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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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[Spaltenumbruch] Abscheu und verbissener Wuth: "Hier ist die Feige!" Diese neue originelle Strafe kam bald zur Kenntniss anderer Völker und gab zu dem Sprichwort Veranlassung, indem man zu jemand, den man verächtlich abweisen will, zu sagen pflegte: Ich will dir die Feige weisen. Von Delling in seinem Bairischen Idiotikon sagt über die Redensart: "Man macht eine Feige, wenn man den Daumen zwischen den Zeigefinger und den Mittelfinger legt und zugleich die Faust ballt. Den Daumen durch die zwei vordern Finger derselben Hand stecken und dadurch vulvam andeuten, oder alle Finger einziehen und nur den mittlern medium digitum oder digitum impudicum ausdrücken, welches soviel heissen soll, als: Ich bin der Mann!" - "Vnnd zeiget jhr die feigen, nach gewonheyt der walchen, da sie den Daumen durch zwen finger stossen, das heysst ein feyg." (Pauli, Schimpf, LXXIIb.) Durch diese Geberde soll theils eine Verhöhnung, Verspottung, theils auch ein Unwille bezeichnet werden. In Gryse's Leien Bibel (Fr. 28, Bg. H, 3) heisst es: "Eine moder hedde ock einen vngehorsamen Sone, de se bespottede vnde stuck thogelick den dumen twischen twe Finger vnde zyssede se an schimplick." - Henisch fügt der Redensart zur Erklärung bei: "Den Hindern zeigen, den Arss auffdecken, den mitlen Finger zaigen." Hoefer (I, 205) leitet den Ursprung des Ausdrucks aus Martial, I, 7, epigr. 58, und I, 1, ep. 57, her. - Noch ist zu bemerken, dass die Feige in italienischen Sprichwörtern überhaupt häufig vorkommt. Einige Beispiele hier beweisen dies. (Vgl. Wurzbach II, a. a. O., und über diese Redensart ferner den Artikel Feige im Brem. Wb., wie Lappenberg in der Zeitschrift des Vereins f. hamburg. Gesch., II, 279, 143.)

Lat.: Medium ostendere digitum. (Juvenal.) (Philippi, I, 244.)

*20 Einem faule Feigen verkaufen.

Ihn betrügen.

*21 Einem mit welschen Feigen das Essen verbittern. - Körte, 1322b.

Ihn vergiften.

Holl.: Zij kookten hem eene vijg, daar hij aan stierf. (Harrebomee, II, 380.)

*22 Einem welsche Feigen bieten. - Murner, Vom luth. Narren.

"Vnd bodt vnss dran ein welsche feigen." (Kloster, X, 145.)

Holl.: Iemand eene Spaansche vijg geven. (Harrebomee, II, 380.)

*23 Er ist weder Feige noch Weinbeere.

Vom Unentschiedenen, Charakterlosen, einem der weder kalt noch warm ist.

*24 Er wolt gern Feigen essen. - Eyering, II, 473.

*25 Es ist keine Feige werth. (Ital.)

Im Sinne grosser Verächtlichkeit. (S. 19.)

*26 Es sind alte Feigen nach Ostern. - Petri, II, 292.

Lat.: Ut ficus pascha transacta sunt tua facta.

*27 Feigen auf der Stange suchen. - Wurzbach II, 103.

Etwas Schwieriges unternehmen.

It.: Cercare i fichi in vetta.

*28 Feigen hat er ausgeschlagen und Hanbutten davongetragen.

*29 Feigen im Winter setzen. - Henisch, 1043.

Lat.: Ficum hyeme quaerere.

*30 Feigen theilen. - Henisch, 1043.

Wohlhabende, die sehr karg sind.

Lat.: Ficos dividere.

*31 Ich wiel ich1 wull de Feegen weesen. - Robinson, 962.

1) Will euch.

*32 Vmb ein feigen bitten. - Henisch, 1043.

Schmeicheln.

Lat.: Ficum petere adulari.


Feige (der).

1 Dem Feigen weist das Glück den Rücken. - Eiselen, 164; Simrock, 2351.

2 Der Feige ladet (droht), aber schiesst (kämpft) nicht.

It.: L'armi de' poltroni non tagliano, ne forano. (Bohn I, 107.)

3 Ein Feiger muss seine Farbe oft wechseln.

Lat.: Ignavi vertitur color. (Philippi, I, 185.)

