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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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zu uns an. Er hätte zu seinem Transport einen
Miethswagen nehmen können, weil er nur eine
Stunde zu fahren hatte, aber er liebte Aufsehn und
Lerm, wäre am liebsten mit Trommelschall und
Feldmusik bei seiner Dame eingerückt, begnügte
sich aber, da dies nicht geschehen konnte, Extrapost
zu nehmen, und verhieß dem Postillion 4 Groschen
Trinkgeld über die Gebühr, wenn er in unserm
Dorfe und zum Hofe hinein rechtschaffen blasen
würde. Der Mensch that sein möglichstes, auch
ward es von meiner Mutter sehr gut aufgenommen;
es dünkte ihr nachher, daß dadurch allen ihren Un-
terthanen verkündigt worden wäre, der Herr Obrist-
lieutenant komme mit solchem Geräusch, um die
Größe des Glücks, welches er in der Vermählung
mit ihr suchte, so recht zu bezeigen.

Er selbst gefiel ihr freilich wohl etwas weniger,
als er es gehofft hatte, aber indem sie im Stillen
ihre Betrachtungen über ihn anstellte, fiel ihr ein
junger artiger Mensch ein, der in einem großen
Hause der Nachbarschaft als Friseur conditionirte;
diesen seiner Herrschaft abspänstig zu machen, und
ihm, um es dahin zu bringen, höhern Gehalt an-
biethen zu lassen, ward augenblicklich beschlossen;
so konnte sie sich doch täglich frisiren lassen, und so
ihrem Gemahl noch mehr Ehre machen. -- Der

Obrist-
O 3

zu uns an. Er haͤtte zu ſeinem Transport einen
Miethswagen nehmen koͤnnen, weil er nur eine
Stunde zu fahren hatte, aber er liebte Aufſehn und
Lerm, waͤre am liebſten mit Trommelſchall und
Feldmuſik bei ſeiner Dame eingeruͤckt, begnuͤgte
ſich aber, da dies nicht geſchehen konnte, Extrapoſt
zu nehmen, und verhieß dem Poſtillion 4 Groſchen
Trinkgeld uͤber die Gebuͤhr, wenn er in unſerm
Dorfe und zum Hofe hinein rechtſchaffen blaſen
wuͤrde. Der Menſch that ſein moͤglichſtes, auch
ward es von meiner Mutter ſehr gut aufgenommen;
es duͤnkte ihr nachher, daß dadurch allen ihren Un-
terthanen verkuͤndigt worden waͤre, der Herr Obriſt-
lieutenant komme mit ſolchem Geraͤuſch, um die
Groͤße des Gluͤcks, welches er in der Vermaͤhlung
mit ihr ſuchte, ſo recht zu bezeigen.

Er ſelbſt gefiel ihr freilich wohl etwas weniger,
als er es gehofft hatte, aber indem ſie im Stillen
ihre Betrachtungen uͤber ihn anſtellte, fiel ihr ein
junger artiger Menſch ein, der in einem großen
Hauſe der Nachbarſchaft als Friſeur conditionirte;
dieſen ſeiner Herrſchaft abſpaͤnſtig zu machen, und
ihm, um es dahin zu bringen, hoͤhern Gehalt an-
biethen zu laſſen, ward augenblicklich beſchloſſen;
ſo konnte ſie ſich doch taͤglich friſiren laſſen, und ſo
ihrem Gemahl noch mehr Ehre machen. — Der

Obriſt-
O 3
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[213/0217] zu uns an. Er haͤtte zu ſeinem Transport einen Miethswagen nehmen koͤnnen, weil er nur eine Stunde zu fahren hatte, aber er liebte Aufſehn und Lerm, waͤre am liebſten mit Trommelſchall und Feldmuſik bei ſeiner Dame eingeruͤckt, begnuͤgte ſich aber, da dies nicht geſchehen konnte, Extrapoſt zu nehmen, und verhieß dem Poſtillion 4 Groſchen Trinkgeld uͤber die Gebuͤhr, wenn er in unſerm Dorfe und zum Hofe hinein rechtſchaffen blaſen wuͤrde. Der Menſch that ſein moͤglichſtes, auch ward es von meiner Mutter ſehr gut aufgenommen; es duͤnkte ihr nachher, daß dadurch allen ihren Un- terthanen verkuͤndigt worden waͤre, der Herr Obriſt- lieutenant komme mit ſolchem Geraͤuſch, um die Groͤße des Gluͤcks, welches er in der Vermaͤhlung mit ihr ſuchte, ſo recht zu bezeigen. Er ſelbſt gefiel ihr freilich wohl etwas weniger, als er es gehofft hatte, aber indem ſie im Stillen ihre Betrachtungen uͤber ihn anſtellte, fiel ihr ein junger artiger Menſch ein, der in einem großen Hauſe der Nachbarſchaft als Friſeur conditionirte; dieſen ſeiner Herrſchaft abſpaͤnſtig zu machen, und ihm, um es dahin zu bringen, hoͤhern Gehalt an- biethen zu laſſen, ward augenblicklich beſchloſſen; ſo konnte ſie ſich doch taͤglich friſiren laſſen, und ſo ihrem Gemahl noch mehr Ehre machen. — Der Obriſt- O 3

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/217>, abgerufen am 24.11.2024.