Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
benheit etwas gemäßigt. Baron Treff war kaum unter die Erde, so machte sie sich auf den Weg, ihr Goldfritzel selbst zu besuchen und pflegen. So schlimm auch Klaus meine Wunden, Contusionen und Krankheit vorgestellt hatte, so wäre sie doch beim eigenen Anschaun beinahe ohn- mächtig geworden; sie schrie laut auf, sank um und erholte sich wieder um zu heulen und zu schrei- en und die eben gegenwärtigen Aerzte mit gerun- genen Händen zu bitten, daß sie keine Mühe an mir sparen möchten, weil sie alles gut bezahlen wollte. Jetzt fand ich für gut, den dankbaren und schmeichelnden Sohn zu machen, und zugleich so jämmerlich zu thun, daß es das Mutterherz ganz in Mitgefühl auflösen mußte. Jch erzählte ihr, so bald wir allein waren, mit geschwächter Stimme, daß ich in die Hände eines Bösewichts gerathen sei, der mich im Verdacht gehabt, daß ich ihm sei- ne Maitresse abspenstig gemacht hätte, ich sei von ihm, einem starken riesenhaften Kerl überfallen worden, er habe sich meiner gleich so bemächtigt, daß ich mich nicht hätte wehren können, und nach- dem er mich nun so zugerichtet, daß ich hülflos zu Boden gelegen hätte, wäre er ruhig fortgegangen. Meine Mutter schrie Zeder und Rache, sie wollte sogleich hin und dem Mann unter tausend Qualen das Leben nehmen. Das geht nicht, liebe Mama, sagte ich, Sie finden ihn nicht allein, Sie zwingen ihn nicht, er beschimpft auch Sie; so sollen Sie sich nicht für mich aufopfern. Ach 2 r Theil. A a
benheit etwas gemaͤßigt. Baron Treff war kaum unter die Erde, ſo machte ſie ſich auf den Weg, ihr Goldfritzel ſelbſt zu beſuchen und pflegen. So ſchlimm auch Klaus meine Wunden, Contuſionen und Krankheit vorgeſtellt hatte, ſo waͤre ſie doch beim eigenen Anſchaun beinahe ohn- maͤchtig geworden; ſie ſchrie laut auf, ſank um und erholte ſich wieder um zu heulen und zu ſchrei- en und die eben gegenwaͤrtigen Aerzte mit gerun- genen Haͤnden zu bitten, daß ſie keine Muͤhe an mir ſparen moͤchten, weil ſie alles gut bezahlen wollte. Jetzt fand ich fuͤr gut, den dankbaren und ſchmeichelnden Sohn zu machen, und zugleich ſo jaͤmmerlich zu thun, daß es das Mutterherz ganz in Mitgefuͤhl aufloͤſen mußte. Jch erzaͤhlte ihr, ſo bald wir allein waren, mit geſchwaͤchter Stimme, daß ich in die Haͤnde eines Boͤſewichts gerathen ſei, der mich im Verdacht gehabt, daß ich ihm ſei- ne Maitreſſe abſpenſtig gemacht haͤtte, ich ſei von ihm, einem ſtarken rieſenhaften Kerl uͤberfallen worden, er habe ſich meiner gleich ſo bemaͤchtigt, daß ich mich nicht haͤtte wehren koͤnnen, und nach- dem er mich nun ſo zugerichtet, daß ich huͤlflos zu Boden gelegen haͤtte, waͤre er ruhig fortgegangen. Meine Mutter ſchrie Zeder und Rache, ſie wollte ſogleich hin und dem Mann unter tauſend Qualen das Leben nehmen. Das geht nicht, liebe Mama, ſagte ich, Sie finden ihn nicht allein, Sie zwingen ihn nicht, er beſchimpft auch Sie; ſo ſollen Sie ſich nicht fuͤr mich aufopfern. Ach 2 r Theil. A a