4 Ein Feiger zeigt nur seine Macht vor dem, der nie zu schlagen wagt. - Eiselein, 163.

5 Einem Feigen kann selbst unser Herrgott keine Hülfe zeigen.

6 Feige haben kein Glück. - Bohn I, 190.

7 Wenn zwei Feige einander begegnen, hat der es am besten, der den andern zuerst erkennt.

8 Wer von zwei Feigen angreift, der ist der Sieger (Held).

Span.: De ruin a ruin, quien acomete vence. (Bohn I, 212.)


[Spaltenumbruch]
Feigenbart.

* He hett en Feigenbart1.

1) So nennt man einen durch Einwirkung scharfer Luft oder infolge eines Magenübels entstandenen ausgefahrenen (ausschlägigen) Mund. (Schütze, I, 70.)


Feigenbaum.

1 Feigenbäume sind der Vögel liebste Räume.

Von Vergnügungssüchtigen, die anständige Arbeit fliehen und doch Vortheil und Gewinn ziehen wollen.

2 Wenn der Feigenbaum König wäre, er würde bald an der Auszehrung sterben. - Scheidemünze, II, 36.

3 Wer sein Feigenbaum bewart, der jsset Früchte davon. - Petri, II, 751.

*4 Er ist wie jener Feigenbaum. - Parömiakon, 220.

Nämlich der von Christo verfluchte; er hat Blätter, nämlich Kartenblätter, aber keine, oder höchstens nur sehr schlechte Früchte.

*5 Unter dem Feigenbaume schlafen. (Altgr.)

Das Feigenblatt war bei den Alten das Sinnbild von Verschiedenem. Es bezeichnete unter anderm das Königthum, das südliche Klima, die Wollust und endlich, was hierher gehört, das ruhige Leben. Unter dem Feigenbaume schlafen bedeutet daher soviel als ein sorgenfreies, ruhiges Leben führen.


Feigenblatt.

1 Die Feigenblätter Adam's sind schuld, dass er's der Eva zeiht.

2 Feigenblätter sind noch keine Hosen.

Entschuldigungen noch keine Rechtfertigungen.

*3 Feigenblätter suchen (flechten).

Ausflüchte, Entschuldigungen.

Holl.: Hij zoekt naar vijgebladen. (Harrebomee, II, 379.)

Zij vlechten vijgebladeren. (Harrebomee, II, 380.)

*4 Sich mit (Adam's) Feigenblättern decken. - Mathesy, 220a.

Sich entschuldigen, weiss brennen.


Feigenblüte.

* Nach Feigenblüten gelüsten. (Ital.)

Nach seltenen, ungewöhnlichen, nach Dingen gelüsten, die sehr schwer zu haben sind.


Feigling.

Lass den Feigling das verworrene Garn auflösen. - Burckhardt, 242.

Das Geschäft muss dem Charakter eines Menschen angemessen sein. Nur für den Unmännlichen und Schwächling gehört Weiberarbeit.


Feil.

1 Wer feil hat, der muss Wort' machen. - Petri, II, 706.

Er muss seine Waare anpreisen.

*2 Du bist mir feil. (Rottenburg.)

Kannst abkommen, kannst mir gestohlen werden.

*3 Sie haben nebeneinander feil.

Es ist einer wie der andere.


Feile.

1 Besser zwei Feilen zerbrochen, als Rost am Schloss.

2 Die Feile macht sich rostig (oder: stumpft sich ab), um fremdes Eisen zu putzen. - Parömiakon, 1460.

Von der (uneigennützigen) Aufopferung für andere.

3 Eine Feile schärft die andere.

Lat.: Lima limam limat. (Bovill, III, 12.)

4 Eine Feile, welche stets Rost frisst, wird auch zuletzt stumpf. - Scheidemünze, II, 171.

5 Eine gute Feile macht auch rostig Eisen blank. - Scheidemünze, II, 241.

6 Eine weiche Feile glättet keinen verrosteten Stahl.

7 Ohne Feile wird kein guter Vers.

Frz.: Ades dure la lime ades dure li vers. (Leroux, I, 135.)

8 Wenn die Feile lange geht, zernagt sie auch das Eisen.

*9 Da fehlt die Feile.

Die Arbeit ist noch rauh, mangelhaft, bedarf der Politur.

Holl.: Het heeft de vijl noodig. (Harrebomee, II, 380.)

*10 Die letzte Feile anlegen.

Die letzte Hand anlegen, eine Sache vollständig fertig machen. Bei einer Lehmtenne geschieht dies z. B. durch Schlagen und Walzen. Daher:

Frz.: Battre et applanir l'aire.

