Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
aufs neue an, auf den Barbaren zu schimpfen, der diese heimliche Abreise verhindert hätte, und bat Klausen, lieber nichts von ihrem Hiersein zu sagen; er zuckte die Achseln, der Doctor und Chirurgus haben Sie kommen sehen, der Advocat kömmt, man hat sie aussteigen sehen, ich will gewiß kei- nem von den Gläubigern von Jhrem Hiersein sa- gen, aber ich fürchte, sie werdens doch erfahren, so was geht wie ein Lauffeuer herum. Sie wandte sich jetzt an mich: wie hast du denn Schulden machen können, Söhnchen? sagte sie, doch ganz sanft und mit freundlichem Gesicht, um mich nicht zu ärgern. Jch antwortete, das Spiel wäre mir vielmal ungünstig gewesen, aber zuweilen hätte ich auch gewonnen. Nun, sagte sie, wir wollen darüber sprechen, du verstehst das Spiel nicht, mein Söhnchen, man betrügt dich. Was deine Schulden betrifft, die kann ich wohl jetzt nicht bezahlen, ich will aber vertrösten helfen, wenn ja jemand kommt. Der Advocat Beinbrecher erschien zur bestimm- ten Zeit, und nun nahm meine Mutter ihre Re- dekunst hervor, um ihm den vorseienden Fall zu klagen und ihn in Eifer zu setzen. Daß sie ihm das Verbrechen unsers Gegners in seiner ganzen Größe schilderte, und unter tausend Thränen sagte, es möchte einen Stein in der Erde erbarmen, wie mich der freche unverschämte Mann zugerichtet hätte, machte nur oberflächlichen Eindruck auf das feste Herz des Sachwalters; er meinte, wiewohl dieser Mann nicht recht gethan, so spräche man doch von A a 2
aufs neue an, auf den Barbaren zu ſchimpfen, der dieſe heimliche Abreiſe verhindert haͤtte, und bat Klauſen, lieber nichts von ihrem Hierſein zu ſagen; er zuckte die Achſeln, der Doctor und Chirurgus haben Sie kommen ſehen, der Advocat koͤmmt, man hat ſie ausſteigen ſehen, ich will gewiß kei- nem von den Glaͤubigern von Jhrem Hierſein ſa- gen, aber ich fuͤrchte, ſie werdens doch erfahren, ſo was geht wie ein Lauffeuer herum. Sie wandte ſich jetzt an mich: wie haſt du denn Schulden machen koͤnnen, Soͤhnchen? ſagte ſie, doch ganz ſanft und mit freundlichem Geſicht, um mich nicht zu aͤrgern. Jch antwortete, das Spiel waͤre mir vielmal unguͤnſtig geweſen, aber zuweilen haͤtte ich auch gewonnen. Nun, ſagte ſie, wir wollen daruͤber ſprechen, du verſtehſt das Spiel nicht, mein Soͤhnchen, man betruͤgt dich. Was deine Schulden betrifft, die kann ich wohl jetzt nicht bezahlen, ich will aber vertroͤſten helfen, wenn ja jemand kommt. Der Advocat Beinbrecher erſchien zur beſtimm- ten Zeit, und nun nahm meine Mutter ihre Re- dekunſt hervor, um ihm den vorſeienden Fall zu klagen und ihn in Eifer zu ſetzen. Daß ſie ihm das Verbrechen unſers Gegners in ſeiner ganzen Groͤße ſchilderte, und unter tauſend Thraͤnen ſagte, es moͤchte einen Stein in der Erde erbarmen, wie mich der freche unverſchaͤmte Mann zugerichtet haͤtte, machte nur oberflaͤchlichen Eindruck auf das feſte Herz des Sachwalters; er meinte, wiewohl dieſer Mann nicht recht gethan, ſo ſpraͤche man doch von A a 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#STA"> <p><pb facs="#f0375" n="371"/> aufs neue an, auf den Barbaren zu ſchimpfen, der<lb/> dieſe heimliche Abreiſe verhindert haͤtte, und bat<lb/> Klauſen, lieber nichts von ihrem Hierſein zu ſagen;<lb/> er zuckte die Achſeln, der Doctor und Chirurgus<lb/> haben Sie kommen ſehen, der Advocat koͤmmt,<lb/> man hat ſie ausſteigen ſehen, ich will gewiß kei-<lb/> nem von den Glaͤubigern von Jhrem Hierſein ſa-<lb/> gen, aber ich fuͤrchte, ſie werdens doch erfahren,<lb/> ſo was geht wie ein Lauffeuer herum.