übrigen drei Tage in Verlegenheit kam, wie er sei- nen Magen befriedigen sollte; so machte er sich um die Zeit des Essens ein Bewerbchen zu Herrn Schnitzer, sagte seiner Frau gelegentlich etwas An- genehmes vor, und so gelang es ihm denn wohl, zum Essen eingeladen zu werden. Dieses lehnte er nun wohl erst höflichst ab; wenn sie es nun aber nicht anders haben wollten; so bat er um Erlaub- niß, in der Wohnstube der Madam ein paar Bis- sen zu sich zu nehmen: denn an die Wirthstafel, wo er immer ein wenig geschraubt wurde, war er nicht zu bringen; und das aus der sehr gegründe- ten Furcht, Johann Jacob, welcher alsdenn auch zugegen war, möchte, wenn er sich gegen einige unbarmherzige Gäste nicht gehörig verantworten könnte, und wohl gar aus der Fassung gebracht und aufs Haupt geschlagen würde, die hohe Mei- nung, die er immer von ihm hatte, etwas herun- terstimmen.
Er selbst behielt indessen diese hohe Meinung von sich selbst beständig bei. Was für Demüthi- gungen ihm auch fort und fort wiederfahren moch- ten, so ertrug er sie alle mit großer Gelassenheit, ließ sich durch nichts in seiner wissenschaftlichen Laufbahn irre machen, und begnügte sich mit dem Beifalle seines Publikums in der Tabagie.
Er
uͤbrigen drei Tage in Verlegenheit kam, wie er ſei- nen Magen befriedigen ſollte; ſo machte er ſich um die Zeit des Eſſens ein Bewerbchen zu Herrn Schnitzer, ſagte ſeiner Frau gelegentlich etwas An- genehmes vor, und ſo gelang es ihm denn wohl, zum Eſſen eingeladen zu werden. Dieſes lehnte er nun wohl erſt hoͤflichſt ab; wenn ſie es nun aber nicht anders haben wollten; ſo bat er um Erlaub- niß, in der Wohnſtube der Madam ein paar Biſ- ſen zu ſich zu nehmen: denn an die Wirthstafel, wo er immer ein wenig geſchraubt wurde, war er nicht zu bringen; und das aus der ſehr gegruͤnde- ten Furcht, Johann Jacob, welcher alsdenn auch zugegen war, moͤchte, wenn er ſich gegen einige unbarmherzige Gaͤſte nicht gehoͤrig verantworten koͤnnte, und wohl gar aus der Faſſung gebracht und aufs Haupt geſchlagen wuͤrde, die hohe Mei- nung, die er immer von ihm hatte, etwas herun- terſtimmen.
Er ſelbſt behielt indeſſen dieſe hohe Meinung von ſich ſelbſt beſtaͤndig bei. Was fuͤr Demuͤthi- gungen ihm auch fort und fort wiederfahren moch- ten, ſo ertrug er ſie alle mit großer Gelaſſenheit, ließ ſich durch nichts in ſeiner wiſſenſchaftlichen Laufbahn irre machen, und begnuͤgte ſich mit dem Beifalle ſeines Publikums in der Tabagie.
Er
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uͤbrigen drei Tage in Verlegenheit kam, wie er ſei-
nen Magen befriedigen ſollte; ſo machte er ſich um
die Zeit des Eſſens ein Bewerbchen zu Herrn
Schnitzer, ſagte ſeiner Frau gelegentlich etwas An-
genehmes vor, und ſo gelang es ihm denn wohl,
zum Eſſen eingeladen zu werden. Dieſes lehnte er
nun wohl erſt hoͤflichſt ab; wenn ſie es nun aber
nicht anders haben wollten; ſo bat er um Erlaub-
niß, in der Wohnſtube der Madam ein paar Biſ-
ſen zu ſich zu nehmen: denn an die Wirthstafel,
wo er immer ein wenig geſchraubt wurde, war er
nicht zu bringen; und das aus der ſehr gegruͤnde-
ten Furcht, Johann Jacob, welcher alsdenn auch
zugegen war, moͤchte, wenn er ſich gegen einige
unbarmherzige Gaͤſte nicht gehoͤrig verantworten
koͤnnte, und wohl gar aus der Faſſung gebracht
und aufs Haupt geſchlagen wuͤrde, die hohe Mei-
nung, die er immer von ihm hatte, etwas herun-
terſtimmen.
Er ſelbſt behielt indeſſen dieſe hohe Meinung
von ſich ſelbſt beſtaͤndig bei. Was fuͤr Demuͤthi-
gungen ihm auch fort und fort wiederfahren moch-
ten, ſo ertrug er ſie alle mit großer Gelaſſenheit,
ließ ſich durch nichts in ſeiner wiſſenſchaftlichen
Laufbahn irre machen, und begnuͤgte ſich mit dem
Beifalle ſeines Publikums in der Tabagie.
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/19>, abgerufen am 21.11.2024.
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