Lat.: Aream exaequare cylindro. (Bovill, II, 5.)


[Spaltenumbruch] Abscheu und verbissener Wuth: „Hier ist die Feige!“ Diese neue originelle Strafe kam bald zur Kenntniss anderer Völker und gab zu dem Sprichwort Veranlassung, indem man zu jemand, den man verächtlich abweisen will, zu sagen pflegte: Ich will dir die Feige weisen. Von Delling in seinem Bairischen Idiotikon sagt über die Redensart: „Man macht eine Feige, wenn man den Daumen zwischen den Zeigefinger und den Mittelfinger legt und zugleich die Faust ballt. Den Daumen durch die zwei vordern Finger derselben Hand stecken und dadurch vulvam andeuten, oder alle Finger einziehen und nur den mittlern medium digitum oder digitum impudicum ausdrücken, welches soviel heissen soll, als: Ich bin der Mann!“ – „Vnnd zeiget jhr die feigen, nach gewonheyt der walchen, da sie den Daumen durch zwen finger stossen, das heysst ein feyg.“ (Pauli, Schimpf, LXXIIb.) Durch diese Geberde soll theils eine Verhöhnung, Verspottung, theils auch ein Unwille bezeichnet werden. In Gryse's Leien Bibel (Fr. 28, Bg. H, 3) heisst es: „Eine moder hedde ock einen vngehorsamen Sone, de se bespottede vnde stuck thogelick den dumen twischen twe Finger vnde zyssede se an schimplick.“ – Henisch fügt der Redensart zur Erklärung bei: „Den Hindern zeigen, den Arss auffdecken, den mitlen Finger zaigen.“ Hoefer (I, 205) leitet den Ursprung des Ausdrucks aus Martial, I, 7, epigr. 58, und I, 1, ep. 57, her. – Noch ist zu bemerken, dass die Feige in italienischen Sprichwörtern überhaupt häufig vorkommt. Einige Beispiele hier beweisen dies. (Vgl. Wurzbach II, a. a. O., und über diese Redensart ferner den Artikel Feige im Brem. Wb., wie Lappenberg in der Zeitschrift des Vereins f. hamburg. Gesch., II, 279, 143.)

Lat.: Medium ostendere digitum. (Juvenal.) (Philippi, I, 244.)

*20 Einem faule Feigen verkaufen.

Ihn betrügen.

*21 Einem mit welschen Feigen das Essen verbittern.Körte, 1322b.

Ihn vergiften.

Holl.: Zij kookten hem eene vijg, daar hij aan stierf. (Harrebomée, II, 380.)

*22 Einem welsche Feigen bieten.Murner, Vom luth. Narren.

„Vnd bodt vnss dran ein welsche feigen.“ (Kloster, X, 145.)

Holl.: Iemand eene Spaansche vijg geven. (Harrebomée, II, 380.)

*23 Er ist weder Feige noch Weinbeere.

Vom Unentschiedenen, Charakterlosen, einem der weder kalt noch warm ist.

*24 Er wolt gern Feigen essen.Eyering, II, 473.

*25 Es ist keine Feige werth. (Ital.)

Im Sinne grosser Verächtlichkeit. (S. 19.)

*26 Es sind alte Feigen nach Ostern.Petri, II, 292.

Lat.: Ut ficus pascha transacta sunt tua facta.

*27 Feigen auf der Stange suchen.Wurzbach II, 103.

Etwas Schwieriges unternehmen.

It.: Cercare i fichi in vetta.

*28 Feigen hat er ausgeschlagen und Hanbutten davongetragen.

*29 Feigen im Winter setzen.Henisch, 1043.

Lat.: Ficum hyeme quaerere.

*30 Feigen theilen.Henisch, 1043.

Wohlhabende, die sehr karg sind.

Lat.: Ficos dividere.

*31 Ich wiel ich1 wull de Feegen weesen.Robinson, 962.

1) Will euch.

*32 Vmb ein feigen bitten.Henisch, 1043.

Schmeicheln.

Lat.: Ficum petere adulari.


Feige (der).

1 Dem Feigen weist das Glück den Rücken.Eiselen, 164; Simrock, 2351.

2 Der Feige ladet (droht), aber schiesst (kämpft) nicht.

It.: L'armi de' poltroni non tagliano, nè forano. (Bohn I, 107.)

3 Ein Feiger muss seine Farbe oft wechseln.

Lat.: Ignavi vertitur color. (Philippi, I, 185.)

