Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800.

Bild:
<< vorherige Seite
zu können, als wenn sie eine dieser beiden Damen
auf die andere erbitterte. Sie stellte sich zu dem
Ende wegen des Ausschließens von den intriquan-
ten Gesellschaften völlig versöhnt, hatte oft etwas
bei der Frau von Treff, so wie auch bei meiner
Mutter zu zeigen, vorzuschlagen, und setzte sich
sogar in Unkosten, um dieser oder jener zu etwas
von gutem Geschmack wohlfeil zu verhelfen. Da-
bei hatte sie immer neue und geheime Nachrichten
fast aus allen Häusern zu erzählen. Sie wußte
ohngefehr, welche Damen die gnädige Frau nicht
leiden konnte, von diesen sprach sie alles mögliche
üble, und bei meiner Mutter empfahl sie sich am
meisten durch Verläumdungen auf Sophien Busch.
So gelang es ihr bald, als vertraute Freundinn
noch einmal im Gasthof eingeführt zu sein; man
glaubte, sie habe einsehen lernen, daß sie sich mit
ihren Mamsells in die Gesellschaften, wo jetzt vor-
nehmere Damen erschienen, nicht schickte, war ihr
um dieser eingebildeten Bescheidenheit willen noch
gewogener, und sahe sie gern kommen, ja es konn-
te nicht oft genug geschehen, es ward sogar nach
ihr geschickt, sie mußte ganze Vormittage bei der
Frau Baroninn zubringen, welche sich nun nicht
im geringsten vor ihr genierte.

Nachdem
zu koͤnnen, als wenn ſie eine dieſer beiden Damen
auf die andere erbitterte. Sie ſtellte ſich zu dem
Ende wegen des Ausſchließens von den intriquan-
ten Geſellſchaften voͤllig verſoͤhnt, hatte oft etwas
bei der Frau von Treff, ſo wie auch bei meiner
Mutter zu zeigen, vorzuſchlagen, und ſetzte ſich
ſogar in Unkoſten, um dieſer oder jener zu etwas
von gutem Geſchmack wohlfeil zu verhelfen. Da-
bei hatte ſie immer neue und geheime Nachrichten
faſt aus allen Haͤuſern zu erzaͤhlen. Sie wußte
ohngefehr, welche Damen die gnaͤdige Frau nicht
leiden konnte, von dieſen ſprach ſie alles moͤgliche
uͤble, und bei meiner Mutter empfahl ſie ſich am
meiſten durch Verlaͤumdungen auf Sophien Buſch.
So gelang es ihr bald, als vertraute Freundinn
noch einmal im Gaſthof eingefuͤhrt zu ſein; man
glaubte, ſie habe einſehen lernen, daß ſie ſich mit
ihren Mamſells in die Geſellſchaften, wo jetzt vor-
nehmere Damen erſchienen, nicht ſchickte, war ihr
um dieſer eingebildeten Beſcheidenheit willen noch
gewogener, und ſahe ſie gern kommen, ja es konn-
te nicht oft genug geſchehen, es ward ſogar nach
ihr geſchickt, ſie mußte ganze Vormittage bei der
Frau Baroninn zubringen, welche ſich nun nicht
im geringſten vor ihr genierte.

Nachdem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#SUS">
          <p><pb facs="#f0054" n="50"/>
zu ko&#x0364;nnen, als wenn &#x017F;ie eine die&#x017F;er beiden Damen<lb/>
auf die andere erbitterte. Sie &#x017F;tellte &#x017F;ich zu dem<lb/>
Ende wegen des Aus&#x017F;chließens von den intriquan-<lb/>
ten Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften vo&#x0364;llig ver&#x017F;o&#x0364;hnt, hatte oft etwas<lb/>
bei der Frau von Treff, &#x017F;o wie auch bei meiner<lb/>
Mutter zu zeigen, vorzu&#x017F;chlagen, und &#x017F;etzte &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ogar in Unko&#x017F;ten, um die&#x017F;er oder jener zu etwas<lb/>
von gutem Ge&#x017F;chmack wohlfeil zu verhelfen. Da-<lb/>
bei hatte &#x017F;ie immer neue und geheime Nachrichten<lb/>
fa&#x017F;t aus allen Ha&#x0364;u&#x017F;ern zu erza&#x0364;hlen. Sie wußte<lb/>
ohngefehr, welche Damen die gna&#x0364;dige Frau nicht<lb/>
leiden konnte, von die&#x017F;en &#x017F;prach &#x017F;ie alles mo&#x0364;gliche<lb/>
u&#x0364;ble, und bei meiner Mutter empfahl &#x017F;ie &#x017F;ich am<lb/>
mei&#x017F;ten durch Verla&#x0364;umdungen auf Sophien Bu&#x017F;ch.<lb/>
So gelang es ihr bald, als vertraute Freundinn<lb/>
noch einmal im Ga&#x017F;thof eingefu&#x0364;hrt zu &#x017F;ein; man<lb/>
glaubte, &#x017F;ie habe ein&#x017F;ehen lernen, daß &#x017F;ie &#x017F;ich mit<lb/>
ihren Mam&#x017F;ells in die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften, wo jetzt vor-<lb/>
nehmere Damen er&#x017F;chienen, nicht &#x017F;chickte, war ihr<lb/>
um die&#x017F;er eingebildeten Be&#x017F;cheidenheit willen noch<lb/>
gewogener, und &#x017F;ahe &#x017F;ie gern kommen, ja es konn-<lb/>
te nicht oft genug ge&#x017F;chehen, es ward &#x017F;ogar nach<lb/>
ihr ge&#x017F;chickt, &#x017F;ie mußte ganze Vormittage bei der<lb/>
Frau Baroninn zubringen, welche &#x017F;ich nun nicht<lb/>
im gering&#x017F;ten vor ihr genierte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Nachdem</fw><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0054] zu koͤnnen, als wenn ſie eine dieſer beiden Damen auf die andere erbitterte. Sie ſtellte ſich zu dem Ende wegen des Ausſchließens von den intriquan- ten Geſellſchaften voͤllig verſoͤhnt, hatte oft etwas bei der Frau von Treff, ſo wie auch bei meiner Mutter zu zeigen, vorzuſchlagen, und ſetzte ſich ſogar in Unkoſten, um dieſer oder jener zu etwas von gutem Geſchmack wohlfeil zu verhelfen. Da- bei hatte ſie immer neue und geheime Nachrichten faſt aus allen Haͤuſern zu erzaͤhlen. Sie wußte ohngefehr, welche Damen die gnaͤdige Frau nicht leiden konnte, von dieſen ſprach ſie alles moͤgliche uͤble, und bei meiner Mutter empfahl ſie ſich am meiſten durch Verlaͤumdungen auf Sophien Buſch. So gelang es ihr bald, als vertraute Freundinn noch einmal im Gaſthof eingefuͤhrt zu ſein; man glaubte, ſie habe einſehen lernen, daß ſie ſich mit ihren Mamſells in die Geſellſchaften, wo jetzt vor- nehmere Damen erſchienen, nicht ſchickte, war ihr um dieſer eingebildeten Beſcheidenheit willen noch gewogener, und ſahe ſie gern kommen, ja es konn- te nicht oft genug geſchehen, es ward ſogar nach ihr geſchickt, ſie mußte ganze Vormittage bei der Frau Baroninn zubringen, welche ſich nun nicht im geringſten vor ihr genierte. Nachdem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/54
Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/54>, abgerufen am 14.05.2024.