Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.[Spaltenumbruch] vermögen. Nach dem Sprichwort, dessen Rechtsanschauung überwunden ist, durften Kaufmannsgüter auf Grund des Stapel- und Niederlagsrechts einer Stadt nur an Bürger und erst dann an Fremde verkauft werden, wenn sie einige Zeit gelegen haben. 84 Gäst sollen nit fürwitzig sein. - Franck, I, 60a. 85 Gast und Fisch bleiben kaum drei Tage frisch. - Lohrengel, I, 296. 86 Gast und Fisch stinken nach drei Tagen. (S. Fisch 88.) - Wurzbach I, 82. Frz.: L'hote et le poisson en trois jours puans sont. (Kritzinger, 813.) Holl.: Een gast is gelijk de visch, hij stinkt op den derden dag. (Harrebomee, I, 203; Bohn I, 317.) 87 Gäste, die nachmittags kommen, bleiben gern über Nacht. Wird angewandt, wenn man sagen will, dass Regen, der nachmittags beginnt, über Nacht anhalten oder von längerer Dauer sein werde. 88 Gäste im Haus und Mist auf dem Hof zehren alle Tage und manchmal recht groff. (Frankfurt a. O.) - Boebel, 140. 89 Gäste soll man ehren. - Henisch, 1570, 1; Petri, II, 336. 90 Geladner gast kommet bald, vngeladner aussen halt. - Franck, I, 50a; Körte, 1768. 91 Gern gäst, selten Wirth. - Henisch, 1370, 13; Petri, II, 334. 92 Gib dem fremden Gast so gut, als du's hast. 93 Gute Gäste kommen ungeladen. - Henisch, 1569, 51; Lehmann, II, 133, 187; Simrock, 3038; Eiselein, 208; Körte, 1767; Latendorf II, 14; Braun, I, 632. Lat.: Boni ad bonorum convivia ultro accedunt. - Conviva amico amicus etiam ultro adest. 94 Hast du einen Gasd, gibb ihm, was du hasd, össer Man vonn Ehr, su verlangd er nichds mehr; öss er äwer e Schallek voan Haus aus, su schaff en aus dem Haus eraus. (Trier.) - Laven, 183, 58; Firmenich, III, 546, 34. 95 Hast du einen Gast, so gib ihm, was du hast, ist er ein Mann von Ehr', so verlangt er nicht mehr. (Eifel.) 96 Ich bin ein Gast auf Erden. - Ps. 119, 19; Schulze, 39. Mhd.: Mensch, dau bist hie ein gast vnde wenest sein ein weirt. (Martina, 145, 72.) - Wir seyn hie geste ende buwen grosse veste. (Mone's Anz., II, 48.) Lat.: Incola ego sum in terra. (Schulze, 39.) 97 Ist der Gast nicht lieb und werth, so setzt man ihn hinter den Feuerherd. 98 Je geringer der Gast, je kürzer der Willkommen. 99 Je lieber Gast, je voller Teller. Joseph legte seinem lieben Bruder Benjamin siebenmal mehr vor als seinen andern Brüdern. 100 Jeder muss seine Gäste bewirthen. - Graf, 291, 48. Der Rechtsspruch: Aldermalk schal sine geste berichten (Kraut, Das alte Stadtrecht von Lüneburg, Göttingen 1846, 34, 3) sagt, dass der Wirth an einzelnen Orten die Verpflichtung hatte, die bei ihm einkehrenden Fremden über die am Orte geltenden Rechte zu belehren und für ihre Uebertretungen einzustehen. In einer Zeit, wo fast jede Stadt ihre eigenen Statuten hatte, konnte man von Fremden solche Rechtskenntniss kaum fordern. 101 Kein Gast mag auf einen Bürger zeugen. (S. 82.) - Graf, 457, 514. In Oelrich's Sammlung der Gesetzbücher Bremens (Bremen 1771, 72, 10): "Nen gast ne mach tugen oppenen borgere." 102 Lass den Gast ziehen, ehe das Gewitter ausbricht. - Simrock, 3045; Eiselein, 207. Gewitter im Hause. Lat.: Apage hospitem in tempestate. (Eiselein, 207.) 103 Leid dich gast, sonst bist ein last. - Franck, I, 60a; Henisch, 1370; Lehmann, 232, 35; Körte, 1773; Kirchhofer, 251. 104 Man bittet nit einen jeden (auss lieb vnd freundschafft) zu gast. - Henisch, 1370, 40. 105 Man empfähet die Gäste gemeinigklich zwirend (freundtlich), mit Hand vnd Mund, im Hertzen wie Gott wol waiss. - Henisch, 1570, 2; Petri, II, 445; Simrock, 3047. [Spaltenumbruch] 106 Man muss nicht mehr Gäste laden, als man bewirthen kann (oder als man Raum hat). Dän.: Besögelse ud af mange gaester, giör knap taering for vaerten. - Mange gaester ondt herberge. (Prov. dan., 213.) Engl.: Raise no more spirits than you can lay (conjure down). (Gaal, 585; Bohn, II, 127.) 