Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Meine Mutter hatte einen Verfahrungsplan
für den folgenden Tag gemacht, zu welchem es ge-
hörte, Jetten bei Gutem zu erhalten, sie glaubte
also ihre Entschuldigung, und versetzte: was hätte
sie denn auch sonst sagen wollen, sie selbst hat keine
Kinder, und auf mich kann sie nicht zielen, denn ich
gebe dir kein schlechtes Exempel. Sie wird sich
auch nicht unterstehen, so was auf mich zu den-
ken, denn bisdato ist sie vernünftig -- warte sie,
ich muß ihr doch ein Douceur geben, daß sie mir
meinen Dieb angezeigt und mir wieder zu meinem
Geld geholfen hat -- da -- Aber du, Fritze, nimm
ein Exempel, und laß dich nicht mehr verleiten --
du lieber Gott, er hats aus Mitleiden gethan,
solche Kinder verstehens nicht besser, sie wollen nur
immer nach ihren guten Herzen handeln.

Nach dieser Einleitung ward ich in ein Cabinet
neben der Schlafstube logirt, und dachte, da ich
mich in das Bett legte, welches zuweilen ein guter
Freund meiner Mutter einnahm, an Mariechen,
meine kleine Schöne im Dorfe.

Am folgenden Morgen erklärte sichs, daß mein
theurer Herr Hofmeister das Weite gesucht, und,
um nicht leer zu gehen, nicht nur das Seinige
mitgenommen hatte, sondern auch alles, was mir
gehörte, und was er sonst von einigem Wertb

hatte

Meine Mutter hatte einen Verfahrungsplan
fuͤr den folgenden Tag gemacht, zu welchem es ge-
hoͤrte, Jetten bei Gutem zu erhalten, ſie glaubte
alſo ihre Entſchuldigung, und verſetzte: was haͤtte
ſie denn auch ſonſt ſagen wollen, ſie ſelbſt hat keine
Kinder, und auf mich kann ſie nicht zielen, denn ich
gebe dir kein ſchlechtes Exempel. Sie wird ſich
auch nicht unterſtehen, ſo was auf mich zu den-
ken, denn bisdato iſt ſie vernuͤnftig — warte ſie,
ich muß ihr doch ein Douceur geben, daß ſie mir
meinen Dieb angezeigt und mir wieder zu meinem
Geld geholfen hat — da — Aber du, Fritze, nimm
ein Exempel, und laß dich nicht mehr verleiten —
du lieber Gott, er hats aus Mitleiden gethan,
ſolche Kinder verſtehens nicht beſſer, ſie wollen nur
immer nach ihren guten Herzen handeln.

Nach dieſer Einleitung ward ich in ein Cabinet
neben der Schlafſtube logirt, und dachte, da ich
mich in das Bett legte, welches zuweilen ein guter
Freund meiner Mutter einnahm, an Mariechen,
meine kleine Schoͤne im Dorfe.

Am folgenden Morgen erklaͤrte ſichs, daß mein
theurer Herr Hofmeiſter das Weite geſucht, und,
um nicht leer zu gehen, nicht nur das Seinige
mitgenommen hatte, ſondern auch alles, was mir
gehoͤrte, und was er ſonſt von einigem Wertb

hatte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0180" n="176"/>
        <p>Meine Mutter hatte einen Verfahrungsplan<lb/>
fu&#x0364;r den folgenden Tag gemacht, zu welchem es ge-<lb/>
ho&#x0364;rte, Jetten bei Gutem zu erhalten, &#x017F;ie glaubte<lb/>
al&#x017F;o ihre Ent&#x017F;chuldigung, und ver&#x017F;etzte: was ha&#x0364;tte<lb/>
&#x017F;ie denn auch &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;agen wollen, &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t hat keine<lb/>
Kinder, und auf mich kann &#x017F;ie nicht zielen, denn ich<lb/>
gebe dir kein &#x017F;chlechtes Exempel. Sie wird &#x017F;ich<lb/>
auch nicht unter&#x017F;tehen, &#x017F;o was auf mich zu den-<lb/>
ken, denn bisdato i&#x017F;t &#x017F;ie vernu&#x0364;nftig &#x2014; warte &#x017F;ie,<lb/>
ich muß ihr doch ein Douceur geben, daß &#x017F;ie mir<lb/>
meinen Dieb angezeigt und mir wieder zu meinem<lb/>
Geld geholfen hat &#x2014; da &#x2014; Aber du, Fritze, nimm<lb/>
ein Exempel, und laß dich nicht mehr verleiten &#x2014;<lb/>
du lieber Gott, er hats aus Mitleiden gethan,<lb/>
&#x017F;olche Kinder ver&#x017F;tehens nicht be&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ie wollen nur<lb/>
immer nach ihren guten Herzen handeln.</p><lb/>
        <p>Nach die&#x017F;er Einleitung ward ich in ein Cabinet<lb/>
neben der Schlaf&#x017F;tube logirt, und dachte, da ich<lb/>
mich in das Bett legte, welches zuweilen ein guter<lb/>
Freund meiner Mutter einnahm, an Mariechen,<lb/>
meine kleine Scho&#x0364;ne im Dorfe.</p><lb/>
        <p>Am folgenden Morgen erkla&#x0364;rte &#x017F;ichs, daß mein<lb/>
theurer Herr Hofmei&#x017F;ter das Weite ge&#x017F;ucht, und,<lb/>
um nicht leer zu gehen, nicht nur das Seinige<lb/>
mitgenommen hatte, &#x017F;ondern auch alles, was mir<lb/>
geho&#x0364;rte, und was er &#x017F;on&#x017F;t von einigem Wertb<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hatte</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0180] Meine Mutter hatte einen Verfahrungsplan fuͤr den folgenden Tag gemacht, zu welchem es ge- hoͤrte, Jetten bei Gutem zu erhalten, ſie glaubte alſo ihre Entſchuldigung, und verſetzte: was haͤtte ſie denn auch ſonſt ſagen wollen, ſie ſelbſt hat keine Kinder, und auf mich kann ſie nicht zielen, denn ich gebe dir kein ſchlechtes Exempel. Sie wird ſich auch nicht unterſtehen, ſo was auf mich zu den- ken, denn bisdato iſt ſie vernuͤnftig — warte ſie, ich muß ihr doch ein Douceur geben, daß ſie mir meinen Dieb angezeigt und mir wieder zu meinem Geld geholfen hat — da — Aber du, Fritze, nimm ein Exempel, und laß dich nicht mehr verleiten — du lieber Gott, er hats aus Mitleiden gethan, ſolche Kinder verſtehens nicht beſſer, ſie wollen nur immer nach ihren guten Herzen handeln. Nach dieſer Einleitung ward ich in ein Cabinet neben der Schlafſtube logirt, und dachte, da ich mich in das Bett legte, welches zuweilen ein guter Freund meiner Mutter einnahm, an Mariechen, meine kleine Schoͤne im Dorfe. Am folgenden Morgen erklaͤrte ſichs, daß mein theurer Herr Hofmeiſter das Weite geſucht, und, um nicht leer zu gehen, nicht nur das Seinige mitgenommen hatte, ſondern auch alles, was mir gehoͤrte, und was er ſonſt von einigem Wertb hatte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/180
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/180>, abgerufen am 24.11.2024.