Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
Delicatthun, Ueberlegen, Gerührtsein, und end-
lich Ueberwältigtwerden -- das alles, weil Al-
brecht glaubte, seine Sophie hätte in seiner Abwe-
senheit die Rechte des Ehemannes an ihren Vetter
überlassen. So was kommt bei Leuten, wie Treff,
Suschen und viel, recht sehr viel andre, gar nicht
in Erwägung. Treue, feste eheliche Treue ver-
langen die Vernünftigen unter den Thiermenschen
gar nicht von einander, es giebt zwar manchen nei-
dischen Ehemann und manche Frau unter ihnen, die
was sie selbst thun, nicht von ihren Gatten leiden
wollen, die galanten aber sind billiger, drücken die
Augen zu, oder sehn auch mit ofnen Augen zu und
scherzen darüber. Mir gefällt diese ungezwungene
Art, hingegen wird mir Zeit und Weile lang,
wenn ich von solchen romanmäsigen Vorgängen
höre, wie sie Sophien und Albrechten betrafen.
(Herr Celestin seufzte.)

Seiner dadurch bewiesenen Mißbilligung ohn-
erachtet bitte ich meine Leser, mir die Beschrei-
bung der übrigen schönen Sachen, die Herrn Ce-
lestin hingegen viel Freude machten, zu schenken
und damit vorwillen zu nehmen, wenn ichs kurz
fasse und ihnen berichte, daß Albrecht sein Weib
wieder heimführte, daß seine Eltern, wie sie alles
erwogen, auch damit zufrieden waren, daß Wil-
helm
B b 3
Delicatthun, Ueberlegen, Geruͤhrtſein, und end-
lich Ueberwaͤltigtwerden — das alles, weil Al-
brecht glaubte, ſeine Sophie haͤtte in ſeiner Abwe-
ſenheit die Rechte des Ehemannes an ihren Vetter
uͤberlaſſen. So was kommt bei Leuten, wie Treff,
Suschen und viel, recht ſehr viel andre, gar nicht
in Erwaͤgung. Treue, feſte eheliche Treue ver-
langen die Vernuͤnftigen unter den Thiermenſchen
gar nicht von einander, es giebt zwar manchen nei-
diſchen Ehemann und manche Frau unter ihnen, die
was ſie ſelbſt thun, nicht von ihren Gatten leiden
wollen, die galanten aber ſind billiger, druͤcken die
Augen zu, oder ſehn auch mit ofnen Augen zu und
ſcherzen daruͤber. Mir gefaͤllt dieſe ungezwungene
Art, hingegen wird mir Zeit und Weile lang,
wenn ich von ſolchen romanmaͤſigen Vorgaͤngen
hoͤre, wie ſie Sophien und Albrechten betrafen.
(Herr Celeſtin ſeufzte.)

