Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.
Anstalten mich als einen Kranken vorzustellen, nicht überfallen zu werden; überhaupt wollte sie mich bei Johann Jacobs Wiederkunft noch nicht zu Hause sein lassen. Nun lauerte sie am Fenster, bis sie ihn kom- men sah, gab mir dann geschwind noch ein halbes Glas Wein, gieng hinaus, schloß mich ein, und wartete ihres Mannes an der Hausthür. Der ehrliche Jacob hatte der Mutter zu alle- dem Zeit genug gelassen; denn als er von Felßen herauskam und mich nicht fand, erschrak er, frag- te und suchte im Hause, dann in andern Häusern und auf der Straße nach mir. Einige hatten wohl ein Kind herauskommen, andere vorbeilaufen sehen, aber man wußte doch nicht eigentlich wo es hinge- gangen war. Mit großer Herzensbeklemmung und sich den Tod wünschend, eilte nun der geplagte Mann nach Hause, um zu sehen, ob ich etwa schon angelangt wäre. Suschen stand also in der Haus- thür, und da Jacob ankam, fragte sie mit ängstlicher Stimme: wo hast du das Kind? Er that zitternd die Gegenfrage: ob es nicht nach Hause gekommen wäre? und sie affektirte ein gewaltiges Erschrecken. Er begann, was bei Felßen vorgefallen war, kürz- lich zu erzählen; sie ließ ihn aber nicht ausreden, sondern jagte ihn mit schreiender Stimme wieder fort,
Anſtalten mich als einen Kranken vorzuſtellen, nicht uͤberfallen zu werden; uͤberhaupt wollte ſie mich bei Johann Jacobs Wiederkunft noch nicht zu Hauſe ſein laſſen. Nun lauerte ſie am Fenſter, bis ſie ihn kom- men ſah, gab mir dann geſchwind noch ein halbes Glas Wein, gieng hinaus, ſchloß mich ein, und wartete ihres Mannes an der Hausthuͤr. Der ehrliche Jacob hatte der Mutter zu alle- dem Zeit genug gelaſſen; denn als er von Felßen herauskam und mich nicht fand, erſchrak er, frag- te und ſuchte im Hauſe, dann in andern Haͤuſern und auf der Straße nach mir. Einige hatten wohl ein Kind herauskommen, andere vorbeilaufen ſehen, aber man wußte doch nicht eigentlich wo es hinge- gangen war. Mit großer Herzensbeklemmung und ſich den Tod wuͤnſchend, eilte nun der geplagte Mann nach Hauſe, um zu ſehen, ob ich etwa ſchon angelangt waͤre. Suschen ſtand alſo in der Haus- thuͤr, und da Jacob ankam, fragte ſie mit aͤngſtlicher Stimme: wo haſt du das Kind? Er that zitternd die Gegenfrage: ob es nicht nach Hauſe gekommen waͤre? und ſie affektirte ein gewaltiges Erſchrecken. Er begann, was bei Felßen vorgefallen war, kuͤrz- lich zu erzaͤhlen; ſie ließ ihn aber nicht ausreden, ſondern jagte ihn mit ſchreiender Stimme wieder fort,
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Anſtalten mich als einen Kranken vorzuſtellen, nicht
uͤberfallen zu werden; uͤberhaupt wollte ſie mich bei
Johann Jacobs Wiederkunft noch nicht zu Hauſe
ſein laſſen.
Nun lauerte ſie am Fenſter, bis ſie ihn kom-
men ſah, gab mir dann geſchwind noch ein halbes
Glas Wein, gieng hinaus, ſchloß mich ein, und
wartete ihres Mannes an der Hausthuͤr.
Der ehrliche Jacob hatte der Mutter zu alle-
dem Zeit genug gelaſſen; denn als er von Felßen
herauskam und mich nicht fand, erſchrak er, frag-
te und ſuchte im Hauſe, dann in andern Haͤuſern
und auf der Straße nach mir. Einige hatten wohl
ein Kind herauskommen, andere vorbeilaufen ſehen,
aber man wußte doch nicht eigentlich wo es hinge-
gangen war. Mit großer Herzensbeklemmung und
ſich den Tod wuͤnſchend, eilte nun der geplagte
Mann nach Hauſe, um zu ſehen, ob ich etwa ſchon
angelangt waͤre. Suschen ſtand alſo in der Haus-
thuͤr, und da Jacob ankam, fragte ſie mit aͤngſtlicher
Stimme: wo haſt du das Kind? Er that zitternd
die Gegenfrage: ob es nicht nach Hauſe gekommen
waͤre? und ſie affektirte ein gewaltiges Erſchrecken.
Er begann, was bei Felßen vorgefallen war, kuͤrz-
lich zu erzaͤhlen; ſie ließ ihn aber nicht ausreden,
ſondern jagte ihn mit ſchreiender Stimme wieder
fort,
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