Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

ser ungezwungenen Anrede aufs höchste beleidigt
er konnte, so außer sich war er, nichts heraus
bringen, als: verschonen Sie mich, Herr von Treff,
hiermit begab er sich aber auch weg.

Er ist jetzt Hofmeister bei meinem Sohn, sagte
meine Mutter, und führt sich recht gut auf, sie
hätten ihn nicht so beleidigen sollen.

Nu, erwiederte Treff, er wird wohl wieder
gut werden -- also Hofmeister bei Monsieur Fritz
Nickeln -- da wird der was rechts lernen! Na
was machst du denn, Goldfritzel? bist ein großer
Bengel geworden.

Nach diesem Beweis seiner Huld gegen mich,
wendete er sich zu meiner Mutter, der er Schmei-
cheleien aller Art machte, und seine Freude be-
schrieb, als er sie endlich ausgefragt, worauf er
dann die Reise zu ihr sogleich angetreten hätte.
Madam verschlangen das so ganz süß, dachten schon
dies und das, und waren nun ebenfalls für Treffen
allein da.

Der Obristlieutenant ward bei dieser geschäfti-
gen Unterhaltung ganz vernachläßiget, er nahm es
nicht sogleich übel; ein Freund, den man lange
nicht gesehen hat, kann ja wohl eine solche Zer-
streuung veranlassen, und auch diesem Freund war
es zu verzeihen, daß er einen anwesenden Fremden

kaum

ſer ungezwungenen Anrede aufs hoͤchſte beleidigt
er konnte, ſo außer ſich war er, nichts heraus
bringen, als: verſchonen Sie mich, Herr von Treff,
hiermit begab er ſich aber auch weg.

Er iſt jetzt Hofmeiſter bei meinem Sohn, ſagte
meine Mutter, und fuͤhrt ſich recht gut auf, ſie
haͤtten ihn nicht ſo beleidigen ſollen.

Nu, erwiederte Treff, er wird wohl wieder
gut werden — alſo Hofmeiſter bei Monſieur Fritz
Nickeln — da wird der was rechts lernen! Na
was machſt du denn, Goldfritzel? biſt ein großer
Bengel geworden.

Nach dieſem Beweis ſeiner Huld gegen mich,
wendete er ſich zu meiner Mutter, der er Schmei-
cheleien aller Art machte, und ſeine Freude be-
ſchrieb, als er ſie endlich ausgefragt, worauf er
dann die Reiſe zu ihr ſogleich angetreten haͤtte.
Madam verſchlangen das ſo ganz ſuͤß, dachten ſchon
dies und das, und waren nun ebenfalls fuͤr Treffen
allein da.

Der Obriſtlieutenant ward bei dieſer geſchaͤfti-
gen Unterhaltung ganz vernachlaͤßiget, er nahm es
nicht ſogleich uͤbel; ein Freund, den man lange
nicht geſehen hat, kann ja wohl eine ſolche Zer-
ſtreuung veranlaſſen, und auch dieſem Freund war
es zu verzeihen, daß er einen anweſenden Fremden

kaum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0224" n="220"/>
&#x017F;er ungezwungenen Anrede aufs ho&#x0364;ch&#x017F;te beleidigt<lb/>
er konnte, &#x017F;o außer &#x017F;ich war er, nichts heraus<lb/>
bringen, als: ver&#x017F;chonen Sie mich, Herr von Treff,<lb/>
hiermit begab er &#x017F;ich aber auch weg.</p><lb/>
        <p>Er i&#x017F;t jetzt Hofmei&#x017F;ter bei meinem Sohn, &#x017F;agte<lb/>
meine Mutter, und fu&#x0364;hrt &#x017F;ich recht gut auf, &#x017F;ie<lb/>
ha&#x0364;tten ihn nicht &#x017F;o beleidigen &#x017F;ollen.</p><lb/>
        <p>Nu, erwiederte Treff, er wird wohl wieder<lb/>
gut werden &#x2014; al&#x017F;o Hofmei&#x017F;ter bei Mon&#x017F;ieur Fritz<lb/>
Nickeln &#x2014; da wird der was rechts lernen! Na<lb/>
was mach&#x017F;t du denn, Goldfritzel? bi&#x017F;t ein großer<lb/>
Bengel geworden.</p><lb/>
        <p>Nach die&#x017F;em Beweis &#x017F;einer Huld gegen mich,<lb/>
wendete er &#x017F;ich zu meiner Mutter, der er Schmei-<lb/>
cheleien aller Art machte, und &#x017F;eine Freude be-<lb/>
&#x017F;chrieb, als er &#x017F;ie endlich ausgefragt, worauf er<lb/>
dann die Rei&#x017F;e zu ihr &#x017F;ogleich angetreten ha&#x0364;tte.<lb/>
Madam ver&#x017F;chlangen das &#x017F;o ganz &#x017F;u&#x0364;ß, dachten &#x017F;chon<lb/>
dies und das, und waren nun ebenfalls fu&#x0364;r Treffen<lb/>
allein da.</p><lb/>
        <p>Der Obri&#x017F;tlieutenant ward bei die&#x017F;er ge&#x017F;cha&#x0364;fti-<lb/>
gen Unterhaltung ganz vernachla&#x0364;ßiget, er nahm es<lb/>
nicht &#x017F;ogleich u&#x0364;bel; ein Freund, den man lange<lb/>
nicht ge&#x017F;ehen hat, kann ja wohl eine &#x017F;olche Zer-<lb/>
&#x017F;treuung veranla&#x017F;&#x017F;en, und auch die&#x017F;em Freund war<lb/>
es zu verzeihen, daß er einen anwe&#x017F;enden Fremden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kaum</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0224] ſer ungezwungenen Anrede aufs hoͤchſte beleidigt er konnte, ſo außer ſich war er, nichts heraus bringen, als: verſchonen Sie mich, Herr von Treff, hiermit begab er ſich aber auch weg. Er iſt jetzt Hofmeiſter bei meinem Sohn, ſagte meine Mutter, und fuͤhrt ſich recht gut auf, ſie haͤtten ihn nicht ſo beleidigen ſollen. Nu, erwiederte Treff, er wird wohl wieder gut werden — alſo Hofmeiſter bei Monſieur Fritz Nickeln — da wird der was rechts lernen! Na was machſt du denn, Goldfritzel? biſt ein großer Bengel geworden. Nach dieſem Beweis ſeiner Huld gegen mich, wendete er ſich zu meiner Mutter, der er Schmei- cheleien aller Art machte, und ſeine Freude be- ſchrieb, als er ſie endlich ausgefragt, worauf er dann die Reiſe zu ihr ſogleich angetreten haͤtte. Madam verſchlangen das ſo ganz ſuͤß, dachten ſchon dies und das, und waren nun ebenfalls fuͤr Treffen allein da. Der Obriſtlieutenant ward bei dieſer geſchaͤfti- gen Unterhaltung ganz vernachlaͤßiget, er nahm es nicht ſogleich uͤbel; ein Freund, den man lange nicht geſehen hat, kann ja wohl eine ſolche Zer- ſtreuung veranlaſſen, und auch dieſem Freund war es zu verzeihen, daß er einen anweſenden Fremden kaum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/224
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/224>, abgerufen am 15.05.2024.