Seiner dadurch bewieſenen Mißbilligung ohn-
erachtet bitte ich meine Leſer, mir die Beſchrei-
bung der uͤbrigen ſchoͤnen Sachen, die Herrn Ce-
leſtin hingegen viel Freude machten, zu ſchenken
und damit vorwillen zu nehmen, wenn ichs kurz
faſſe und ihnen berichte, daß Albrecht ſein Weib
wieder heimfuͤhrte, daß ſeine Eltern, wie ſie alles
erwogen, auch damit zufrieden waren, daß Wil-
helm
B b 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#FEL">
          <p><pb facs="#f0395" n="389"/>
Delicatthun, Ueberlegen, Geru&#x0364;hrt&#x017F;ein, und end-<lb/>
lich Ueberwa&#x0364;ltigtwerden &#x2014; das alles, weil Al-<lb/>
brecht glaubte, &#x017F;eine Sophie ha&#x0364;tte in &#x017F;einer Abwe-<lb/>
&#x017F;enheit die Rechte des Ehemannes an ihren Vetter<lb/>
u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;en. So was kommt bei Leuten, wie Treff,<lb/>
Suschen und viel, recht &#x017F;ehr viel andre, gar nicht<lb/>
in Erwa&#x0364;gung. Treue, fe&#x017F;te eheliche Treue ver-<lb/>
langen die Vernu&#x0364;nftigen unter den Thiermen&#x017F;chen<lb/>
gar nicht von einander, es giebt zwar manchen nei-<lb/>
di&#x017F;chen Ehemann und manche Frau unter ihnen, die<lb/>
was &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t thun, nicht von ihren Gatten leiden<lb/>
wollen, die galanten aber &#x017F;ind billiger, dru&#x0364;cken die<lb/>
Augen zu, oder &#x017F;ehn auch mit ofnen Augen zu und<lb/>
&#x017F;cherzen daru&#x0364;ber. Mir gefa&#x0364;llt die&#x017F;e ungezwungene<lb/>
Art, hingegen wird mir Zeit und Weile lang,<lb/>
wenn ich von &#x017F;olchen romanma&#x0364;&#x017F;igen Vorga&#x0364;ngen<lb/>
ho&#x0364;re, wie &#x017F;ie Sophien und Albrechten betrafen.<lb/>
(Herr Cele&#x017F;tin &#x017F;eufzte.)</p><lb/>
          <p>Seiner dadurch bewie&#x017F;enen Mißbilligung ohn-<lb/>
erachtet bitte ich meine Le&#x017F;er, mir die Be&#x017F;chrei-<lb/>
bung der u&#x0364;brigen &#x017F;cho&#x0364;nen Sachen, die Herrn Ce-<lb/>
le&#x017F;tin hingegen viel Freude machten, zu &#x017F;chenken<lb/>
und damit vorwillen zu nehmen, wenn ichs kurz<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;e und ihnen berichte, daß Albrecht &#x017F;ein Weib<lb/>
wieder heimfu&#x0364;hrte, daß &#x017F;eine Eltern, wie &#x017F;ie alles<lb/>
erwogen, auch damit zufrieden waren, daß Wil-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 3</fw><fw place="bottom" type="catch">helm</fw><lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0395] Delicatthun, Ueberlegen, Geruͤhrtſein, und end- lich Ueberwaͤltigtwerden — das alles, weil Al- brecht glaubte, ſeine Sophie haͤtte in ſeiner Abwe- ſenheit die Rechte des Ehemannes an ihren Vetter uͤberlaſſen. So was kommt bei Leuten, wie Treff, Suschen und viel, recht ſehr viel andre, gar nicht in Erwaͤgung. Treue, feſte eheliche Treue ver- langen die Vernuͤnftigen unter den Thiermenſchen gar nicht von einander, es giebt zwar manchen nei- diſchen Ehemann und manche Frau unter ihnen, die was ſie ſelbſt thun, nicht von ihren Gatten leiden wollen, die galanten aber ſind billiger, druͤcken die Augen zu, oder ſehn auch mit ofnen Augen zu und ſcherzen daruͤber. Mir gefaͤllt dieſe ungezwungene Art, hingegen wird mir Zeit und Weile lang, wenn ich von ſolchen romanmaͤſigen Vorgaͤngen hoͤre, wie ſie Sophien und Albrechten betrafen. (Herr Celeſtin ſeufzte.) Seiner dadurch bewieſenen Mißbilligung ohn- erachtet bitte ich meine Leſer, mir die Beſchrei- bung der uͤbrigen ſchoͤnen Sachen, die Herrn Ce- leſtin hingegen viel Freude machten, zu ſchenken und damit vorwillen zu nehmen, wenn ichs kurz faſſe und ihnen berichte, daß Albrecht ſein Weib wieder heimfuͤhrte, daß ſeine Eltern, wie ſie alles erwogen, auch damit zufrieden waren, daß Wil- helm B b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/395
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/395>, abgerufen am 27.11.2024.