setzte hinzu, es wäre ein ärmlicher Stolz, sich zu Vornehmern drängen zu wollen, und dadurch, daß man Leute seines Standes hintansetzte gleichsam sich selbst zu verringern, aber er ließ doch nun alles gehen, wie es Suschen wollte. So wurden also, da Herr und Frau von Treff abwesend waren, ein anderer Cavalier und eine verwitwete Regierungs- räthinn, (versteht sich, daß sie aus dem Treffischen Zirkel waren) gebethen, mich aus der Taufe zu heben. Der dritte Taufzeuge must denn freilich Oncle Peter sein, der auch so höflich war, sich um der vornehmen Mitgevattern willen ein neues Kleid und eine Knotenperüke machen zu lassen.
Er hatte dazu Zeit, denn ich wurde erst den neunten Tag nach meiner Erscheinung getauft. Johann Jacob seufzte und Peter brummte darüber, sie meinten, solch ein leichtsinniges Aufschieben der Taufe wäre fast unverantwortlich; aber die Wöchnerinn erhielt dadurch, daß sie sehr kränklich that, die Erlaubnis von Petern, (denn Johann Jacob muste, wie wir wissen, alles wollen, was sie beschloß,) die Kindtaufe neun Tage zu verschie- ben; länger aber durfte sie es nicht wagen, obwohl sie gern unter drei Wochen nicht in dieses Fest ge- williget hätte, da sie hörte, daß bei großen Herr- schaften erst nach drei Wochen getauft würde. Sie
muste
ſetzte hinzu, es waͤre ein aͤrmlicher Stolz, ſich zu Vornehmern draͤngen zu wollen, und dadurch, daß man Leute ſeines Standes hintanſetzte gleichſam ſich ſelbſt zu verringern, aber er ließ doch nun alles gehen, wie es Suschen wollte. So wurden alſo, da Herr und Frau von Treff abweſend waren, ein anderer Cavalier und eine verwitwete Regierungs- raͤthinn, (verſteht ſich, daß ſie aus dem Treffiſchen Zirkel waren) gebethen, mich aus der Taufe zu heben. Der dritte Taufzeuge muſt denn freilich Oncle Peter ſein, der auch ſo hoͤflich war, ſich um der vornehmen Mitgevattern willen ein neues Kleid und eine Knotenperuͤke machen zu laſſen.
Er hatte dazu Zeit, denn ich wurde erſt den neunten Tag nach meiner Erſcheinung getauft. Johann Jacob ſeufzte und Peter brummte daruͤber, ſie meinten, ſolch ein leichtſinniges Aufſchieben der Taufe waͤre faſt unverantwortlich; aber die Woͤchnerinn erhielt dadurch, daß ſie ſehr kraͤnklich that, die Erlaubnis von Petern, (denn Johann Jacob muſte, wie wir wiſſen, alles wollen, was ſie beſchloß,) die Kindtaufe neun Tage zu verſchie- ben; laͤnger aber durfte ſie es nicht wagen, obwohl ſie gern unter drei Wochen nicht in dieſes Feſt ge- williget haͤtte, da ſie hoͤrte, daß bei großen Herr- ſchaften erſt nach drei Wochen getauft wuͤrde. Sie
muſte
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ſetzte hinzu, es waͤre ein aͤrmlicher Stolz, ſich zu
Vornehmern draͤngen zu wollen, und dadurch, daß
man Leute ſeines Standes hintanſetzte gleichſam
ſich ſelbſt zu verringern, aber er ließ doch nun alles
gehen, wie es Suschen wollte. So wurden alſo,
da Herr und Frau von Treff abweſend waren, ein
anderer Cavalier und eine verwitwete Regierungs-
raͤthinn, (verſteht ſich, daß ſie aus dem Treffiſchen
Zirkel waren) gebethen, mich aus der Taufe zu
heben. Der dritte Taufzeuge muſt denn freilich
Oncle Peter ſein, der auch ſo hoͤflich war, ſich um
der vornehmen Mitgevattern willen ein neues Kleid
und eine Knotenperuͤke machen zu laſſen.
Er hatte dazu Zeit, denn ich wurde erſt den
neunten Tag nach meiner Erſcheinung getauft.
Johann Jacob ſeufzte und Peter brummte daruͤber,
ſie meinten, ſolch ein leichtſinniges Aufſchieben
der Taufe waͤre faſt unverantwortlich; aber die
Woͤchnerinn erhielt dadurch, daß ſie ſehr kraͤnklich
that, die Erlaubnis von Petern, (denn Johann
Jacob muſte, wie wir wiſſen, alles wollen, was
ſie beſchloß,) die Kindtaufe neun Tage zu verſchie-
ben; laͤnger aber durfte ſie es nicht wagen, obwohl
ſie gern unter drei Wochen nicht in dieſes Feſt ge-
williget haͤtte, da ſie hoͤrte, daß bei großen Herr-
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/14>, abgerufen am 21.11.2024.
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