107 Man soll nicht laden frembde Gäst, die vns beissen auss vnserm Nest. - Lehmann, 445, 150. "Sie verzehren allen vorrath, da man sonst viel Jahr dran hat." 108 Mancher ladet Gäste zum Kalbskopff, vnnd hat die Kuhe noch nicht gekalbet. - Henisch, 1579, 5; Petri, II, 451; Lehmann, 849, 2; Körte, 1781. Er hat das Kalb schon, ehe er die Kuh hat, sagen die Russen. Oder: Er verschenkt schon den Caviar und hat noch nicht den Stör. Die Litauer: Das Eichhorn sitzt noch auf dem Baume und man schnitzt schon den Bratspiess. Die Czechen: Schon kümmern wir uns um das Kalb und die Kuh ist noch, wer weiss wo. In der Picardie heisst es: Man soll die Halfter nicht zurechtmachen, ehe man das Kalb hat. In Illyrien: Noch hat die Ziege nicht geworfen und das Zicklein springt schon auf dem Felde. In Kleinrussland: Noch ist der Vogel nicht gefangen und man rupft ihn schon. In Finnland: Wenn du nicht den Griff in Händen hast, so wetze nicht das Messer. Ein afrikanischer Negerstamm sagt: Bevor man die Schildkröte nicht hat, schneidet man nicht den Strick für sie ab. (Reinsberg IV, 24.) Holl.: Nood geene gasten op het geitje, eer de geit geworpen heeft. (Harrebomee, I, 203.) 109 Nachdem der Gast ist, so richtet man an. - Kirchhofer, 352. 110 Neue Gäste hält man gut. - Simrock, 3051. 111 Newe Gäst traktirt man wol. - Lehmann, 550, 18. Dän.: Ny giaest trakteres vel. - Ny-kommen er velkommen. (Prov. dan., 432.) 112 Sieben Gäste, ein Mahl, neun eine Qual. - Eiselein, 208. 113 Sieben Gäste, gute Zahl, neune halten böses Mahl. - Simrock, 3052; Eiselein, 208. Lat.: Septem convivium, novem convicium. (Binder II, 3083; Eiselein, 208; Philippi, II, 177.) 114 Sieben Gäste sind Behagen, neune sind zum Plagen. (S. Drei 59.) - Körte, 1783. Diese Sprichwörter sprechen von Gastmählern in Familien; an ein Festmahl für ganze Gesellschaften und grosse Versammlungen ist ein anderer Massstab zu legen. Zur Einweihung der Eisenbahn zwischen Charleston (Südcarolina) und Memphis (Tennessee) wurde im Jahre 1857 ein Gastmahl gehalten, an dem 15000 Personen theilnahmen, die an einer 3/4 engl. Meile langen Tafel ihren Platz fanden. (National-Zeitung, Berlin 1857, Nr. 273.) Dän.: Fleere end ni og fleere end tre giöre ei gode lav. (Prov. dan., 168.) Poln.: Gdzie gosci gromada nie smaczna biesiada. (Wurzbach I, 164.) 115 Solchen Gästen setzt man solche Stühle. Holl.: Zal men zulken gasten nog een' stoel met een kussen zetten? (Harrebomee, I, 203.) 116 Sollen die Gäste besoffen sein, so kann man nicht sparen den Wein. It.: Querrer sa cuba piena, et i sa muzere imbreaga. 117 Täglicher Gast stinket hast. 118 Um eines Gastes willen streckt kein Wirth die Reifen aus. 119 Ungebädne Gäst' sett't man unner'n Hönerweim. (Mecklenburg.) - Schiller, III, 15a. Gäste, die nicht eingeladen sind, müssen mit den untersten Plätzen am Tische, der sich auf Bauernhochzeiten bis unter den "Hönerweim" erstreckt, fürlieb nehmen. (Vgl. Bütz. Ruhestunden, XXIV, 60.) 120 Ungebathne Gäste setzt ma hinger a Ufen. - Robinson, 97. It.: Chi va alle nozze senz' esser invitato se ne torna svergognato. (Pazzaglia, 16.) 121 Ungebbeene Gäste stellt man hinder de Dör. (Hannover.) - Schambach, 283. 122 Ungebetene Gäste setzt man hinter den Feuerherd. - Sailer, 189; Simrock, 3036; für Schlesien: Frommann, III, 244, 80. Der morgenländischen Gastfreundschaft entspricht diese Anschauung nicht. Wenn dort jemand eingeladen ist, so darf er ohne Erlaubniss des Wirthes einige seiner Freunde mitbringen, die dann mit derselben Aufmerksamkeit, wie er, behandelt werden. Darauf bezieht sich das ägyptische Sprichwort: Der Gast des Gastfreundes übt Gastfreundschaft. (Burckhardt, 384; vgl. auch Polack, Persien, I, 128.)