</p><lb/> <p>Sie wandte ſich jetzt an mich: wie haſt du<lb/> denn Schulden machen koͤnnen, Soͤhnchen? ſagte<lb/> ſie, doch ganz ſanft und mit freundlichem Geſicht,<lb/> um mich nicht zu aͤrgern. Jch antwortete, das<lb/> Spiel waͤre mir vielmal unguͤnſtig geweſen, aber<lb/> zuweilen haͤtte ich auch gewonnen. Nun, ſagte<lb/> ſie, wir wollen daruͤber ſprechen, du verſtehſt das<lb/> Spiel nicht, mein Soͤhnchen, man betruͤgt dich.<lb/> Was deine Schulden betrifft, die kann ich wohl<lb/> jetzt nicht bezahlen, ich will aber vertroͤſten helfen,<lb/> wenn ja jemand kommt.</p><lb/> <p>Der Advocat Beinbrecher erſchien zur beſtimm-<lb/> ten Zeit, und nun nahm meine Mutter ihre Re-<lb/> dekunſt hervor, um ihm den vorſeienden Fall zu<lb/> klagen und ihn in Eifer zu ſetzen. Daß ſie ihm das<lb/> Verbrechen unſers Gegners in ſeiner ganzen Groͤße<lb/> ſchilderte, und unter tauſend Thraͤnen ſagte, es<lb/> moͤchte einen Stein in der Erde erbarmen, wie mich<lb/> der freche unverſchaͤmte Mann zugerichtet haͤtte,<lb/> machte nur oberflaͤchlichen Eindruck auf das feſte<lb/> Herz des Sachwalters; er meinte, wiewohl dieſer<lb/> Mann nicht recht gethan, ſo ſpraͤche man doch<lb/> <fw place="bottom" type="sig">A a 2</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [371/0375]
aufs neue an, auf den Barbaren zu ſchimpfen, der
dieſe heimliche Abreiſe verhindert haͤtte, und bat
Klauſen, lieber nichts von ihrem Hierſein zu ſagen;
er zuckte die Achſeln, der Doctor und Chirurgus
haben Sie kommen ſehen, der Advocat koͤmmt,
man hat ſie ausſteigen ſehen, ich will gewiß kei-
nem von den Glaͤubigern von Jhrem Hierſein ſa-
gen, aber ich fuͤrchte, ſie werdens doch erfahren,
ſo was geht wie ein Lauffeuer herum.
Sie wandte ſich jetzt an mich: wie haſt du
denn Schulden machen koͤnnen, Soͤhnchen? ſagte
ſie, doch ganz ſanft und mit freundlichem Geſicht,
um mich nicht zu aͤrgern. Jch antwortete, das
Spiel waͤre mir vielmal unguͤnſtig geweſen, aber
zuweilen haͤtte ich auch gewonnen. Nun, ſagte
ſie, wir wollen daruͤber ſprechen, du verſtehſt das
Spiel nicht, mein Soͤhnchen, man betruͤgt dich.
Was deine Schulden betrifft, die kann ich wohl
jetzt nicht bezahlen, ich will aber vertroͤſten helfen,
wenn ja jemand kommt.
Der Advocat Beinbrecher erſchien zur beſtimm-
ten Zeit, und nun nahm meine Mutter ihre Re-
dekunſt hervor, um ihm den vorſeienden Fall zu
klagen und ihn in Eifer zu ſetzen. Daß ſie ihm das
Verbrechen unſers Gegners in ſeiner ganzen Groͤße
ſchilderte, und unter tauſend Thraͤnen ſagte, es
moͤchte einen Stein in der Erde erbarmen, wie mich
der freche unverſchaͤmte Mann zugerichtet haͤtte,
machte nur oberflaͤchlichen Eindruck auf das feſte
Herz des Sachwalters; er meinte, wiewohl dieſer
Mann nicht recht gethan, ſo ſpraͤche man doch
von
A a 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |