Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

ben würde, um beim Abschied einige Zeit gegen das
Darben geborgen zu sein, wollte er seinen quaalvol-
len Zustand verlassen. Dies war er in der That;
mit aller Kunst zu erfinden, welche bei mir mit den
Jahren immer vollkommner wurde, und im neun-
ten Jahre, wo ich jetzt stand, schon bewunderns-
würdig groß war, sann ich beständig auf Mittel,
ihn zu ärgern und zu quälen, so daß er sich auf
die Geduld und Standhaftigkeit eines Märtyrers
befleißigen mußte, um seinem Vorsatz treu zu
bleiben.

Meine Mutter hatte während unsers Aufent-
halts im Bade über die Gegend, wo sie künftig
ihre Hütte aufschlagen wollte, vielfältig nachge-
dacht. Einer der neuen Bekannten, die sie dort
bekam, schlug ihr ein schönes Ritterguth vor, wel-
ches in seiner Nachbarschaft zu verkaufen wäre,
und da dies nicht außer meinem Vaterlande war,
daß also keine Kosten, wie beim Versetzen des Gel-
des in eine andere Proviuz, entstehen konnten, so
reiste sie hin, besah das Guth, ward Handels eins,
und blieb, bis sie ihren Einzug halten konnte, in
einer nahen Stadt. Null ward nach * * * ge-
sandt, um ihre Sachen zu berichtigen und bekannt
zu machen, daß sie ihre dortigen Besitzungen ver-
kaufen wollte, auch sollte er ihre Meublen trans-

porti-
2 r Theil. J

ben wuͤrde, um beim Abſchied einige Zeit gegen das
Darben geborgen zu ſein, wollte er ſeinen quaalvol-
len Zuſtand verlaſſen. Dies war er in der That;
mit aller Kunſt zu erfinden, welche bei mir mit den
Jahren immer vollkommner wurde, und im neun-
ten Jahre, wo ich jetzt ſtand, ſchon bewunderns-
wuͤrdig groß war, ſann ich beſtaͤndig auf Mittel,
ihn zu aͤrgern und zu quaͤlen, ſo daß er ſich auf
die Geduld und Standhaftigkeit eines Maͤrtyrers
befleißigen mußte, um ſeinem Vorſatz treu zu
bleiben.

Meine Mutter hatte waͤhrend unſers Aufent-
halts im Bade uͤber die Gegend, wo ſie kuͤnftig
ihre Huͤtte aufſchlagen wollte, vielfaͤltig nachge-
dacht. Einer der neuen Bekannten, die ſie dort
bekam, ſchlug ihr ein ſchoͤnes Ritterguth vor, wel-
ches in ſeiner Nachbarſchaft zu verkaufen waͤre,
und da dies nicht außer meinem Vaterlande war,
daß alſo keine Koſten, wie beim Verſetzen des Gel-
des in eine andere Proviuz, entſtehen konnten, ſo
reiſte ſie hin, beſah das Guth, ward Handels eins,
und blieb, bis ſie ihren Einzug halten konnte, in
einer nahen Stadt. Null ward nach * * * ge-
ſandt, um ihre Sachen zu berichtigen und bekannt
zu machen, daß ſie ihre dortigen Beſitzungen ver-
kaufen wollte, auch ſollte er ihre Meublen trans-

