schmerzen würde, wenn sie sich hintergangen sehen sollte. -- Alles, was ich bei dieser Erinnerung dachte, war der Wunsch, ... bald zuverlassen.
Den Tag nach [dieser Unte]rredung mit dem Arzt erhielt ich ein Billet von Dorotheen, es enthielt nur diese wenigen Zeilen:
"Sie sind nicht so krank, Herr Schnitzer, als Sie uns täglich sagen lassen, Sie sind meist besser. Was haben Sie davon, das liebende Herz eines Mädchens zu quälen, welches Jhnen ganz gehörte, und nun gehören muß?
"Wenn werde ich Sie wieder sehen? diese Frage kann und muß Jhre Braut thun, und hat doch wohl volles Recht ein freundliches Wörtchen zur Antwort zu fordern, wozu Sie gewiß Kräfte genug haben."
Dorothea Müllerinn.
Dies kleine Briefchen war mir ärgerlich und angenehm auf einmal. Es verdroß mich, daß Do- rothea mir so trotzig schrieb, und doch war mirs als eine Gelegenheit, in Uneinigkeit mit ihr zu gera- then, sehr willkommen. Wäre sie noch das sanfte zärtliche Mädchen wie vorhin gewesen, welches dem Anschein nach nicht der Fall war, so hätte ich mich immer noch durch eine Menge mühsamer Wege schla- gen müssen, um ihrer loszuwerden, nun aber war die Bahn sehr leicht zu finden, freilich etwas rauh
war
ſchmerzen wuͤrde, wenn ſie ſich hintergangen ſehen ſollte. — Alles, was ich bei dieſer Erinnerung dachte, war der Wunſch, ... bald zuverlaſſen.
Den Tag nach [dieſer Unte]rredung mit dem Arzt erhielt ich ein Billet von Dorotheen, es enthielt nur dieſe wenigen Zeilen:
„Sie ſind nicht ſo krank, Herr Schnitzer, als Sie uns taͤglich ſagen laſſen, Sie ſind meiſt beſſer. Was haben Sie davon, das liebende Herz eines Maͤdchens zu quaͤlen, welches Jhnen ganz gehoͤrte, und nun gehoͤren muß?
„Wenn werde ich Sie wieder ſehen? dieſe Frage kann und muß Jhre Braut thun, und hat doch wohl volles Recht ein freundliches Woͤrtchen zur Antwort zu fordern, wozu Sie gewiß Kraͤfte genug haben.“
Dorothea Muͤllerinn.
Dies kleine Briefchen war mir aͤrgerlich und angenehm auf einmal. Es verdroß mich, daß Do- rothea mir ſo trotzig ſchrieb, und doch war mirs als eine Gelegenheit, in Uneinigkeit mit ihr zu gera- then, ſehr willkommen. Waͤre ſie noch das ſanfte zaͤrtliche Maͤdchen wie vorhin geweſen, welches dem Anſchein nach nicht der Fall war, ſo haͤtte ich mich immer noch durch eine Menge muͤhſamer Wege ſchla- gen muͤſſen, um ihrer loszuwerden, nun aber war die Bahn ſehr leicht zu finden, freilich etwas rauh
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ſchmerzen wuͤrde, wenn ſie ſich hintergangen ſehen
ſollte. — Alles, was ich bei dieſer Erinnerung
dachte, war der Wunſch, ... bald zuverlaſſen.
Den Tag nach dieſer Unterredung mit dem Arzt
erhielt ich ein Billet von Dorotheen, es enthielt
nur dieſe wenigen Zeilen:
„Sie ſind nicht ſo krank, Herr Schnitzer, als
Sie uns taͤglich ſagen laſſen, Sie ſind meiſt beſſer.
Was haben Sie davon, das liebende Herz eines
Maͤdchens zu quaͤlen, welches Jhnen ganz gehoͤrte,
und nun gehoͤren muß?
„Wenn werde ich Sie wieder ſehen? dieſe Frage
kann und muß Jhre Braut thun, und hat doch wohl
volles Recht ein freundliches Woͤrtchen zur Antwort
zu fordern, wozu Sie gewiß Kraͤfte genug haben.“
Dorothea Muͤllerinn.
Dies kleine Briefchen war mir aͤrgerlich und
angenehm auf einmal. Es verdroß mich, daß Do-
rothea mir ſo trotzig ſchrieb, und doch war mirs als
eine Gelegenheit, in Uneinigkeit mit ihr zu gera-
then, ſehr willkommen. Waͤre ſie noch das ſanfte
zaͤrtliche Maͤdchen wie vorhin geweſen, welches dem
Anſchein nach nicht der Fall war, ſo haͤtte ich mich
immer noch durch eine Menge muͤhſamer Wege ſchla-
gen muͤſſen, um ihrer loszuwerden, nun aber war
die Bahn ſehr leicht zu finden, freilich etwas rauh
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/356>, abgerufen am 22.11.2024.
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