[Spaltenumbruch] vermögen. Nach dem Sprichwort, dessen Rechtsanschauung überwunden ist, durften Kaufmannsgüter auf Grund des Stapel- und Niederlagsrechts einer Stadt nur an Bürger und erst dann an Fremde verkauft werden, wenn sie einige Zeit gelegen haben. 84 Gäst sollen nit fürwitzig sein. – Franck, I, 60a. 85 Gast und Fisch bleiben kaum drei Tage frisch. – Lohrengel, I, 296. 86 Gast und Fisch stinken nach drei Tagen. (S. Fisch 88.) – Wurzbach I, 82. Frz.: L'hote et le poisson en trois jours puans sont. (Kritzinger, 813.) Holl.: Een gast is gelijk de visch, hij stinkt op den derden dag. (Harrebomée, I, 203; Bohn I, 317.) 87 Gäste, die nachmittags kommen, bleiben gern über Nacht. Wird angewandt, wenn man sagen will, dass Regen, der nachmittags beginnt, über Nacht anhalten oder von längerer Dauer sein werde. 88 Gäste im Haus und Mist auf dem Hof zehren alle Tage und manchmal recht groff. (Frankfurt a. O.) – Boebel, 140. 89 Gäste soll man ehren. – Henisch, 1570, 1; Petri, II, 336. 90 Geladner gast kommet bald, vngeladner aussen halt. – Franck, I, 50a; Körte, 1768. 91 Gern gäst, selten Wirth. – Henisch, 1370, 13; Petri, II, 334. 92 Gib dem fremden Gast so gut, als du's hast. 93 Gute Gäste kommen ungeladen. – Henisch, 1569, 51; Lehmann, II, 133, 187; Simrock, 3038; Eiselein, 208; Körte, 1767; Latendorf II, 14; Braun, I, 632. Lat.: Boni ad bonorum convivia ultro accedunt. – Conviva amico amicus etiam ultro adest. 94 Hast du einen Gasd, gibb ihm, was du hasd, össer Mân vonn Ehr, su verlangd er nichds mehr; öss er äwer e Schallek voan Haus aus, su schaff en aus dem Haus eraus. (Trier.) – Laven, 183, 58; Firmenich, III, 546, 34. 95 Hast du einen Gast, so gib ihm, was du hast, ist er ein Mann von Ehr', so verlangt er nicht mehr. (Eifel.) 96 Ich bin ein Gast auf Erden. – Ps. 119, 19; Schulze, 39. Mhd.: Mensch, dû bist hie ein gast vnde wenest sîn ein wîrt. (Martina, 145, 72.) – Wir seyn hie geste ende buwen grosse veste. (Mone's Anz., II, 48.) Lat.: Incola ego sum in terra. (Schulze, 39.) 97 Ist der Gast nicht lieb und werth, so setzt man ihn hinter den Feuerherd. 98 Je geringer der Gast, je kürzer der Willkommen. 99 Je lieber Gast, je voller Teller. Joseph legte seinem lieben Bruder Benjamin siebenmal mehr vor als seinen andern Brüdern. 100 Jeder muss seine Gäste bewirthen. – Graf, 291, 48. Der Rechtsspruch: Aldermalk schal sine geste berichten (Kraut, Das alte Stadtrecht von Lüneburg, Göttingen 1846, 34, 3) sagt, dass der Wirth an einzelnen Orten die Verpflichtung hatte, die bei ihm einkehrenden Fremden über die am Orte geltenden Rechte zu belehren und für ihre Uebertretungen einzustehen. In einer Zeit, wo fast jede Stadt ihre eigenen Statuten hatte, konnte man von Fremden solche Rechtskenntniss kaum fordern. 101 Kein Gast mag auf einen Bürger zeugen. (S. 82.) – Graf, 457, 514. In Oelrich's Sammlung der Gesetzbücher Bremens (Bremen 1771, 72, 10): „Nen gast ne mach tugen oppenen borgere.“ 102 Lass den Gast ziehen, ehe das Gewitter ausbricht. – Simrock, 3045; Eiselein, 207. Gewitter im Hause. Lat.: Apage hospitem in tempestate. (Eiselein, 207.) 103 Leid dich gast, sonst bist ein last. – Franck, I, 60a; Henisch, 1370; Lehmann, 232, 35; Körte, 1773; Kirchhofer, 251. 104 Man bittet nit einen jeden (auss lieb vnd freundschafft) zu gast. – Henisch, 1370, 40. 105 Man empfähet die Gäste gemeinigklich zwirend (freundtlich), mit Hand vnd Mund, im Hertzen wie Gott wol waiss. – Henisch, 1570, 2; Petri, II, 445; Simrock, 3047. [Spaltenumbruch] 106 Man muss nicht mehr Gäste laden, als man bewirthen kann (oder als man Raum hat). Dän.: Besøgelse ud af mange gæster, giør knap tæring for værten. – Mange gæster ondt herberge. (Prov. dan., 213.) Engl.: Raise no more spirits than you can lay (conjure down). (Gaal, 585; Bohn, II, 127.) 107 Man soll nicht laden frembde Gäst, die vns beissen auss vnserm Nest. – Lehmann, 445, 150. „Sie verzehren allen vorrath, da man sonst viel Jahr dran hat.“ 108 Mancher ladet Gäste zum Kalbskopff, vnnd hat die Kuhe noch nicht gekalbet. – Henisch, 1579, 5; Petri, II, 451; Lehmann, 849, 2; Körte, 1781. Er hat das Kalb schon, ehe er die Kuh hat, sagen die Russen. Oder: Er verschenkt schon den Caviar und hat noch nicht den Stör. Die Litauer: Das Eichhorn sitzt noch auf dem Baume und man schnitzt schon den Bratspiess. Die Czechen: Schon kümmern wir uns um das Kalb und die Kuh ist noch, wer weiss wo. In der Picardie heisst es: Man soll die Halfter nicht zurechtmachen, ehe man das Kalb hat. In Illyrien: Noch hat die Ziege nicht geworfen und das Zicklein springt schon auf dem Felde. In Kleinrussland: Noch ist der Vogel nicht gefangen und man rupft ihn schon. In Finnland: Wenn du nicht den Griff in Händen hast, so wetze nicht das Messer. Ein afrikanischer Negerstamm sagt: Bevor man die Schildkröte nicht hat, schneidet man nicht den Strick für sie ab. (Reinsberg IV, 24.) Holl.: Nood geene gasten op het geitje, eer de geit geworpen heeft. (Harrebomée, I, 203.) 109 Nachdem der Gast ist, so richtet man an. – Kirchhofer, 352. 110 Neue Gäste hält man gut. – Simrock, 3051. 111 Newe Gäst traktirt man wol. – Lehmann, 550, 18. Dän.: Ny giæst trakteres vel. – Ny-kommen er velkommen. (Prov. dan., 432.) 112 Sieben Gäste, ein Mahl, neun eine Qual. – Eiselein, 208. 113 Sieben Gäste, gute Zahl, neune halten böses Mahl. – Simrock, 3052; Eiselein, 208. Lat.: Septem convivium, novem convicium. (Binder II, 3083; Eiselein, 208; Philippi, II, 177.) 114 Sieben Gäste sind Behagen, neune sind zum Plagen. (S. Drei 59.) – Körte, 1783. Diese Sprichwörter sprechen von Gastmählern in Familien; an ein Festmahl für ganze Gesellschaften und grosse Versammlungen ist ein anderer Massstab zu legen. Zur Einweihung der Eisenbahn zwischen Charleston (Südcarolina) und Memphis (Tennessee) wurde im Jahre 1857 ein Gastmahl gehalten, an dem 15000 Personen theilnahmen, die an einer 3/4 engl. Meile langen Tafel ihren Platz fanden. (National-Zeitung, Berlin 1857, Nr. 273.) Dän.: Fleere end ni og fleere end tre giøre ei gode lav. (Prov. dan., 168.) Poln.: Gdzie gości gromada nie smaczna biesiada. (Wurzbach I, 164.) 115 Solchen Gästen setzt man solche Stühle. Holl.: Zal men zulken gasten nog een' stoel met een kussen zetten? (Harrebomée, I, 203.) 116 Sollen die Gäste besoffen sein, so kann man nicht sparen den Wein. It.: Querrer sa cuba piena, et i sa muzere imbreaga. 117 Täglicher Gast stinket hast. 118 Um eines Gastes willen streckt kein Wirth die Reifen aus. 119 Ungebädne Gäst' sett't man unner'n Hönerwîm. (Mecklenburg.) – Schiller, III, 15a. Gäste, die nicht eingeladen sind, müssen mit den untersten Plätzen am Tische, der sich auf Bauernhochzeiten bis unter den „Hönerwîm“ erstreckt, fürlieb nehmen. (Vgl. Bütz. Ruhestunden, XXIV, 60.) 120 Ungebathne Gäste setzt ma hinger a Ufen. – Robinson, 97. It.: Chi và alle nozze senz' esser invitato se ne torna svergognato. (Pazzaglia, 16.) 121 Ungebbëene Gäste stellt man hinder de Dör. (Hannover.) – Schambach, 283. 122 Ungebetene Gäste setzt man hinter den Feuerherd. – Sailer, 189; Simrock, 3036; für Schlesien: Frommann, III, 244, 80. Der morgenländischen Gastfreundschaft entspricht diese Anschauung nicht. Wenn dort jemand eingeladen ist, so darf er ohne Erlaubniss des Wirthes einige seiner Freunde mitbringen, die dann mit derselben Aufmerksamkeit, wie er, behandelt werden. Darauf bezieht sich das ägyptische Sprichwort: Der Gast des Gastfreundes übt Gastfreundschaft. (Burckhardt, 384; vgl. auch Polack, Persien, I, 128.)