porti-
2 r Theil. J
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="129"/>
ben wu&#x0364;rde, um beim Ab&#x017F;chied einige Zeit gegen das<lb/>
Darben geborgen zu &#x017F;ein, wollte er &#x017F;einen quaalvol-<lb/>
len Zu&#x017F;tand verla&#x017F;&#x017F;en. Dies war er in der That;<lb/>
mit aller Kun&#x017F;t zu erfinden, welche bei mir mit den<lb/>
Jahren immer vollkommner wurde, und im neun-<lb/>
ten Jahre, wo ich jetzt &#x017F;tand, &#x017F;chon bewunderns-<lb/>
wu&#x0364;rdig groß war, &#x017F;ann ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig auf Mittel,<lb/>
ihn zu a&#x0364;rgern und zu qua&#x0364;len, &#x017F;o daß er &#x017F;ich auf<lb/>
die Geduld und Standhaftigkeit eines Ma&#x0364;rtyrers<lb/>
befleißigen mußte, um &#x017F;einem Vor&#x017F;atz treu zu<lb/>
bleiben.</p><lb/>
        <p>Meine Mutter hatte wa&#x0364;hrend un&#x017F;ers Aufent-<lb/>
halts im Bade u&#x0364;ber die Gegend, wo &#x017F;ie ku&#x0364;nftig<lb/>
ihre Hu&#x0364;tte auf&#x017F;chlagen wollte, vielfa&#x0364;ltig nachge-<lb/>
dacht. Einer der neuen Bekannten, die &#x017F;ie dort<lb/>
bekam, &#x017F;chlug ihr ein &#x017F;cho&#x0364;nes Ritterguth vor, wel-<lb/>
ches in &#x017F;einer Nachbar&#x017F;chaft zu verkaufen wa&#x0364;re,<lb/>
und da dies nicht außer meinem Vaterlande war,<lb/>
daß al&#x017F;o keine Ko&#x017F;ten, wie beim Ver&#x017F;etzen des Gel-<lb/>
des in eine andere Proviuz, ent&#x017F;tehen konnten, &#x017F;o<lb/>
rei&#x017F;te &#x017F;ie hin, be&#x017F;ah das Guth, ward Handels eins,<lb/>
und blieb, bis &#x017F;ie ihren Einzug halten konnte, in<lb/>
einer nahen Stadt. Null ward nach * * * ge-<lb/>
&#x017F;andt, um ihre Sachen zu berichtigen und bekannt<lb/>
zu machen, daß &#x017F;ie ihre dortigen Be&#x017F;itzungen ver-<lb/>
kaufen wollte, auch &#x017F;ollte er ihre Meublen trans-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">2 r <hi rendition="#g">Theil</hi>. J</fw><fw place="bottom" type="catch">porti-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0133] ben wuͤrde, um beim Abſchied einige Zeit gegen das Darben geborgen zu ſein, wollte er ſeinen quaalvol- len Zuſtand verlaſſen. Dies war er in der That; mit aller Kunſt zu erfinden, welche bei mir mit den Jahren immer vollkommner wurde, und im neun- ten Jahre, wo ich jetzt ſtand, ſchon bewunderns- wuͤrdig groß war, ſann ich beſtaͤndig auf Mittel, ihn zu aͤrgern und zu quaͤlen, ſo daß er ſich auf die Geduld und Standhaftigkeit eines Maͤrtyrers befleißigen mußte, um ſeinem Vorſatz treu zu bleiben. Meine Mutter hatte waͤhrend unſers Aufent- halts im Bade uͤber die Gegend, wo ſie kuͤnftig ihre Huͤtte aufſchlagen wollte, vielfaͤltig nachge- dacht. Einer der neuen Bekannten, die ſie dort bekam, ſchlug ihr ein ſchoͤnes Ritterguth vor, wel- ches in ſeiner Nachbarſchaft zu verkaufen waͤre, und da dies nicht außer meinem Vaterlande war, daß alſo keine Koſten, wie beim Verſetzen des Gel- des in eine andere Proviuz, entſtehen konnten, ſo reiſte ſie hin, beſah das Guth, ward Handels eins, und blieb, bis ſie ihren Einzug halten konnte, in einer nahen Stadt. Null ward nach * * * ge- ſandt, um ihre Sachen zu berichtigen und bekannt zu machen, daß ſie ihre dortigen Beſitzungen ver- kaufen wollte, auch ſollte er ihre Meublen trans- porti- 2 r Theil. J

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/133
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/133>, abgerufen am 14.05.2024.