Gatten zusammen ein unschuldiges Vergnügen zu genießen. Es war das erstemal, daß wir uns zusammen öffentlich sehen ließen, Madam Star- kinn wollte nie so recht einwilligen, mit ihrer Nich- te in Gesellschaft eines Studenten auf den Spa- tziergängen zu erscheinen. Jetzt aber, da sie es schon, und das auch in meiner Gegenwart meh- rern ihrer Bekannten gesagt hatte, daß ich Doro- theens Verlobter wäre, fand sie nichts mehr da- gegen einzuwenden, daß wir mit einander ausgin- gen, weil es ja doch in der Folge die ganze Stadt erführe, daß wir ein Paar würden.
Den Tag nach dieser Spatzierfahrt erhielt ich die Erlaubniß, mit Dorotheen allein auszugehen, einen andern Abend führte ich Tante und Nichte ins Schauspiel, und endlich ward es an einem Nach- mittag bewilligt, daß meine Braut in einen Gar- ten mit mir gehen und dort den Kaffee einneh- men durfte. Jch hatte eben diesen Tag gewählt, weil ich wußte, daß Madam Star inn Verrich- tungen hatte, die ihr nicht erlaubten mitzugehen; sie, die ohne Argwohn auf meine Absichten war, dachte nicht daran, mir Dorchen zu verweigern, weil sie nicht dabei sein konnte; mütterlich besorgt sagte sie nur, als wir gingen: Kinder, bleibt nicht bis auf den Abend aus, ihr wißt wie die
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Gatten zuſammen ein unſchuldiges Vergnuͤgen zu genießen. Es war das erſtemal, daß wir uns zuſammen oͤffentlich ſehen ließen, Madam Star- kinn wollte nie ſo recht einwilligen, mit ihrer Nich- te in Geſellſchaft eines Studenten auf den Spa- tziergaͤngen zu erſcheinen. Jetzt aber, da ſie es ſchon, und das auch in meiner Gegenwart meh- rern ihrer Bekannten geſagt hatte, daß ich Doro- theens Verlobter waͤre, fand ſie nichts mehr da- gegen einzuwenden, daß wir mit einander ausgin- gen, weil es ja doch in der Folge die ganze Stadt erfuͤhre, daß wir ein Paar wuͤrden.
Den Tag nach dieſer Spatzierfahrt erhielt ich die Erlaubniß, mit Dorotheen allein auszugehen, einen andern Abend fuͤhrte ich Tante und Nichte ins Schauſpiel, und endlich ward es an einem Nach- mittag bewilligt, daß meine Braut in einen Gar- ten mit mir gehen und dort den Kaffee einneh- men durfte. Jch hatte eben dieſen Tag gewaͤhlt, weil ich wußte, daß Madam Star inn Verrich- tungen hatte, die ihr nicht erlaubten mitzugehen; ſie, die ohne Argwohn auf meine Abſichten war, dachte nicht daran, mir Dorchen zu verweigern, weil ſie nicht dabei ſein konnte; muͤtterlich beſorgt ſagte ſie nur, als wir gingen: Kinder, bleibt nicht bis auf den Abend aus, ihr wißt wie die
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Gatten zuſammen ein unſchuldiges Vergnuͤgen
zu genießen. Es war das erſtemal, daß wir uns
zuſammen oͤffentlich ſehen ließen, Madam Star-
kinn wollte nie ſo recht einwilligen, mit ihrer Nich-
te in Geſellſchaft eines Studenten auf den Spa-
tziergaͤngen zu erſcheinen. Jetzt aber, da ſie es
ſchon, und das auch in meiner Gegenwart meh-
rern ihrer Bekannten geſagt hatte, daß ich Doro-
theens Verlobter waͤre, fand ſie nichts mehr da-
gegen einzuwenden, daß wir mit einander ausgin-
gen, weil es ja doch in der Folge die ganze Stadt
erfuͤhre, daß wir ein Paar wuͤrden.
Den Tag nach dieſer Spatzierfahrt erhielt ich
die Erlaubniß, mit Dorotheen allein auszugehen,
einen andern Abend fuͤhrte ich Tante und Nichte
ins Schauſpiel, und endlich ward es an einem Nach-
mittag bewilligt, daß meine Braut in einen Gar-
ten mit mir gehen und dort den Kaffee einneh-
men durfte. Jch hatte eben dieſen Tag gewaͤhlt,
weil ich wußte, daß Madam Star inn Verrich-
tungen hatte, die ihr nicht erlaubten mitzugehen;
ſie, die ohne Argwohn auf meine Abſichten war,
dachte nicht daran, mir Dorchen zu verweigern,
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/327>, abgerufen am 22.11.2024.
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