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p rendition="#et"><pb facs="#f0704" n="[676]"/><cb n="1351"/> vermögen. Nach dem Sprichwort, dessen Rechtsanschauung überwunden ist, durften Kaufmannsgüter auf Grund des Stapel- und Niederlagsrechts einer Stadt nur an Bürger und erst dann an Fremde verkauft werden, wenn sie einige Zeit gelegen haben.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">84 Gäst sollen nit fürwitzig sein.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 60<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">85 Gast und Fisch bleiben kaum drei Tage frisch.</hi> – <hi rendition="#i">Lohrengel, I, 296.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">86 Gast und Fisch stinken nach drei Tagen. (S. Fisch 88.)</hi> – <hi rendition="#i">Wurzbach I, 82.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Frz.</hi>: L'hote et le poisson en trois jours puans sont. (<hi rendition="#i">Kritzinger, 813.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Een gast is gelijk de visch, hij stinkt op den derden dag. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 203; Bohn I, 317.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">87 Gäste, die nachmittags kommen, bleiben gern über Nacht.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Wird angewandt, wenn man sagen will, dass Regen, der nachmittags beginnt, über Nacht anhalten oder von längerer Dauer sein werde.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">88 Gäste im Haus und Mist auf dem Hof zehren alle Tage und manchmal recht groff.</hi> (<hi rendition="#i">Frankfurt a. O.</hi>) – <hi rendition="#i">Boebel, 140.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">89 Gäste soll man ehren.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1570, 1; Petri, II, 336.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">90 Geladner gast kommet bald, vngeladner aussen halt.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 50<hi rendition="#sup">a</hi>; Körte, 1768.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">91 Gern gäst, selten Wirth.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1370, 13; Petri, II, 334.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">92 Gib dem fremden Gast so gut, als du's hast.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">93 Gute Gäste kommen ungeladen.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1569, 51; Lehmann, II, 133, 187; Simrock, 3038; Eiselein, 208; Körte, 1767; Latendorf II, 14; Braun, I, 632.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Boni ad bonorum convivia ultro accedunt. – Conviva amico amicus etiam ultro adest.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">94 Hast du einen Gasd, gibb ihm, was du hasd, össer Mân vonn Ehr, su verlangd er nichds mehr; öss er äwer e Schallek voan Haus aus, su schaff en aus dem Haus eraus.</hi> (<hi rendition="#i">Trier.</hi>) – <hi rendition="#i">Laven, 183, 58; Firmenich, III, 546, 34.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">95 Hast du einen Gast, so gib ihm, was du hast, ist er ein Mann von Ehr', so verlangt er nicht mehr.</hi> (<hi rendition="#i">Eifel.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">96 Ich bin ein Gast auf Erden.</hi> – <hi rendition="#i">Ps. 119, 19; Schulze, 39.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Mhd.</hi>: Mensch, dû bist hie ein gast vnde wenest sîn ein wîrt. (<hi rendition="#i">Martina, 145, 72.</hi>) – Wir seyn hie geste ende buwen grosse veste. (<hi rendition="#i">Mone's Anz., II, 48.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Incola ego sum in terra. (<hi rendition="#i">Schulze, 39.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">97 Ist der Gast nicht lieb und werth, so setzt man ihn hinter den Feuerherd.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">98 Je geringer der Gast, je kürzer der Willkommen.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">99 Je lieber Gast, je voller Teller.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et">Joseph legte seinem lieben Bruder Benjamin siebenmal mehr vor als seinen andern Brüdern.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">100 Jeder muss seine Gäste bewirthen.</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 291, 48.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Der Rechtsspruch: Aldermalk schal sine geste berichten (<hi rendition="#i">Kraut, Das alte Stadtrecht von Lüneburg, Göttingen 1846, 34, 3</hi>) sagt, dass der Wirth an einzelnen Orten die Verpflichtung hatte, die bei ihm einkehrenden Fremden über die am Orte geltenden Rechte zu belehren und für ihre Uebertretungen einzustehen. In einer Zeit, wo fast jede Stadt ihre eigenen Statuten hatte, konnte man von Fremden solche Rechtskenntniss kaum fordern.</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">101 Kein Gast mag auf einen Bürger zeugen. (S. 82.)</hi> – <hi rendition="#i">Graf, 457, 514.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">In <hi rendition="#i">Oelrich's Sammlung der Gesetzbücher Bremens (Bremen 1771, 72, 10):</hi> „Nen gast ne mach tugen oppenen borgere.“</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">102 Lass den Gast ziehen, ehe das Gewitter ausbricht.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 3045; Eiselein, 207.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Gewitter im Hause.</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Apage hospitem in tempestate. (<hi rendition="#i">Eiselein, 207.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">103 Leid dich gast, sonst bist ein last.</hi> – <hi rendition="#i">Franck, I, 60<hi rendition="#sup">a</hi>; Henisch, 1370; Lehmann, 232, 35; Körte, 1773; Kirchhofer, 251.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">104 Man bittet nit einen jeden (auss lieb vnd freundschafft) zu gast.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1370, 40.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">105 Man empfähet die Gäste gemeinigklich zwirend (freundtlich), mit Hand vnd Mund, im Hertzen wie Gott wol waiss.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1570, 2; Petri, II, 445; Simrock, 3047.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"><cb n="1352"/> 106 Man muss nicht mehr Gäste laden, als man bewirthen kann (oder als man Raum hat).</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Besøgelse ud af mange gæster, giør knap tæring for værten. – Mange gæster ondt herberge. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 213.