich in Schnitzers Gaſthofe ſchon ſehr viel geaͤndert. Der Leſer wird Frau Suschen aus dem, was ich von dem Eintritte bei der ſeligen Frau an bis hierher von ihr erzaͤhlt habe, ſo ziemlich kennen gelernet haben, und wird nun wohl be- kennen muͤſſen, daß es eine Perſon von ſehr mun- term Geiſt und vielem Scharfſinn war; eine Per- ſon, die viel zu klug und viel zu liebevoll fuͤr ſich ſelbſt war, um nicht ihrem Vortheil und ihren Leidenſchaften alles Moͤgliche zu Gefallen zu thun. Er wird ſich auch beſinnen, daß ſie den guten Jo- hann Jacob blos aus Klugheit zum Manne genom- men hatte, ohne daß ihr ein einziger Gedanke von Liebe oder Achtung fuͤr ſeine Perſon zu Kopfe ge-
ſtie-
<TEI><text><body><pbfacs="#f0186"n="180"/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Siebenter Abſchnitt.<lb/>
Jn dem ich mir alle Muͤhe geben will<lb/>
auf die Welt zu kommen.</hi></hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">M</hi>adame Schnitzerinn war an dem Tage, wo<lb/>
ihr Zank mit dem Magiſter vorfiel, etwas uͤber<lb/>
zween Monate verheirathet; und in dieſer Zeit<lb/>
hatte ſich in Schnitzers Gaſthofe ſchon ſehr viel<lb/>
geaͤndert. Der Leſer wird Frau Suschen aus dem,<lb/>
was ich von dem Eintritte bei der ſeligen Frau<lb/>
an bis hierher von ihr erzaͤhlt habe, ſo ziemlich<lb/>
kennen gelernet haben, und wird nun wohl be-<lb/>
kennen muͤſſen, daß es eine Perſon von ſehr mun-<lb/>
term Geiſt und vielem Scharfſinn war; eine Per-<lb/>ſon, die viel zu klug und viel zu liebevoll fuͤr ſich<lb/>ſelbſt war, um nicht ihrem Vortheil und ihren<lb/>
Leidenſchaften alles Moͤgliche zu Gefallen zu thun.<lb/>
Er wird ſich auch beſinnen, daß ſie den guten Jo-<lb/>
hann Jacob blos aus Klugheit zum Manne genom-<lb/>
men hatte, ohne daß ihr ein einziger Gedanke von<lb/>
Liebe oder Achtung fuͤr ſeine Perſon zu Kopfe ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtie-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[180/0186]
Siebenter Abſchnitt.
Jn dem ich mir alle Muͤhe geben will
auf die Welt zu kommen.
Madame Schnitzerinn war an dem Tage, wo
ihr Zank mit dem Magiſter vorfiel, etwas uͤber
zween Monate verheirathet; und in dieſer Zeit
hatte ſich in Schnitzers Gaſthofe ſchon ſehr viel
geaͤndert. Der Leſer wird Frau Suschen aus dem,
was ich von dem Eintritte bei der ſeligen Frau
an bis hierher von ihr erzaͤhlt habe, ſo ziemlich
kennen gelernet haben, und wird nun wohl be-
kennen muͤſſen, daß es eine Perſon von ſehr mun-
term Geiſt und vielem Scharfſinn war; eine Per-
ſon, die viel zu klug und viel zu liebevoll fuͤr ſich
ſelbſt war, um nicht ihrem Vortheil und ihren
Leidenſchaften alles Moͤgliche zu Gefallen zu thun.
Er wird ſich auch beſinnen, daß ſie den guten Jo-
hann Jacob blos aus Klugheit zum Manne genom-
men hatte, ohne daß ihr ein einziger Gedanke von
Liebe oder Achtung fuͤr ſeine Perſon zu Kopfe ge-
ſtie-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/186>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.