Dergleichen Anmerkungen mußte sie, so lange Peter im Hause war, öfters anhören, es war ihr also lieb, daß er sich empfohl, auch säumte sie nun nicht, Gebrauch von ihrer Freiheit zu machen. Sie verließ sogleich das Bette, und begann die Trauer einzurichten, bestellte für sich und uns alles, so wie es Leute von Stande haben, ärgerte sich aber, daß sie die Pleureusen weglassen mußte. Doch wenn sie daran nichts fehlen ließ, so begann sie desto sparsa- mer gegen alles, was sie zu ernähren hatte, zu sein, sogar der Wirthstisch wurde nur spärlich be- setzt, und die einkehrenden Fremden hatten alle Ur- sache, sich über die kärgliche Bewirthung zu bekla- gen, für welche sie gleichwohl mehr als sonst be- zahlen mußten. Die Sorge, dadurch die Gäste zu vrrscheuchen, konnte bei meiner Mutter nicht statt finden, weil sie den Gasthof ohnehin bald verpach- ten wollte; ihn zu verkaufen getraute sie sich wegen Petern nicht, welcher auf dieses Familienerbe viel hielt.
Obgleich demnach alles im Hause unter der genauen Wirthschaft meiner Mutter leiden mußte, und Madelon am meisten darunter litt, indem diese sich den Magen nie bis zur Sättigung anfüllen durfte; so gieng doch mir nichts ab. Nicht nur bestellte ich, was ich zu essen befahl, sondern riß
bei
F 3
Dergleichen Anmerkungen mußte ſie, ſo lange Peter im Hauſe war, oͤfters anhoͤren, es war ihr alſo lieb, daß er ſich empfohl, auch ſaͤumte ſie nun nicht, Gebrauch von ihrer Freiheit zu machen. Sie verließ ſogleich das Bette, und begann die Trauer einzurichten, beſtellte fuͤr ſich und uns alles, ſo wie es Leute von Stande haben, aͤrgerte ſich aber, daß ſie die Pleureuſen weglaſſen mußte. Doch wenn ſie daran nichts fehlen ließ, ſo begann ſie deſto ſparſa- mer gegen alles, was ſie zu ernaͤhren hatte, zu ſein, ſogar der Wirthstiſch wurde nur ſpaͤrlich be- ſetzt, und die einkehrenden Fremden hatten alle Ur- ſache, ſich uͤber die kaͤrgliche Bewirthung zu bekla- gen, fuͤr welche ſie gleichwohl mehr als ſonſt be- zahlen mußten. Die Sorge, dadurch die Gaͤſte zu vrrſcheuchen, konnte bei meiner Mutter nicht ſtatt finden, weil ſie den Gaſthof ohnehin bald verpach- ten wollte; ihn zu verkaufen getraute ſie ſich wegen Petern nicht, welcher auf dieſes Familienerbe viel hielt.
Obgleich demnach alles im Hauſe unter der genauen Wirthſchaft meiner Mutter leiden mußte, und Madelon am meiſten darunter litt, indem dieſe ſich den Magen nie bis zur Saͤttigung anfuͤllen durfte; ſo gieng doch mir nichts ab. Nicht nur beſtellte ich, was ich zu eſſen befahl, ſondern riß
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Dergleichen Anmerkungen mußte ſie, ſo lange
Peter im Hauſe war, oͤfters anhoͤren, es war ihr
alſo lieb, daß er ſich empfohl, auch ſaͤumte ſie nun
nicht, Gebrauch von ihrer Freiheit zu machen. Sie
verließ ſogleich das Bette, und begann die Trauer
einzurichten, beſtellte fuͤr ſich und uns alles, ſo wie
es Leute von Stande haben, aͤrgerte ſich aber, daß
ſie die Pleureuſen weglaſſen mußte. Doch wenn ſie
daran nichts fehlen ließ, ſo begann ſie deſto ſparſa-
mer gegen alles, was ſie zu ernaͤhren hatte, zu
ſein, ſogar der Wirthstiſch wurde nur ſpaͤrlich be-
ſetzt, und die einkehrenden Fremden hatten alle Ur-
ſache, ſich uͤber die kaͤrgliche Bewirthung zu bekla-
gen, fuͤr welche ſie gleichwohl mehr als ſonſt be-
zahlen mußten. Die Sorge, dadurch die Gaͤſte zu
vrrſcheuchen, konnte bei meiner Mutter nicht ſtatt
finden, weil ſie den Gaſthof ohnehin bald verpach-
ten wollte; ihn zu verkaufen getraute ſie ſich wegen
Petern nicht, welcher auf dieſes Familienerbe viel
hielt.
Obgleich demnach alles im Hauſe unter der
genauen Wirthſchaft meiner Mutter leiden mußte,
und Madelon am meiſten darunter litt, indem dieſe
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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 2. Gera, 1800, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz02_1800/89>, abgerufen am 13.05.2024.
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