Schon verschiedene mal hatte Madam Schni- tzerinn Lobeserhebungen und ein beifallvolles Hände- klatschen für diesen Gesang, welchen sie mit leicht- fertigen Mienen sang, und sich dabei über ihren Nigaud allein aufzuhalten glaubte, eingeärndtet, sie lachte dann, wenn die Andern über ihre un- richtige Aussprache der meisten Wörter und über den Jnhalt des Liedchens ein Hohngelächter begon- nen, beifällig mit, ohne daran zu denken, daß es ihr galt; ja sie sah sich auch mit unter aufgefordert, die im Liede gedachte Rache an Schnitzern zu neh- men, welches sie versprach, ohne eigentlich zu wis- sen, was sie versprochen hatte, und sah sie sich, wie die Medicenee sagen wollte, in die Nothwen- digkeit versetzt, dieses Versprechen zu erfüllen, welches aber weder Johann Jacob noch Baron Treff wissen mußte. Denn gewisse Handlungen der Liebe übte sie gern im Stillen aus.
Busch wäre mit seinen Büchern beinahe den guten Lehren der Fanchon und andrer liebenswür- diger Weltleute in die Quere gekommen. Er er- bot sich, Suschen mit Büchern zu versehn und über- brachte ihr einen Roman, dessen Heldinn die Sitt- samkeit und Sanftmuth selbst war. Er sagte ihr, daß er dieses Buch darum zuerst gewählt hätte, weil die Schilderung der Person dieser Heldinn ihn
an
Schon verſchiedene mal hatte Madam Schni- tzerinn Lobeserhebungen und ein beifallvolles Haͤnde- klatſchen fuͤr dieſen Geſang, welchen ſie mit leicht- fertigen Mienen ſang, und ſich dabei uͤber ihren Nigaud allein aufzuhalten glaubte, eingeaͤrndtet, ſie lachte dann, wenn die Andern uͤber ihre un- richtige Ausſprache der meiſten Woͤrter und uͤber den Jnhalt des Liedchens ein Hohngelaͤchter begon- nen, beifaͤllig mit, ohne daran zu denken, daß es ihr galt; ja ſie ſah ſich auch mit unter aufgefordert, die im Liede gedachte Rache an Schnitzern zu neh- men, welches ſie verſprach, ohne eigentlich zu wiſ- ſen, was ſie verſprochen hatte, und ſah ſie ſich, wie die Medicenee ſagen wollte, in die Nothwen- digkeit verſetzt, dieſes Verſprechen zu erfuͤllen, welches aber weder Johann Jacob noch Baron Treff wiſſen mußte. Denn gewiſſe Handlungen der Liebe uͤbte ſie gern im Stillen aus.
Buſch waͤre mit ſeinen Buͤchern beinahe den guten Lehren der Fanchon und andrer liebenswuͤr- diger Weltleute in die Quere gekommen. Er er- bot ſich, Suschen mit Buͤchern zu verſehn und uͤber- brachte ihr einen Roman, deſſen Heldinn die Sitt- ſamkeit und Sanftmuth ſelbſt war. Er ſagte ihr, daß er dieſes Buch darum zuerſt gewaͤhlt haͤtte, weil die Schilderung der Perſon dieſer Heldinn ihn
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Schon verſchiedene mal hatte Madam Schni-
tzerinn Lobeserhebungen und ein beifallvolles Haͤnde-
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fertigen Mienen ſang, und ſich dabei uͤber ihren
Nigaud allein aufzuhalten glaubte, eingeaͤrndtet,
ſie lachte dann, wenn die Andern uͤber ihre un-
richtige Ausſprache der meiſten Woͤrter und uͤber
den Jnhalt des Liedchens ein Hohngelaͤchter begon-
nen, beifaͤllig mit, ohne daran zu denken, daß es
ihr galt; ja ſie ſah ſich auch mit unter aufgefordert,
die im Liede gedachte Rache an Schnitzern zu neh-
men, welches ſie verſprach, ohne eigentlich zu wiſ-
ſen, was ſie verſprochen hatte, und ſah ſie ſich,
wie die Medicenee ſagen wollte, in die Nothwen-
digkeit verſetzt, dieſes Verſprechen zu erfuͤllen,
welches aber weder Johann Jacob noch Baron
Treff wiſſen mußte. Denn gewiſſe Handlungen
der Liebe uͤbte ſie gern im Stillen aus.
Buſch waͤre mit ſeinen Buͤchern beinahe den
guten Lehren der Fanchon und andrer liebenswuͤr-
diger Weltleute in die Quere gekommen. Er er-
bot ſich, Suschen mit Buͤchern zu verſehn und uͤber-
brachte ihr einen Roman, deſſen Heldinn die Sitt-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/293>, abgerufen am 21.11.2024.
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