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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

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Jch war sehr krank und mußte viel Schmerzen
ausstehen, mußte noch dazu hören, daß die Prü-
gelgeschichte überall herum sei, welches ganz na-
türlich war, da der Wundarzt, so wie mein Herr
Doctor sie doch erfahren mußten, wenn sie mir
Hülfe leisten sollten. Nur wenige meiner
Bekannten besuchten mich, wer unter ihnen
mit dem wüsten Schnitzer, von dem jetzt überall
gesprochen wurde, nicht in Connexion sein wollte,
blieb weg; jene treuern Freunde aber riethen
mir den Mann zu verklagen, der mich so übel
zugerichtet, weil er nicht befugt wäre, etwas zu
rächen, was ihn nicht unmittelbar anginge, und
auch da nicht selbst strafen müsse.

Jch hätte nichts dawider gehabt, wenn mir
nicht der Gedanke, ihm aufzubassen und ihn heim-
lich zu erstechen lieber gewesen wäre; doch es fügte
sich, daß die Rache an meinem Gegner in eine
andere Hand kam.

Ohne denken zu können, daß meine Mutter
etwas von meinem Leiden wüßte, noch weniger zu
hoffen, daß sie selbst erscheinen würde, trat sie
einst in Trauer bei mir ein. Klaus hatte dafür
gehalten, daß man nie zuviel mit Gelde versehen
sein könnte, und es für ein Mittel, eine neue
Summe zu bekommen, angesehen, wenn er der
Mutter von meinem jammervollen Zustand Nach-
richt gäbe; dieses hatte er ohne mein Wissen ge-
than. Sie empfing den Brief an eben dem Tage,
da sie zum zweiten mal Wittwe worden war, durch
ihn ward die Freude über diese erwünschte Bege-
benheit
Jch war ſehr krank und mußte viel Schmerzen
ausſtehen, mußte noch dazu hoͤren, daß die Pruͤ-
gelgeſchichte uͤberall herum ſei, welches ganz na-
tuͤrlich war, da der Wundarzt, ſo wie mein Herr
Doctor ſie doch erfahren mußten, wenn ſie mir
Huͤlfe leiſten ſollten. Nur wenige meiner
Bekannten beſuchten mich, wer unter ihnen
mit dem wuͤſten Schnitzer, von dem jetzt uͤberall
geſprochen wurde, nicht in Connexion ſein wollte,
blieb weg; jene treuern Freunde aber riethen
mir den Mann zu verklagen, der mich ſo uͤbel
zugerichtet, weil er nicht befugt waͤre, etwas zu
raͤchen, was ihn nicht unmittelbar anginge, und
auch da nicht ſelbſt ſtrafen muͤſſe.

Jch haͤtte nichts dawider gehabt, wenn mir
nicht der Gedanke, ihm aufzubaſſen und ihn heim-
lich zu erſtechen lieber geweſen waͤre; doch es fuͤgte
ſich, daß die Rache an meinem Gegner in eine
andere Hand kam.

Ohne denken zu koͤnnen, daß meine Mutter
etwas von meinem Leiden wuͤßte, noch weniger zu
hoffen, daß ſie ſelbſt erſcheinen wuͤrde, trat ſie
einſt in Trauer bei mir ein. Klaus hatte dafuͤr
gehalten, daß man nie zuviel mit Gelde verſehen
ſein koͤnnte, und es fuͤr ein Mittel, eine neue
Summe zu bekommen, angeſehen, wenn er der
Mutter von meinem jammervollen Zuſtand Nach-
richt gaͤbe; dieſes hatte er ohne mein Wiſſen ge-
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da ſie zum zweiten mal Wittwe worden war, durch
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[368/0372] Jch war ſehr krank und mußte viel Schmerzen ausſtehen, mußte noch dazu hoͤren, daß die Pruͤ- gelgeſchichte uͤberall herum ſei, welches ganz na- tuͤrlich war, da der Wundarzt, ſo wie mein Herr Doctor ſie doch erfahren mußten, wenn ſie mir Huͤlfe leiſten ſollten. Nur wenige meiner Bekannten beſuchten mich, wer unter ihnen mit dem wuͤſten Schnitzer, von dem jetzt uͤberall geſprochen wurde, nicht in Connexion ſein wollte, blieb weg; jene treuern Freunde aber riethen mir den Mann zu verklagen, der mich ſo uͤbel zugerichtet, weil er nicht befugt waͤre, etwas zu raͤchen, was ihn nicht unmittelbar anginge, und auch da nicht ſelbſt ſtrafen muͤſſe. Jch haͤtte nichts dawider gehabt, wenn mir nicht der Gedanke, ihm aufzubaſſen und ihn heim- lich zu erſtechen lieber geweſen waͤre; doch es fuͤgte ſich, daß die Rache an meinem Gegner in eine andere Hand kam. Ohne denken zu koͤnnen, daß meine Mutter etwas von meinem Leiden wuͤßte, noch weniger zu hoffen, daß ſie ſelbſt erſcheinen wuͤrde, trat ſie einſt in Trauer bei mir ein. Klaus hatte dafuͤr gehalten, daß man nie zuviel mit Gelde verſehen ſein koͤnnte, und es fuͤr ein Mittel, eine neue Summe zu bekommen, angeſehen, wenn er der Mutter von meinem jammervollen Zuſtand Nach- richt gaͤbe; dieſes hatte er ohne mein Wiſſen ge- than. Sie empfing den Brief an eben dem Tage, da ſie zum zweiten mal Wittwe worden war, durch ihn ward die Freude uͤber dieſe erwuͤnſchte Bege- benheit

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/372>, abgerufen am 25.11.2024.