4 Ein Feiger zeigt nur seine Macht vor dem, der nie zu schlagen wagt.Eiselein, 163.

5 Einem Feigen kann selbst unser Herrgott keine Hülfe zeigen.

6 Feige haben kein Glück.Bohn I, 190.

7 Wenn zwei Feige einander begegnen, hat der es am besten, der den andern zuerst erkennt.

8 Wer von zwei Feigen angreift, der ist der Sieger (Held).

Span.: De ruin á ruin, quien acomete vence. (Bohn I, 212.)


[Spaltenumbruch]
Feigenbart.

* He hett en Fîgenbart1.

1) So nennt man einen durch Einwirkung scharfer Luft oder infolge eines Magenübels entstandenen ausgefahrenen (ausschlägigen) Mund. (Schütze, I, 70.)


Feigenbaum.

1 Feigenbäume sind der Vögel liebste Räume.

Von Vergnügungssüchtigen, die anständige Arbeit fliehen und doch Vortheil und Gewinn ziehen wollen.

2 Wenn der Feigenbaum König wäre, er würde bald an der Auszehrung sterben.Scheidemünze, II, 36.

3 Wer sein Feigenbaum bewart, der jsset Früchte davon.Petri, II, 751.

*4 Er ist wie jener Feigenbaum.Parömiakon, 220.

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*5 Unter dem Feigenbaume schlafen. (Altgr.)

Das Feigenblatt war bei den Alten das Sinnbild von Verschiedenem. Es bezeichnete unter anderm das Königthum, das südliche Klima, die Wollust und endlich, was hierher gehört, das ruhige Leben. Unter dem Feigenbaume schlafen bedeutet daher soviel als ein sorgenfreies, ruhiges Leben führen.


Feigenblatt.

1 Die Feigenblätter Adam's sind schuld, dass er's der Eva zeiht.

2 Feigenblätter sind noch keine Hosen.

Entschuldigungen noch keine Rechtfertigungen.

*3 Feigenblätter suchen (flechten).

Ausflüchte, Entschuldigungen.

Holl.: Hij zoekt naar vijgebladen. (Harrebomée, II, 379.)

Zij vlechten vijgebladeren. (Harrebomée, II, 380.)

*4 Sich mit (Adam's) Feigenblättern decken.Mathesy, 220a.

Sich entschuldigen, weiss brennen.


Feigenblüte.

* Nach Feigenblüten gelüsten. (Ital.)

Nach seltenen, ungewöhnlichen, nach Dingen gelüsten, die sehr schwer zu haben sind.


Feigling.

Lass den Feigling das verworrene Garn auflösen.Burckhardt, 242.

Das Geschäft muss dem Charakter eines Menschen angemessen sein. Nur für den Unmännlichen und Schwächling gehört Weiberarbeit.


Feil.

1 Wer feil hat, der muss Wort' machen.Petri, II, 706.

Er muss seine Waare anpreisen.

*2 Du bist mir feil. (Rottenburg.)

Kannst abkommen, kannst mir gestohlen werden.

*3 Sie haben nebeneinander feil.

Es ist einer wie der andere.


Feile.

1 Besser zwei Feilen zerbrochen, als Rost am Schloss.

2 Die Feile macht sich rostig (oder: stumpft sich ab), um fremdes Eisen zu putzen.Parömiakon, 1460.

Von der (uneigennützigen) Aufopferung für andere.

3 Eine Feile schärft die andere.

Lat.: Lima limam limat. (Bovill, III, 12.)

4 Eine Feile, welche stets Rost frisst, wird auch zuletzt stumpf.Scheidemünze, II, 171.

5 Eine gute Feile macht auch rostig Eisen blank.Scheidemünze, II, 241.

6 Eine weiche Feile glättet keinen verrosteten Stahl.

7 Ohne Feile wird kein guter Vers.

Frz.: Adès dure la lime adès dure li vers. (Leroux, I, 135.)

8 Wenn die Feile lange geht, zernagt sie auch das Eisen.

*9 Da fehlt die Feile.

Die Arbeit ist noch rauh, mangelhaft, bedarf der Politur.

Holl.: Het heeft de vijl noodig. (Harrebomée, II, 380.)

*10 Die letzte Feile anlegen.