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Engl.</hi>: Raise no more spirits than you can lay (conjure down). (<hi rendition="#i">Gaal, 585; Bohn, II, 127.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">107 Man soll nicht laden frembde Gäst, die vns beissen auss vnserm Nest.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 445, 150.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">„Sie verzehren allen vorrath, da man sonst viel Jahr dran hat.“</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">108 Mancher ladet Gäste zum Kalbskopff, vnnd hat die Kuhe noch nicht gekalbet.</hi> – <hi rendition="#i">Henisch, 1579, 5; Petri, II, 451; Lehmann, 849, 2; Körte, 1781.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Er hat das Kalb schon, ehe er die Kuh hat, sagen die Russen. Oder: Er verschenkt schon den Caviar und hat noch nicht den Stör. Die Litauer: Das Eichhorn sitzt noch auf dem Baume und man schnitzt schon den Bratspiess. Die Czechen: Schon kümmern wir uns um das Kalb und die Kuh ist noch, wer weiss wo. In der Picardie heisst es: Man soll die Halfter nicht zurechtmachen, ehe man das Kalb hat. In Illyrien: Noch hat die Ziege nicht geworfen und das Zicklein springt schon auf dem Felde. In Kleinrussland: Noch ist der Vogel nicht gefangen und man rupft ihn schon. In Finnland: Wenn du nicht den Griff in Händen hast, so wetze nicht das Messer. Ein afrikanischer Negerstamm sagt: Bevor man die Schildkröte nicht hat, schneidet man nicht den Strick für sie ab. (<hi rendition="#i">Reinsberg IV, 24.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Nood geene gasten op het geitje, eer de geit geworpen heeft. (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 203.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">109 Nachdem der Gast ist, so richtet man an.</hi> – <hi rendition="#i">Kirchhofer, 352.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">110 Neue Gäste hält man gut.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 3051.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">111 Newe Gäst traktirt man wol.</hi> – <hi rendition="#i">Lehmann, 550, 18.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Ny giæst trakteres vel. – Ny-kommen er velkommen. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 432.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">112 Sieben Gäste, ein Mahl, neun eine Qual.</hi> – <hi rendition="#i">Eiselein, 208.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">113 Sieben Gäste, gute Zahl, neune halten böses Mahl.</hi> – <hi rendition="#i">Simrock, 3052; Eiselein, 208.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Lat.</hi>: Septem convivium, novem convicium. (<hi rendition="#i">Binder II, 3083; Eiselein, 208; Philippi, II, 177.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">114 Sieben Gäste sind Behagen, neune sind zum Plagen. (S. Drei 59.)</hi> – <hi rendition="#i">Körte, 1783.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Diese Sprichwörter sprechen von Gastmählern in Familien; an ein Festmahl für ganze Gesellschaften und grosse Versammlungen ist ein anderer Massstab zu legen. Zur Einweihung der Eisenbahn zwischen Charleston (Südcarolina) und Memphis (Tennessee) wurde im Jahre 1857 ein Gastmahl gehalten, an dem 15000 Personen theilnahmen, die an einer <hi rendition="#sup">3</hi>/<hi rendition="#sub">4</hi> engl. Meile langen Tafel ihren Platz fanden. (<hi rendition="#i">National-Zeitung, Berlin 1857, Nr. 273.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Dän.</hi>: Fleere end ni og fleere end tre giøre ei gode lav. (<hi rendition="#i">Prov. dan., 168.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Poln.</hi>: Gdzie gości gromada nie smaczna biesiada. (<hi rendition="#i">Wurzbach I, 164.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">115 Solchen Gästen setzt man solche Stühle.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">Holl.</hi>: Zal men zulken gasten nog een' stoel met een kussen zetten? (<hi rendition="#i">Harrebomée, I, 203.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">116 Sollen die Gäste besoffen sein, so kann man nicht sparen den Wein.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Querrer sa cuba piena, et i sa muzere imbreaga.</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">117 Täglicher Gast stinket hast.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger">118 Um eines Gastes willen streckt kein Wirth die Reifen aus.</hi> </p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">119 Ungebädne Gäst' sett't man unner'n Hönerwîm.</hi> (<hi rendition="#i">Mecklenburg.</hi>) – <hi rendition="#i">Schiller, III, 15<hi rendition="#sup">a</hi>.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Gäste, die nicht eingeladen sind, müssen mit den untersten Plätzen am Tische, der sich auf Bauernhochzeiten bis unter den „Hönerwîm“ erstreckt, fürlieb nehmen. (Vgl. <hi rendition="#i">Bütz. Ruhestunden, XXIV, 60.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">120 Ungebathne Gäste setzt ma hinger a Ufen.</hi> – <hi rendition="#i">Robinson, 97.</hi></p><lb/> <p rendition="#et2"><hi rendition="#i">It.</hi>: Chi và alle nozze senz' esser invitato se ne torna svergognato. (<hi rendition="#i">Pazzaglia, 16.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">121 Ungebbëene Gäste stellt man hinder de Dör.</hi> (<hi rendition="#i">Hannover.</hi>) – <hi rendition="#i">Schambach, 283.</hi></p><lb/> <p rendition="#et"><hi rendition="#larger">122 Ungebetene Gäste setzt man hinter den Feuerherd.</hi> – <hi rendition="#i">Sailer, 189; Simrock, 3036;</hi> für Schlesien: <hi rendition="#i">Frommann, III, 244, 80.</hi></p><lb/> <p rendition="#et">Der morgenländischen Gastfreundschaft entspricht diese Anschauung nicht. Wenn dort jemand eingeladen ist, so darf er ohne Erlaubniss des Wirthes einige seiner Freunde mitbringen, die dann mit derselben Aufmerksamkeit, wie er, behandelt werden. Darauf bezieht sich das ägyptische Sprichwort: Der Gast des Gastfreundes übt Gastfreundschaft. (<hi rendition="#i">Burckhardt, 384;</hi> vgl. auch <hi rendition="#i">Polack, Persien, I, 128.</hi>)</p><lb/> <p rendition="#et"> <hi rendition="#larger"> </hi> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[676]/0704]
vermögen. Nach dem Sprichwort, dessen Rechtsanschauung überwunden ist, durften Kaufmannsgüter auf Grund des Stapel- und Niederlagsrechts einer Stadt nur an Bürger und erst dann an Fremde verkauft werden, wenn sie einige Zeit gelegen haben.
