Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite

Mutter gab ihnen nachher zuweilen Nachricht von
ihrem Ergehen und eben so von dem, was sie, Ma-
dam Schnitzerinn und hernach Frau Baroninn von
Treff angehend, erfuhr, daneben konnte Buschens
Diener, der diese Briefe schrieb, nie der Ermahnun-
gen, sich gut aufzuführen, genug hinzufügen; auch
legte die alte Mutter zuweilen etwas von ihrem er-
sparten Lohn für ihre Söhne bei.

Diese mütterliche Sorgfalt hatte lange das
ihrige gethan, der älteste der beiden Brüder war
überdies sehr gesetzt, und Friedrich, der jüngere,
hatte einen aufmerksamen Hofmeister an ihm. Da
jener Unterofficier geworden war, so suchte er sei-
nen leichtsinnigen Bruder durch Ernst und Güte von
allzuschlimmen Wegen abzuhalten, demohnerachtet
machte dieser zuweilen Streiche, welche Strafe nach
sich zogen, und so war er schon etliche Jahre hin-
durch mehr gezüchtigt worden, als er mit seiner
Neigung zum ungehinderten Ausüben dessen, was
ihm gut dünkte, ertragen konnte. Sehr oft dachte
er an seine reiche Schwester, und hielt dafür, daß
sie ihn als ihren Bruder nicht nur aufnehmen, son-
dern auch gut halten müßte, wenn er bei ihr wäre.
Dieß leuchtete ihm immer mehr ein, so daß er sich
zuletzt für einen dummen Menschen hielt, weil er
nicht schon lange davon zu kommen gesucht hatte,

um

Mutter gab ihnen nachher zuweilen Nachricht von
ihrem Ergehen und eben ſo von dem, was ſie, Ma-
dam Schnitzerinn und hernach Frau Baroninn von
Treff angehend, erfuhr, daneben konnte Buſchens
Diener, der dieſe Briefe ſchrieb, nie der Ermahnun-
gen, ſich gut aufzufuͤhren, genug hinzufuͤgen; auch
legte die alte Mutter zuweilen etwas von ihrem er-
ſparten Lohn fuͤr ihre Soͤhne bei.

Dieſe muͤtterliche Sorgfalt hatte lange das
ihrige gethan, der aͤlteſte der beiden Bruͤder war
uͤberdies ſehr geſetzt, und Friedrich, der juͤngere,
hatte einen aufmerkſamen Hofmeiſter an ihm. Da
jener Unterofficier geworden war, ſo ſuchte er ſei-
nen leichtſinnigen Bruder durch Ernſt und Guͤte von
allzuſchlimmen Wegen abzuhalten, demohnerachtet
machte dieſer zuweilen Streiche, welche Strafe nach
ſich zogen, und ſo war er ſchon etliche Jahre hin-
durch mehr gezuͤchtigt worden, als er mit ſeiner
Neigung zum ungehinderten Ausuͤben deſſen, was
ihm gut duͤnkte, ertragen konnte. Sehr oft dachte
er an ſeine reiche Schweſter, und hielt dafuͤr, daß
ſie ihn als ihren Bruder nicht nur aufnehmen, ſon-
dern auch gut halten muͤßte, wenn er bei ihr waͤre.
Dieß leuchtete ihm immer mehr ein, ſo daß er ſich
zuletzt fuͤr einen dummen Menſchen hielt, weil er
nicht ſchon lange davon zu kommen geſucht hatte,