Die letzte Hand anlegen, eine Sache vollständig fertig machen. Bei einer Lehmtenne geschieht dies z. B. durch Schlagen und Walzen. Daher:

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[[482]/0510] Abscheu und verbissener Wuth: „Hier ist die Feige!“ Diese neue originelle Strafe kam bald zur Kenntniss anderer Völker und gab zu dem Sprichwort Veranlassung, indem man zu jemand, den man verächtlich abweisen will, zu sagen pflegte: Ich will dir die Feige weisen. Von Delling in seinem Bairischen Idiotikon sagt über die Redensart: „Man macht eine Feige, wenn man den Daumen zwischen den Zeigefinger und den Mittelfinger legt und zugleich die Faust ballt. Den Daumen durch die zwei vordern Finger derselben Hand stecken und dadurch vulvam andeuten, oder alle Finger einziehen und nur den mittlern medium digitum oder digitum impudicum ausdrücken, welches soviel heissen soll, als: Ich bin der Mann!“ – „Vnnd zeiget jhr die feigen, nach gewonheyt der walchen, da sie den Daumen durch zwen finger stossen, das heysst ein feyg.“ (Pauli, Schimpf, LXXIIb.) Durch diese Geberde soll theils eine Verhöhnung, Verspottung, theils auch ein Unwille bezeichnet werden. In Gryse's Leien Bibel (Fr. 28, Bg. H, 3) heisst es: „Eine moder hedde ock einen vngehorsamen Sone, de se bespottede vnde stuck thogelick den dumen twischen twe Finger vnde zyssede se an schimplick.“ – Henisch fügt der Redensart zur Erklärung bei: „Den Hindern zeigen, den Arss auffdecken, den mitlen Finger zaigen.“ Hoefer (I, 205) leitet den Ursprung des Ausdrucks aus Martial, I, 7, epigr. 58, und I, 1, ep. 57, her. – Noch ist zu bemerken, dass die Feige in italienischen Sprichwörtern überhaupt häufig vorkommt. Einige Beispiele hier beweisen dies. (Vgl. Wurzbach II, a. a. O., und über diese Redensart ferner den Artikel Feige im Brem. Wb., wie Lappenberg in der Zeitschrift des Vereins f. hamburg. Gesch., II, 279, 143.) Lat.: Medium ostendere digitum. (Juvenal.) (Philippi, I, 244.) *20 Einem faule Feigen verkaufen. Ihn betrügen. *21 Einem mit welschen Feigen das Essen verbittern. – Körte, 1322b. Ihn vergiften. Holl.: Zij kookten hem eene vijg, daar hij aan stierf. (Harrebomée, II, 380.) *22 Einem welsche Feigen bieten. – Murner, Vom luth. Narren. „Vnd bodt vnss dran ein welsche feigen.“ (Kloster, X, 145.) Holl.: Iemand eene Spaansche vijg geven. (Harrebomée, II, 380.) *23 Er ist weder Feige noch Weinbeere. Vom Unentschiedenen, Charakterlosen, einem der weder kalt noch warm ist. *24 Er wolt gern Feigen essen. – Eyering, II, 473. *25 Es ist keine Feige werth. (Ital.) Im Sinne grosser Verächtlichkeit. (S. 19.) *26 Es sind alte Feigen nach Ostern. – Petri, II, 292. Lat.: Ut ficus pascha transacta sunt tua facta. *27 Feigen auf der Stange suchen. – Wurzbach II, 103. Etwas Schwieriges unternehmen. It.: Cercare i fichi in vetta. *28 Feigen hat er ausgeschlagen und Hanbutten davongetragen. *29 Feigen im Winter setzen. – Henisch, 1043. Lat.: Ficum hyeme quaerere. *30 Feigen theilen. – Henisch, 1043. Wohlhabende, die sehr karg sind. Lat.: Ficos dividere. *31 Ich wiel ich1 wull de Feegen weesen. – Robinson, 962. 1) Will euch. *32 Vmb ein feigen bitten. – Henisch, 1043. Schmeicheln. Lat.: Ficum petere adulari. Feige (der). 1 Dem Feigen weist das Glück den Rücken. – Eiselen, 164; Simrock, 2351. 2 Der Feige ladet (droht), aber schiesst (kämpft) nicht. It.: L'armi de' poltroni non tagliano, nè forano. (Bohn I, 107.) 3 Ein Feiger muss seine Farbe oft wechseln. Lat.: Ignavi vertitur color. (Philippi, I, 185.) 4 Ein Feiger zeigt nur seine Macht vor dem, der nie zu schlagen wagt. – Eiselein, 163. 