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#STA"> <p><pb facs="#f0373" n="369"/> benheit etwas gemaͤßigt. Baron Treff war kaum<lb/> unter die Erde, ſo machte ſie ſich auf den Weg,<lb/> ihr Goldfritzel ſelbſt zu beſuchen und pflegen.</p><lb/> <p>So ſchlimm auch Klaus meine Wunden,<lb/> Contuſionen und Krankheit vorgeſtellt hatte, ſo<lb/> waͤre ſie doch beim eigenen Anſchaun beinahe ohn-<lb/> maͤchtig geworden; ſie ſchrie laut auf, ſank um<lb/> und erholte ſich wieder um zu heulen und zu ſchrei-<lb/> en und die eben gegenwaͤrtigen Aerzte mit gerun-<lb/> genen Haͤnden zu bitten, daß ſie keine Muͤhe an<lb/> mir ſparen moͤchten, weil ſie alles gut bezahlen<lb/> wollte.</p><lb/> <p>Jetzt fand ich fuͤr gut, den dankbaren und<lb/> ſchmeichelnden Sohn zu machen, und zugleich ſo<lb/> jaͤmmerlich zu thun, daß es das Mutterherz ganz<lb/> in Mitgefuͤhl aufloͤſen mußte. Jch erzaͤhlte ihr, ſo<lb/> bald wir allein waren, mit geſchwaͤchter Stimme,<lb/> daß ich in die Haͤnde eines Boͤſewichts gerathen<lb/> ſei, der mich im Verdacht gehabt, daß ich ihm ſei-<lb/> ne Maitreſſe abſpenſtig gemacht haͤtte, ich ſei von<lb/> ihm, einem ſtarken rieſenhaften Kerl uͤberfallen<lb/> worden, er habe ſich meiner gleich ſo bemaͤchtigt,<lb/> daß ich mich nicht haͤtte wehren koͤnnen, und nach-<lb/> dem er mich nun ſo zugerichtet, daß ich huͤlflos<lb/> zu Boden gelegen haͤtte, waͤre er ruhig fortgegangen.</p><lb/> <p>Meine Mutter ſchrie Zeder und Rache, ſie<lb/> wollte ſogleich hin und dem Mann unter tauſend<lb/> Qualen das Leben nehmen. Das geht nicht, liebe<lb/> Mama, ſagte ich, Sie finden ihn nicht allein,<lb/> Sie zwingen ihn nicht, er beſchimpft auch Sie;<lb/> ſo ſollen Sie ſich nicht fuͤr mich aufopfern.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">2 r <hi rendition="#g">Theil.</hi> A a</fw> <fw place="bottom" type="catch">Ach</fw><lb/> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [369/0373]
benheit etwas gemaͤßigt. Baron Treff war kaum
unter die Erde, ſo machte ſie ſich auf den Weg,
ihr Goldfritzel ſelbſt zu beſuchen und pflegen.
So ſchlimm auch Klaus meine Wunden,
Contuſionen und Krankheit vorgeſtellt hatte, ſo
waͤre ſie doch beim eigenen Anſchaun beinahe ohn-
maͤchtig geworden; ſie ſchrie laut auf, ſank um
und erholte ſich wieder um zu heulen und zu ſchrei-
en und die eben gegenwaͤrtigen Aerzte mit gerun-
genen Haͤnden zu bitten, daß ſie keine Muͤhe an
mir ſparen moͤchten, weil ſie alles gut bezahlen
wollte.
Jetzt fand ich fuͤr gut, den dankbaren und
ſchmeichelnden Sohn zu machen, und zugleich ſo
jaͤmmerlich zu thun, daß es das Mutterherz ganz
in Mitgefuͤhl aufloͤſen mußte. Jch erzaͤhlte ihr, ſo
bald wir allein waren, mit geſchwaͤchter Stimme,
daß ich in die Haͤnde eines Boͤſewichts gerathen
ſei, der mich im Verdacht gehabt, daß ich ihm ſei-
ne Maitreſſe abſpenſtig gemacht haͤtte, ich ſei von
ihm, einem ſtarken rieſenhaften Kerl uͤberfallen
worden, er habe ſich meiner gleich ſo bemaͤchtigt,
daß ich mich nicht haͤtte wehren koͤnnen, und nach-
dem er mich nun ſo zugerichtet, daß ich huͤlflos
zu Boden gelegen haͤtte, waͤre er ruhig fortgegangen.
Meine Mutter ſchrie Zeder und Rache, ſie
wollte ſogleich hin und dem Mann unter tauſend
Qualen das Leben nehmen. Das geht nicht, liebe
Mama, ſagte ich, Sie finden ihn nicht allein,
Sie zwingen ihn nicht, er beſchimpft auch Sie;
ſo ſollen Sie ſich nicht fuͤr mich aufopfern.
Ach
2 r Theil. A a
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |