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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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Verstand in dem alten Werke, und er habe lachen
müssen, da es ihm der einfältige Mann, der es
nicht zu schätzen wüßte, nur 10 Gr. geboten, und
hernach gar für einen halben Gulden gelassen hät-
te. Johann Jacob dankte seinem treuen Freunde
für diese Aufmerksamkeit, gab ihm den halben
Gulden mit Freuden, und setzte damit den armen
Magister in Stand, sich nach und nach das nöthi-
ge Papier zu seinen Scribeleien zu kaufen.

So hatte er unter andern ein Drama und ein
Trauerspiel geschrieben, deren Jnhalt ich, da sich
von beiden einige Exemplarien bey uns im Hause
herumtrieben, sehr wohl behalten habe; daher
ich auch den Lesern dieser Geschichte wenigstens ei-
nen Auszug aus dem ersten mittheilen kann. Es
wird sie nicht wundern, daß mir derselbe noch so
gut im Gedächtniß geblieben ist, wenn ich sage,
daß Magister Gottlob Heinrich Confuselius zwei
Jahre lang mein Jnformator, oder wie ihn mei-
ne Mutter durchaus genannt wissen wollte, mein
Hofmeister war, und ich mich die ganzen
zwei Jahr über an seinen Werken im Lesen
üben mußte.

Das erste Stück also führte den Titel:
Nothzüchtigung und Heirath aus
Zwang.
Der erste Act war bei einer Kupple-

rinn,

Verſtand in dem alten Werke, und er habe lachen
muͤſſen, da es ihm der einfaͤltige Mann, der es
nicht zu ſchaͤtzen wuͤßte, nur 10 Gr. geboten, und
hernach gar fuͤr einen halben Gulden gelaſſen haͤt-
te. Johann Jacob dankte ſeinem treuen Freunde
fuͤr dieſe Aufmerkſamkeit, gab ihm den halben
Gulden mit Freuden, und ſetzte damit den armen
Magiſter in Stand, ſich nach und nach das noͤthi-
ge Papier zu ſeinen Scribeleien zu kaufen.

So hatte er unter andern ein Drama und ein
Trauerſpiel geſchrieben, deren Jnhalt ich, da ſich
von beiden einige Exemplarien bey uns im Hauſe
herumtrieben, ſehr wohl behalten habe; daher
ich auch den Leſern dieſer Geſchichte wenigſtens ei-
nen Auszug aus dem erſten mittheilen kann. Es
wird ſie nicht wundern, daß mir derſelbe noch ſo
gut im Gedaͤchtniß geblieben iſt, wenn ich ſage,
daß Magiſter Gottlob Heinrich Confuſelius zwei
Jahre lang mein Jnformator, oder wie ihn mei-
ne Mutter durchaus genannt wiſſen wollte, mein
Hofmeiſter war, und ich mich die ganzen
zwei Jahr uͤber an ſeinen Werken im Leſen
uͤben mußte.

Das erſte Stuͤck alſo fuͤhrte den Titel:
Nothzuͤchtigung und Heirath aus
Zwang.
Der erſte Act war bei einer Kupple-

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[15/0021] Verſtand in dem alten Werke, und er habe lachen muͤſſen, da es ihm der einfaͤltige Mann, der es nicht zu ſchaͤtzen wuͤßte, nur 10 Gr. geboten, und hernach gar fuͤr einen halben Gulden gelaſſen haͤt- te. Johann Jacob dankte ſeinem treuen Freunde fuͤr dieſe Aufmerkſamkeit, gab ihm den halben Gulden mit Freuden, und ſetzte damit den armen Magiſter in Stand, ſich nach und nach das noͤthi- ge Papier zu ſeinen Scribeleien zu kaufen. So hatte er unter andern ein Drama und ein Trauerſpiel geſchrieben, deren Jnhalt ich, da ſich von beiden einige Exemplarien bey uns im Hauſe herumtrieben, ſehr wohl behalten habe; daher ich auch den Leſern dieſer Geſchichte wenigſtens ei- nen Auszug aus dem erſten mittheilen kann. Es wird ſie nicht wundern, daß mir derſelbe noch ſo gut im Gedaͤchtniß geblieben iſt, wenn ich ſage, daß Magiſter Gottlob Heinrich Confuſelius zwei Jahre lang mein Jnformator, oder wie ihn mei- ne Mutter durchaus genannt wiſſen wollte, mein Hofmeiſter war, und ich mich die ganzen zwei Jahr uͤber an ſeinen Werken im Leſen uͤben mußte. Das erſte Stuͤck alſo fuͤhrte den Titel: Nothzuͤchtigung und Heirath aus Zwang. Der erſte Act war bei einer Kupple- rinn,

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/21>, abgerufen am 23.11.2024.