muste sich überhaupt jetzt vieles gefallen lassen, was ihr eigentlich zuwider war. Unter andern verdroß es sie nicht schlecht, daß sie nur drei, und nicht wie die Adelichen, so viel Gevattern, als sie woll- te, nehmen durfte, wie auch, daß die Handlung in der Kirche geschehen muste, und nicht wie bei je- nen im Hause perrichtet werden durfte.
Was sonst möglich war, um etwas von an- dern Bürgerlichen Abgesondertes zu haben, wurde sorgfältig beobachtet. Suschen schien mehr eine gräfliche als bürgerliche Wöchnerinn zu sein, so elegant war Zimmer und Anzug, da sie aber bereits mit der Fanchon zerfallen war, und doch schon wieder manches vergessen hatte was zum guten Ton gehörte oder wenigstens, wie immer geschah, mit unter in ihrer Art zu sprechen und sich zu betra- gen in den von Jugend auf gewohnten einschlug, lief verschiedenes mit unter, worüber sich die Re- gierungsräthin heimlich halb todt lachte, besonders weil der ehrliche Peter auch die Honeurs machen wollte und sich dabei benahm, wie es ihm von den Kindtaufen, denen er auf dem Lande beige- wohnt, erinnerlich war, wobei denn auch man- cher Spaß, so recht nach Bierstuben-Art vor- kam. Dieß aber verdroß auch meine Mutter, und um zu beweißen, wie unanständig sie es fand, zupfte
sie
muſte ſich uͤberhaupt jetzt vieles gefallen laſſen, was ihr eigentlich zuwider war. Unter andern verdroß es ſie nicht ſchlecht, daß ſie nur drei, und nicht wie die Adelichen, ſo viel Gevattern, als ſie woll- te, nehmen durfte, wie auch, daß die Handlung in der Kirche geſchehen muſte, und nicht wie bei je- nen im Hauſe perrichtet werden durfte.
Was ſonſt moͤglich war, um etwas von an- dern Buͤrgerlichen Abgeſondertes zu haben, wurde ſorgfaͤltig beobachtet. Suschen ſchien mehr eine graͤfliche als buͤrgerliche Woͤchnerinn zu ſein, ſo elegant war Zimmer und Anzug, da ſie aber bereits mit der Fanchon zerfallen war, und doch ſchon wieder manches vergeſſen hatte was zum guten Ton gehoͤrte oder wenigſtens, wie immer geſchah, mit unter in ihrer Art zu ſprechen und ſich zu betra- gen in den von Jugend auf gewohnten einſchlug, lief verſchiedenes mit unter, woruͤber ſich die Re- gierungsraͤthin heimlich halb todt lachte, beſonders weil der ehrliche Peter auch die Honeurs machen wollte und ſich dabei benahm, wie es ihm von den Kindtaufen, denen er auf dem Lande beige- wohnt, erinnerlich war, wobei denn auch man- cher Spaß, ſo recht nach Bierſtuben-Art vor- kam. Dieß aber verdroß auch meine Mutter, und um zu beweißen, wie unanſtaͤndig ſie es fand, zupfte
ſie
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muſte ſich uͤberhaupt jetzt vieles gefallen laſſen, was
ihr eigentlich zuwider war. Unter andern verdroß
es ſie nicht ſchlecht, daß ſie nur drei, und nicht
wie die Adelichen, ſo viel Gevattern, als ſie woll-
te, nehmen durfte, wie auch, daß die Handlung
in der Kirche geſchehen muſte, und nicht wie bei je-
nen im Hauſe perrichtet werden durfte.
Was ſonſt moͤglich war, um etwas von an-
dern Buͤrgerlichen Abgeſondertes zu haben, wurde
ſorgfaͤltig beobachtet. Suschen ſchien mehr eine
graͤfliche als buͤrgerliche Woͤchnerinn zu ſein, ſo
elegant war Zimmer und Anzug, da ſie aber bereits
mit der Fanchon zerfallen war, und doch ſchon
wieder manches vergeſſen hatte was zum guten Ton
gehoͤrte oder wenigſtens, wie immer geſchah, mit
unter in ihrer Art zu ſprechen und ſich zu betra-
gen in den von Jugend auf gewohnten einſchlug,
lief verſchiedenes mit unter, woruͤber ſich die Re-
gierungsraͤthin heimlich halb todt lachte, beſonders
weil der ehrliche Peter auch die Honeurs machen
wollte und ſich dabei benahm, wie es ihm von
den Kindtaufen, denen er auf dem Lande beige-
wohnt, erinnerlich war, wobei denn auch man-
cher Spaß, ſo recht nach Bierſtuben-Art vor-
kam. Dieß aber verdroß auch meine Mutter, und
um zu beweißen, wie unanſtaͤndig ſie es fand, zupfte
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/15>, abgerufen am 21.11.2024.
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