Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

heim und im Dunkeln eine Parthie Eis bringen.
Er mußte es in nicht allzugroße spitzige Stücken
zerschlagen, und so lange in Verwahrung behalten-
bis wir beim Abendessen saßen. Kaum war die
Suppe verzehrt, als ich hinaus lief, (welche Frei-
heit ich mir nahm, so oft es mir beliebte,) und
nebst meinem Gehülfen nach der Schulstube schlich.
Null trug zwar den Schlüssel bei sich, aber da ich
immer bei solchen Expeditionen an alles dachte, so
hatte ich mich schon vor Tische mit dem Haupt-
schlüssel versorgt. Nun thürmten wir die Eisstücke
neben einander unter das Bettuch dicht an einan-
der auf, so daß die spitzigen Theile alle oberwärts
standen, und mit diesen kleinen Felsen-ähnlichen
Bruchstücken bedeckten wir den Raum des Bettes,
auf den Nullens Hinterkastell beim Niederlegen zu
liegen kam, über und über. Er hatte, wenn er zu
Bette gieng, die Gewohnheit, das Deckbette bis zu
den Füßen hinunter umzuschlagen, dann unten ins
Bett zu treten, die Zipfel der Zudecke in beide Hän-
de zu nehmen, und mit ihnen sich zurück zu werfen.
Dies alles geschah in der größten Geschwindigkeit
und war mir bekannt, weshalb ich mich auf den
Effekt, den meine Eisspitzen machen würden, desto
mehr freute.

Es

heim und im Dunkeln eine Parthie Eis bringen.
Er mußte es in nicht allzugroße ſpitzige Stuͤcken
zerſchlagen, und ſo lange in Verwahrung behalten-
bis wir beim Abendeſſen ſaßen. Kaum war die
Suppe verzehrt, als ich hinaus lief, (welche Frei-
heit ich mir nahm, ſo oft es mir beliebte,) und
nebſt meinem Gehuͤlfen nach der Schulſtube ſchlich.
Null trug zwar den Schluͤſſel bei ſich, aber da ich
immer bei ſolchen Expeditionen an alles dachte, ſo
hatte ich mich ſchon vor Tiſche mit dem Haupt-
ſchluͤſſel verſorgt. Nun thuͤrmten wir die Eisſtuͤcke
neben einander unter das Bettuch dicht an einan-
der auf, ſo daß die ſpitzigen Theile alle oberwaͤrts
ſtanden, und mit dieſen kleinen Felſen-aͤhnlichen
Bruchſtuͤcken bedeckten wir den Raum des Bettes,
auf den Nullens Hinterkaſtell beim Niederlegen zu
liegen kam, uͤber und uͤber. Er hatte, wenn er zu
Bette gieng, die Gewohnheit, das Deckbette bis zu
den Fuͤßen hinunter umzuſchlagen, dann unten ins
Bett zu treten, die Zipfel der Zudecke in beide Haͤn-
de zu nehmen, und mit ihnen ſich zuruͤck zu werfen.
Dies alles geſchah in der groͤßten Geſchwindigkeit
und war mir bekannt, weshalb ich mich auf den
Effekt, den meine Eisſpitzen machen wuͤrden, deſto
mehr freute.

Es
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0143" n="139"/>
heim und im Dunkeln eine Parthie Eis bringen.<lb/>
Er mußte es in nicht allzugroße &#x017F;pitzige Stu&#x0364;cken<lb/>
zer&#x017F;chlagen, und &#x017F;o lange in Verwahrung behalten-<lb/>
bis wir beim Abende&#x017F;&#x017F;en &#x017F;aßen. Kaum war die<lb/>
Suppe verzehrt, als ich hinaus lief, (welche Frei-<lb/>
heit ich mir nahm, &#x017F;o oft es mir beliebte,) und<lb/>
neb&#x017F;t meinem Gehu&#x0364;lfen nach der Schul&#x017F;tube &#x017F;chlich.<lb/>
Null trug zwar den Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el bei &#x017F;ich, aber da ich<lb/>
immer bei &#x017F;olchen Expeditionen an alles dachte, &#x017F;o<lb/>
hatte ich mich &#x017F;chon vor Ti&#x017F;che mit dem Haupt-<lb/>
&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el ver&#x017F;orgt. Nun thu&#x0364;rmten wir die Eis&#x017F;tu&#x0364;cke<lb/>
neben einander unter das Bettuch dicht an einan-<lb/>
der auf, &#x017F;o daß die &#x017F;pitzigen Theile alle oberwa&#x0364;rts<lb/>
&#x017F;tanden, und mit die&#x017F;en kleinen Fel&#x017F;en-a&#x0364;hnlichen<lb/>
Bruch&#x017F;tu&#x0364;cken bedeckten wir den Raum des Bettes,<lb/>
auf den Nullens Hinterka&#x017F;tell beim Niederlegen zu<lb/>
liegen kam, u&#x0364;ber und u&#x0364;ber. Er hatte, wenn er zu<lb/>
Bette gieng, die Gewohnheit, das Deckbette bis zu<lb/>
den Fu&#x0364;ßen hinunter umzu&#x017F;chlagen, dann unten ins<lb/>
Bett zu treten, die Zipfel der Zudecke in beide Ha&#x0364;n-<lb/>
de zu nehmen, und mit ihnen &#x017F;ich zuru&#x0364;ck zu werfen.<lb/>
Dies alles ge&#x017F;chah in der gro&#x0364;ßten Ge&#x017F;chwindigkeit<lb/>
und war mir bekannt, weshalb ich mich auf den<lb/>
Effekt, den meine Eis&#x017F;pitzen machen wu&#x0364;rden, de&#x017F;to<lb/>
mehr freute.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[139/0143] heim und im Dunkeln eine Parthie Eis bringen. Er mußte es in nicht allzugroße ſpitzige Stuͤcken zerſchlagen, und ſo lange in Verwahrung behalten- bis wir beim Abendeſſen ſaßen. Kaum war die Suppe verzehrt, als ich hinaus lief, (welche Frei- heit ich mir nahm, ſo oft es mir beliebte,) und nebſt meinem Gehuͤlfen nach der Schulſtube ſchlich. Null trug zwar den Schluͤſſel bei ſich, aber da ich immer bei ſolchen Expeditionen an alles dachte, ſo hatte ich mich ſchon vor Tiſche mit dem Haupt- ſchluͤſſel verſorgt. Nun thuͤrmten wir die Eisſtuͤcke neben einander unter das Bettuch dicht an einan- der auf, ſo daß die ſpitzigen Theile alle oberwaͤrts ſtanden, und mit dieſen kleinen Felſen-aͤhnlichen Bruchſtuͤcken bedeckten wir den Raum des Bettes, auf den Nullens Hinterkaſtell beim Niederlegen zu liegen kam, uͤber und uͤber. Er hatte, wenn er zu Bette gieng, die Gewohnheit, das Deckbette bis zu den Fuͤßen hinunter umzuſchlagen, dann unten ins Bett zu treten, die Zipfel der Zudecke in beide Haͤn- de zu nehmen, und mit ihnen ſich zuruͤck zu werfen. Dies alles geſchah in der groͤßten Geſchwindigkeit und war mir bekannt, weshalb ich mich auf den Effekt, den meine Eisſpitzen machen wuͤrden, deſto mehr freute. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/143
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/143>, abgerufen am 14.05.2024.