84 Gäst sollen nit fürwitzig sein. – Franck, I, 60a.
85 Gast und Fisch bleiben kaum drei Tage frisch. – Lohrengel, I, 296.
86 Gast und Fisch stinken nach drei Tagen. (S. Fisch 88.) – Wurzbach I, 82.
Frz.: L'hote et le poisson en trois jours puans sont. (Kritzinger, 813.)
Holl.: Een gast is gelijk de visch, hij stinkt op den derden dag. (Harrebomée, I, 203; Bohn I, 317.)
87 Gäste, die nachmittags kommen, bleiben gern über Nacht.
Wird angewandt, wenn man sagen will, dass Regen, der nachmittags beginnt, über Nacht anhalten oder von längerer Dauer sein werde.
88 Gäste im Haus und Mist auf dem Hof zehren alle Tage und manchmal recht groff. (Frankfurt a. O.) – Boebel, 140.
89 Gäste soll man ehren. – Henisch, 1570, 1; Petri, II, 336.
90 Geladner gast kommet bald, vngeladner aussen halt. – Franck, I, 50a; Körte, 1768.
91 Gern gäst, selten Wirth. – Henisch, 1370, 13; Petri, II, 334.
92 Gib dem fremden Gast so gut, als du's hast.
93 Gute Gäste kommen ungeladen. – Henisch, 1569, 51; Lehmann, II, 133, 187; Simrock, 3038; Eiselein, 208; Körte, 1767; Latendorf II, 14; Braun, I, 632.
Lat.: Boni ad bonorum convivia ultro accedunt. – Conviva amico amicus etiam ultro adest.
94 Hast du einen Gasd, gibb ihm, was du hasd, össer Mân vonn Ehr, su verlangd er nichds mehr; öss er äwer e Schallek voan Haus aus, su schaff en aus dem Haus eraus. (Trier.) – Laven, 183, 58; Firmenich, III, 546, 34.
95 Hast du einen Gast, so gib ihm, was du hast, ist er ein Mann von Ehr', so verlangt er nicht mehr. (Eifel.)
96 Ich bin ein Gast auf Erden. – Ps. 119, 19; Schulze, 39.
Mhd.: Mensch, dû bist hie ein gast vnde wenest sîn ein wîrt. (Martina, 145, 72.) – Wir seyn hie geste ende buwen grosse veste. (Mone's Anz., II, 48.)
Lat.: Incola ego sum in terra. (Schulze, 39.)
97 Ist der Gast nicht lieb und werth, so setzt man ihn hinter den Feuerherd.
98 Je geringer der Gast, je kürzer der Willkommen.
99 Je lieber Gast, je voller Teller.
Joseph legte seinem lieben Bruder Benjamin siebenmal mehr vor als seinen andern Brüdern.
100 Jeder muss seine Gäste bewirthen. – Graf, 291, 48.
Der Rechtsspruch: Aldermalk schal sine geste berichten (Kraut, Das alte Stadtrecht von Lüneburg, Göttingen 1846, 34, 3) sagt, dass der Wirth an einzelnen Orten die Verpflichtung hatte, die bei ihm einkehrenden Fremden über die am Orte geltenden Rechte zu belehren und für ihre Uebertretungen einzustehen. In einer Zeit, wo fast jede Stadt ihre eigenen Statuten hatte, konnte man von Fremden solche Rechtskenntniss kaum fordern.
101 Kein Gast mag auf einen Bürger zeugen. (S. 82.) – Graf, 457, 514.
In Oelrich's Sammlung der Gesetzbücher Bremens (Bremen 1771, 72, 10): „Nen gast ne mach tugen oppenen borgere.“
102 Lass den Gast ziehen, ehe das Gewitter ausbricht. – Simrock, 3045; Eiselein, 207.
Gewitter im Hause.
Lat.: Apage hospitem in tempestate. (Eiselein, 207.)
103 Leid dich gast, sonst bist ein last. – Franck, I, 60a; Henisch, 1370; Lehmann, 232, 35; Körte, 1773; Kirchhofer, 251.
104 Man bittet nit einen jeden (auss lieb vnd freundschafft) zu gast. – Henisch, 1370, 40.
105 Man empfähet die Gäste gemeinigklich zwirend (freundtlich), mit Hand vnd Mund, im Hertzen wie Gott wol waiss. – Henisch, 1570, 2; Petri, II, 445; Simrock, 3047.
106 Man muss nicht mehr Gäste laden, als man bewirthen kann (oder als man Raum hat).
Dän.: Besøgelse ud af mange gæster, giør knap tæring for værten. – Mange gæster ondt herberge. (Prov. dan., 213.)