um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0289" n="285"/>
Mutter gab ihnen nachher zuweilen Nachricht von<lb/>
ihrem Ergehen und eben &#x017F;o von dem, was &#x017F;ie, Ma-<lb/>
dam Schnitzerinn und hernach Frau Baroninn von<lb/>
Treff angehend, erfuhr, daneben konnte Bu&#x017F;chens<lb/>
Diener, der die&#x017F;e Briefe &#x017F;chrieb, nie der Ermahnun-<lb/>
gen, &#x017F;ich gut aufzufu&#x0364;hren, genug hinzufu&#x0364;gen; auch<lb/>
legte die alte Mutter zuweilen etwas von ihrem er-<lb/>
&#x017F;parten Lohn fu&#x0364;r ihre So&#x0364;hne bei.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e mu&#x0364;tterliche Sorgfalt hatte lange das<lb/>
ihrige gethan, der a&#x0364;lte&#x017F;te der beiden Bru&#x0364;der war<lb/>
u&#x0364;berdies &#x017F;ehr ge&#x017F;etzt, und Friedrich, der ju&#x0364;ngere,<lb/>
hatte einen aufmerk&#x017F;amen Hofmei&#x017F;ter an ihm. Da<lb/>
jener Unterofficier geworden war, &#x017F;o &#x017F;uchte er &#x017F;ei-<lb/>
nen leicht&#x017F;innigen Bruder durch Ern&#x017F;t und Gu&#x0364;te von<lb/>
allzu&#x017F;chlimmen Wegen abzuhalten, demohnerachtet<lb/>
machte die&#x017F;er zuweilen Streiche, welche Strafe nach<lb/>
&#x017F;ich zogen, und &#x017F;o war er &#x017F;chon etliche Jahre hin-<lb/>
durch mehr gezu&#x0364;chtigt worden, als er mit &#x017F;einer<lb/>
Neigung zum ungehinderten Ausu&#x0364;ben de&#x017F;&#x017F;en, was<lb/>
ihm gut du&#x0364;nkte, ertragen konnte. Sehr oft dachte<lb/>
er an &#x017F;eine reiche Schwe&#x017F;ter, und hielt dafu&#x0364;r, daß<lb/>
&#x017F;ie ihn als ihren Bruder nicht nur aufnehmen, &#x017F;on-<lb/>
dern auch gut halten mu&#x0364;ßte, wenn er bei ihr wa&#x0364;re.<lb/>
Dieß leuchtete ihm immer mehr ein, &#x017F;o daß er &#x017F;ich<lb/>
zuletzt fu&#x0364;r einen dummen Men&#x017F;chen hielt, weil er<lb/>
nicht &#x017F;chon lange davon zu kommen ge&#x017F;ucht hatte,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">um</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0289] Mutter gab ihnen nachher zuweilen Nachricht von ihrem Ergehen und eben ſo von dem, was ſie, Ma- dam Schnitzerinn und hernach Frau Baroninn von Treff angehend, erfuhr, daneben konnte Buſchens Diener, der dieſe Briefe ſchrieb, nie der Ermahnun- gen, ſich gut aufzufuͤhren, genug hinzufuͤgen; auch legte die alte Mutter zuweilen etwas von ihrem er- ſparten Lohn fuͤr ihre Soͤhne bei. Dieſe muͤtterliche Sorgfalt hatte lange das ihrige gethan, der aͤlteſte der beiden Bruͤder war uͤberdies ſehr geſetzt, und Friedrich, der juͤngere, hatte einen aufmerkſamen Hofmeiſter an ihm. Da jener Unterofficier geworden war, ſo ſuchte er ſei- nen leichtſinnigen Bruder durch Ernſt und Guͤte von allzuſchlimmen Wegen abzuhalten, demohnerachtet machte dieſer zuweilen Streiche, welche Strafe nach ſich zogen, und ſo war er ſchon etliche Jahre hin- durch mehr gezuͤchtigt worden, als er mit ſeiner Neigung zum ungehinderten Ausuͤben deſſen, was ihm gut duͤnkte, ertragen konnte. Sehr oft dachte er an ſeine reiche Schweſter, und hielt dafuͤr, daß ſie ihn als ihren Bruder nicht nur aufnehmen, ſon- dern auch gut halten muͤßte, wenn er bei ihr waͤre. Dieß leuchtete ihm immer mehr ein, ſo daß er ſich zuletzt fuͤr einen dummen Menſchen hielt, weil er nicht ſchon lange davon zu kommen geſucht hatte, um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/289
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/289>, abgerufen am 22.11.2024.