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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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wegen er sich denn auch bei ihr zum Kuß meldete.
Den will ich Jhnen geben, versetzte die Dame, da-
mit ich Gelegenheit habe, auch dem Kornhändler
einen anzubieten, denn ich möchte gern um Schnit-
zers willen mein Versehn wieder gut machen, sie
halten sehr viel auf diesen Bruder.

Der junge Herr ließ nach diesem Gespräch eine
Secunde hingehen, dann raubte er der Regierungs-
räthinn mit netter Behendigkeit einen Kuß, und
sagte, sehn Sie Madam, mir sollen Sie nicht ent-
gehn. O, das ist schalkhaft, rief sie mit verstell-
tem Unwillen, aber nun Sie so keck sind, so mö-
gen Sie auch erwarten, daß ich selbst bestimme,
was für schöne Sachen beim Gevatter-Bouquet sein
sollen, und Sie müssen auch nicht den Vorzug ha-
ben, jetzt will ich meinen andern Herrn Gevatter
selbst küssen. Sie stand auf und gieng auf Petern
zu, welcher sich aber erhob, ihr den Arm entgegen
warf, als wollte er sie wegschieben, und ihr zugleich
sagte: bitte, sich nicht zu bemühen, Madam!
Peter Schnitzer kann ohne Jhr Mäulchen leben, Sie
haben vorhin nicht Spaß verstanden, jetzt versteh
ich ihn nicht.

Der letzte Verdruß war also ärger als der
erste bei unsrer guten Dame, sie verbarg ihn auch

nur

wegen er ſich denn auch bei ihr zum Kuß meldete.
Den will ich Jhnen geben, verſetzte die Dame, da-
mit ich Gelegenheit habe, auch dem Kornhaͤndler
einen anzubieten, denn ich moͤchte gern um Schnit-
zers willen mein Verſehn wieder gut machen, ſie
halten ſehr viel auf dieſen Bruder.

Der junge Herr ließ nach dieſem Geſpraͤch eine
Secunde hingehen, dann raubte er der Regierungs-
raͤthinn mit netter Behendigkeit einen Kuß, und
ſagte, ſehn Sie Madam, mir ſollen Sie nicht ent-
gehn. O, das iſt ſchalkhaft, rief ſie mit verſtell-
tem Unwillen, aber nun Sie ſo keck ſind, ſo moͤ-
gen Sie auch erwarten, daß ich ſelbſt beſtimme,
was fuͤr ſchoͤne Sachen beim Gevatter-Bouquet ſein
ſollen, und Sie muͤſſen auch nicht den Vorzug ha-
ben, jetzt will ich meinen andern Herrn Gevatter
ſelbſt kuͤſſen. Sie ſtand auf und gieng auf Petern
zu, welcher ſich aber erhob, ihr den Arm entgegen
warf, als wollte er ſie wegſchieben, und ihr zugleich
ſagte: bitte, ſich nicht zu bemuͤhen, Madam!
Peter Schnitzer kann ohne Jhr Maͤulchen leben, Sie
haben vorhin nicht Spaß verſtanden, jetzt verſteh
ich ihn nicht.

Der letzte Verdruß war alſo aͤrger als der
erſte bei unſrer guten Dame, ſie verbarg ihn auch

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[15/0019] wegen er ſich denn auch bei ihr zum Kuß meldete. Den will ich Jhnen geben, verſetzte die Dame, da- mit ich Gelegenheit habe, auch dem Kornhaͤndler einen anzubieten, denn ich moͤchte gern um Schnit- zers willen mein Verſehn wieder gut machen, ſie halten ſehr viel auf dieſen Bruder. Der junge Herr ließ nach dieſem Geſpraͤch eine Secunde hingehen, dann raubte er der Regierungs- raͤthinn mit netter Behendigkeit einen Kuß, und ſagte, ſehn Sie Madam, mir ſollen Sie nicht ent- gehn. O, das iſt ſchalkhaft, rief ſie mit verſtell- tem Unwillen, aber nun Sie ſo keck ſind, ſo moͤ- gen Sie auch erwarten, daß ich ſelbſt beſtimme, was fuͤr ſchoͤne Sachen beim Gevatter-Bouquet ſein ſollen, und Sie muͤſſen auch nicht den Vorzug ha- ben, jetzt will ich meinen andern Herrn Gevatter ſelbſt kuͤſſen. Sie ſtand auf und gieng auf Petern zu, welcher ſich aber erhob, ihr den Arm entgegen warf, als wollte er ſie wegſchieben, und ihr zugleich ſagte: bitte, ſich nicht zu bemuͤhen, Madam! Peter Schnitzer kann ohne Jhr Maͤulchen leben, Sie haben vorhin nicht Spaß verſtanden, jetzt verſteh ich ihn nicht. Der letzte Verdruß war alſo aͤrger als der erſte bei unſrer guten Dame, ſie verbarg ihn auch nur

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/19>, abgerufen am 29.04.2024.