Engl.: Raise no more spirits than you can lay (conjure down). (Gaal, 585; Bohn, II, 127.)
107 Man soll nicht laden frembde Gäst, die vns beissen auss vnserm Nest. – Lehmann, 445, 150.
„Sie verzehren allen vorrath, da man sonst viel Jahr dran hat.“
108 Mancher ladet Gäste zum Kalbskopff, vnnd hat die Kuhe noch nicht gekalbet. – Henisch, 1579, 5; Petri, II, 451; Lehmann, 849, 2; Körte, 1781.
Er hat das Kalb schon, ehe er die Kuh hat, sagen die Russen. Oder: Er verschenkt schon den Caviar und hat noch nicht den Stör. Die Litauer: Das Eichhorn sitzt noch auf dem Baume und man schnitzt schon den Bratspiess. Die Czechen: Schon kümmern wir uns um das Kalb und die Kuh ist noch, wer weiss wo. In der Picardie heisst es: Man soll die Halfter nicht zurechtmachen, ehe man das Kalb hat. In Illyrien: Noch hat die Ziege nicht geworfen und das Zicklein springt schon auf dem Felde. In Kleinrussland: Noch ist der Vogel nicht gefangen und man rupft ihn schon. In Finnland: Wenn du nicht den Griff in Händen hast, so wetze nicht das Messer. Ein afrikanischer Negerstamm sagt: Bevor man die Schildkröte nicht hat, schneidet man nicht den Strick für sie ab. (Reinsberg IV, 24.)
Holl.: Nood geene gasten op het geitje, eer de geit geworpen heeft. (Harrebomée, I, 203.)
109 Nachdem der Gast ist, so richtet man an. – Kirchhofer, 352.
110 Neue Gäste hält man gut. – Simrock, 3051.
111 Newe Gäst traktirt man wol. – Lehmann, 550, 18.
Dän.: Ny giæst trakteres vel. – Ny-kommen er velkommen. (Prov. dan., 432.)
112 Sieben Gäste, ein Mahl, neun eine Qual. – Eiselein, 208.
113 Sieben Gäste, gute Zahl, neune halten böses Mahl. – Simrock, 3052; Eiselein, 208.
Lat.: Septem convivium, novem convicium. (Binder II, 3083; Eiselein, 208; Philippi, II, 177.)
114 Sieben Gäste sind Behagen, neune sind zum Plagen. (S. Drei 59.) – Körte, 1783.
Diese Sprichwörter sprechen von Gastmählern in Familien; an ein Festmahl für ganze Gesellschaften und grosse Versammlungen ist ein anderer Massstab zu legen. Zur Einweihung der Eisenbahn zwischen Charleston (Südcarolina) und Memphis (Tennessee) wurde im Jahre 1857 ein Gastmahl gehalten, an dem 15000 Personen theilnahmen, die an einer 3/4 engl. Meile langen Tafel ihren Platz fanden. (National-Zeitung, Berlin 1857, Nr. 273.)
Dän.: Fleere end ni og fleere end tre giøre ei gode lav. (Prov. dan., 168.)
Poln.: Gdzie gości gromada nie smaczna biesiada. (Wurzbach I, 164.)
115 Solchen Gästen setzt man solche Stühle.
Holl.: Zal men zulken gasten nog een' stoel met een kussen zetten? (Harrebomée, I, 203.)
116 Sollen die Gäste besoffen sein, so kann man nicht sparen den Wein.
It.: Querrer sa cuba piena, et i sa muzere imbreaga.
117 Täglicher Gast stinket hast.
118 Um eines Gastes willen streckt kein Wirth die Reifen aus.
119 Ungebädne Gäst' sett't man unner'n Hönerwîm. (Mecklenburg.) – Schiller, III, 15a.
Gäste, die nicht eingeladen sind, müssen mit den untersten Plätzen am Tische, der sich auf Bauernhochzeiten bis unter den „Hönerwîm“ erstreckt, fürlieb nehmen. (Vgl. Bütz. Ruhestunden, XXIV, 60.)
120 Ungebathne Gäste setzt ma hinger a Ufen. – Robinson, 97.
It.: Chi và alle nozze senz' esser invitato se ne torna svergognato. (Pazzaglia, 16.)
121 Ungebbëene Gäste stellt man hinder de Dör. (Hannover.) – Schambach, 283.
122 Ungebetene Gäste setzt man hinter den Feuerherd. – Sailer, 189; Simrock, 3036; für Schlesien: Frommann, III, 244, 80.
Der morgenländischen Gastfreundschaft entspricht diese Anschauung nicht. Wenn dort jemand eingeladen ist, so darf er ohne Erlaubniss des Wirthes einige seiner Freunde mitbringen, die dann mit derselben Aufmerksamkeit, wie er, behandelt werden. Darauf bezieht sich das ägyptische Sprichwort: Der Gast des Gastfreundes übt Gastfreundschaft. (Burckhardt, 384; vgl. auch Polack, Persien, I, 128.)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2020-09-18T08:54:38Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein Verzeichnisse im Vorspann wurden nicht transkribiert. Errata aus den Berichtigungen im Nachspann wurden stillschweigend integriert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |