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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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gäbe, er sein Mädchen dadurch auf immer los wer-
den könnte. Wir sprachen hierüber ein langes und
breites, und das eben nicht sehr leise. Gleich mor-
gen früh, sagte Pelz, will ich Sabinen auszahlen,
und sie muß machen, daß -- hier ward am Schlosse
der Thür gedreht, wir hatten inwendig verriegelt,
aber mit Ungestüm wurde die Thür forcirt, der
Riegel sprang ab, und vor uns stand meine Mut-
ter, welche von Jetten benachrichtigt und ersucht
worden war, sich selbst zu überführen.

Sie schrie diesmal nicht, fuhr nicht auf, son-
dern bemächtigte sich des Geldes, wovon wir schon
eine Parthie aufgezählt hatten, die sie wieder in
die Chatonlle warf. Diese nahm sie in aller Ge-
lassenheit unter den Arm, und sagte dann, sich an
Pelzen wendend: Nichtswürdiger Kerl, dazu führt
er meinen Sohn an? morgen, daß ers nur weis,
laß ich ihn ins Hundeloch stecken. Mit diesem
Versprechen verließ sie das Zimmer, rufte mich aber,
da sie schon die Treppe erreicht hatte, und ich gieng
ohne alle Furcht nach, denn nun es einmal heraus
war, beschloß ich, den umständlichern Bericht der
Sache so abzustatten, daß ich schuldlos dabei schien.
Dies geschah denn auch, ganz unbefangen beglei-
tete ich die Mutter in ihr Zimmer, und erzählte,
wie Pelz mir zugesetzt hätte, ihm das Geld zu ver-

schaffen,

gaͤbe, er ſein Maͤdchen dadurch auf immer los wer-
den koͤnnte. Wir ſprachen hieruͤber ein langes und
breites, und das eben nicht ſehr leiſe. Gleich mor-
gen fruͤh, ſagte Pelz, will ich Sabinen auszahlen,
und ſie muß machen, daß — hier ward am Schloſſe
der Thuͤr gedreht, wir hatten inwendig verriegelt,
aber mit Ungeſtuͤm wurde die Thuͤr forcirt, der
Riegel ſprang ab, und vor uns ſtand meine Mut-
ter, welche von Jetten benachrichtigt und erſucht
worden war, ſich ſelbſt zu uͤberfuͤhren.

Sie ſchrie diesmal nicht, fuhr nicht auf, ſon-
dern bemaͤchtigte ſich des Geldes, wovon wir ſchon
eine Parthie aufgezaͤhlt hatten, die ſie wieder in
die Chatonlle warf. Dieſe nahm ſie in aller Ge-
laſſenheit unter den Arm, und ſagte dann, ſich an
Pelzen wendend: Nichtswuͤrdiger Kerl, dazu fuͤhrt
er meinen Sohn an? morgen, daß ers nur weis,
laß ich ihn ins Hundeloch ſtecken. Mit dieſem
Verſprechen verließ ſie das Zimmer, rufte mich aber,
da ſie ſchon die Treppe erreicht hatte, und ich gieng
ohne alle Furcht nach, denn nun es einmal heraus
war, beſchloß ich, den umſtaͤndlichern Bericht der
Sache ſo abzuſtatten, daß ich ſchuldlos dabei ſchien.
Dies geſchah denn auch, ganz unbefangen beglei-
tete ich die Mutter in ihr Zimmer, und erzaͤhlte,
wie Pelz mir zugeſetzt haͤtte, ihm das Geld zu ver-

ſchaffen,
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[174/0178] gaͤbe, er ſein Maͤdchen dadurch auf immer los wer- den koͤnnte. Wir ſprachen hieruͤber ein langes und breites, und das eben nicht ſehr leiſe. Gleich mor- gen fruͤh, ſagte Pelz, will ich Sabinen auszahlen, und ſie muß machen, daß — hier ward am Schloſſe der Thuͤr gedreht, wir hatten inwendig verriegelt, aber mit Ungeſtuͤm wurde die Thuͤr forcirt, der Riegel ſprang ab, und vor uns ſtand meine Mut- ter, welche von Jetten benachrichtigt und erſucht worden war, ſich ſelbſt zu uͤberfuͤhren. Sie ſchrie diesmal nicht, fuhr nicht auf, ſon- dern bemaͤchtigte ſich des Geldes, wovon wir ſchon eine Parthie aufgezaͤhlt hatten, die ſie wieder in die Chatonlle warf. Dieſe nahm ſie in aller Ge- laſſenheit unter den Arm, und ſagte dann, ſich an Pelzen wendend: Nichtswuͤrdiger Kerl, dazu fuͤhrt er meinen Sohn an? morgen, daß ers nur weis, laß ich ihn ins Hundeloch ſtecken. Mit dieſem Verſprechen verließ ſie das Zimmer, rufte mich aber, da ſie ſchon die Treppe erreicht hatte, und ich gieng ohne alle Furcht nach, denn nun es einmal heraus war, beſchloß ich, den umſtaͤndlichern Bericht der Sache ſo abzuſtatten, daß ich ſchuldlos dabei ſchien. Dies geſchah denn auch, ganz unbefangen beglei- tete ich die Mutter in ihr Zimmer, und erzaͤhlte, wie Pelz mir zugeſetzt haͤtte, ihm das Geld zu ver- ſchaffen,

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/178>, abgerufen am 24.11.2024.