5 Einem Feigen kann selbst unser Herrgott keine Hülfe zeigen. 6 Feige haben kein Glück. – Bohn I, 190. 7 Wenn zwei Feige einander begegnen, hat der es am besten, der den andern zuerst erkennt. 8 Wer von zwei Feigen angreift, der ist der Sieger (Held). Span.: De ruin á ruin, quien acomete vence. (Bohn I, 212.) Feigenbart. * He hett en Fîgenbart1. 1) So nennt man einen durch Einwirkung scharfer Luft oder infolge eines Magenübels entstandenen ausgefahrenen (ausschlägigen) Mund. (Schütze, I, 70.) Feigenbaum. 1 Feigenbäume sind der Vögel liebste Räume. Von Vergnügungssüchtigen, die anständige Arbeit fliehen und doch Vortheil und Gewinn ziehen wollen. 2 Wenn der Feigenbaum König wäre, er würde bald an der Auszehrung sterben. – Scheidemünze, II, 36. 3 Wer sein Feigenbaum bewart, der jsset Früchte davon. – Petri, II, 751. *4 Er ist wie jener Feigenbaum. – Parömiakon, 220. Nämlich der von Christo verfluchte; er hat Blätter, nämlich Kartenblätter, aber keine, oder höchstens nur sehr schlechte Früchte. *5 Unter dem Feigenbaume schlafen. (Altgr.) Das Feigenblatt war bei den Alten das Sinnbild von Verschiedenem. Es bezeichnete unter anderm das Königthum, das südliche Klima, die Wollust und endlich, was hierher gehört, das ruhige Leben. Unter dem Feigenbaume schlafen bedeutet daher soviel als ein sorgenfreies, ruhiges Leben führen. Feigenblatt. 1 Die Feigenblätter Adam's sind schuld, dass er's der Eva zeiht. 2 Feigenblätter sind noch keine Hosen. Entschuldigungen noch keine Rechtfertigungen. *3 Feigenblätter suchen (flechten). Ausflüchte, Entschuldigungen. Holl.: Hij zoekt naar vijgebladen. (Harrebomée, II, 379.) Zij vlechten vijgebladeren. (Harrebomée, II, 380.) *4 Sich mit (Adam's) Feigenblättern decken. – Mathesy, 220a. Sich entschuldigen, weiss brennen. Feigenblüte. * Nach Feigenblüten gelüsten. (Ital.) Nach seltenen, ungewöhnlichen, nach Dingen gelüsten, die sehr schwer zu haben sind. Feigling. Lass den Feigling das verworrene Garn auflösen. – Burckhardt, 242. Das Geschäft muss dem Charakter eines Menschen angemessen sein. Nur für den Unmännlichen und Schwächling gehört Weiberarbeit. Feil. 1 Wer feil hat, der muss Wort' machen. – Petri, II, 706. Er muss seine Waare anpreisen. *2 Du bist mir feil. (Rottenburg.) Kannst abkommen, kannst mir gestohlen werden. *3 Sie haben nebeneinander feil. Es ist einer wie der andere. Feile. 1 Besser zwei Feilen zerbrochen, als Rost am Schloss. 2 Die Feile macht sich rostig (oder: stumpft sich ab), um fremdes Eisen zu putzen. – Parömiakon, 1460. Von der (uneigennützigen) Aufopferung für andere. 3 Eine Feile schärft die andere. Lat.: Lima limam limat. (Bovill, III, 12.) 4 Eine Feile, welche stets Rost frisst, wird auch zuletzt stumpf. – Scheidemünze, II, 171. 5 Eine gute Feile macht auch rostig Eisen blank. – Scheidemünze, II, 241. 6 Eine weiche Feile glättet keinen verrosteten Stahl. 7 Ohne Feile wird kein guter Vers. Frz.: Adès dure la lime adès dure li vers. (Leroux, I, 135.) 8 Wenn die Feile lange geht, zernagt sie auch das Eisen. *9 Da fehlt die Feile. Die Arbeit ist noch rauh, mangelhaft, bedarf der Politur. Holl.: Het heeft de vijl noodig. (Harrebomée, II, 380.) *10 Die letzte Feile anlegen. Die letzte Hand anlegen, eine Sache vollständig fertig machen. Bei einer Lehmtenne geschieht dies z. B. durch Schlagen und Walzen. Daher: Frz.: Battre et applanir l'aire. Lat.: Aream exaequare cylindro. (Bovill, II, 5.)

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [482]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/510>, abgerufen am 22.11.2024.