Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 4. Leipzig, 1876.[Spaltenumbruch] 4 Es ist keiner so taub, als der nicht hören will. Dän.: Ingen er mere döv end den som ikke vil höre. (Bohn I, 381.) It.: Non ci e il piu cattivo sordo di quel che non vuol udire. (Bohn I, 112.) 5 Es ist keiner so taub, dass er nicht verstände, was er nicht hören soll. - Altmann VI, 493. 6 Wer nicht zuweilen taub und blind sein kann, taugt nicht zum Regieren. Holl.: Die niet somtijds doof zijn, deugen niet, om te regeren. (Harrebomee, I, 147a.) *7 Er ist taub auf dem Ohr. Holl.: Hij is doof aan dat oor. (Harrebomee, I, 147a.) - Hij is doof aan het oor, daar hij niet hooren wil. - Hij is hoorende doof. (Harrebomee, I, 147b.) *8 He es so dauf as en Quartel (Wachtel). (Meurs.) - Firmenich, I, 407, 407. Wie ist dies Sprichwort zu erklären? Die Wachtel ist doch nicht taub. Auch Harrebomee wundert sich, da dies Sprichwort in Holland ebenfalls üblich ist. Er meint, ob vielleicht der laute Ruf der Wachtel zu der Redensart könne Veranlassung gegeben, da taube Menschen in der Regel sehr laut sprechen, weil sie meinen, es sei dies nöthig, um verstanden zu werden. - Um einen harthörigen, tauben Menschen zu bezeichnen, sagt eine jüdisch-deutsche Redensart: Das is e Chuschim. (Tendlau, 12.) Chuschim, der Sohn Dan's (1 Mos. 46, 23), soll nach der Sage sehr taub gewesen sein. Holl.: Hij is een doove kwartel. - Hij is zoo doof als een kwartel. (Harrebomee, I, 462a.) *9 Mach mi nid taub. - Sutermeister, 21. *10 Taub wie ein Auerhahn in der Balz. - Eiselein, 44. Die Polen sagen von einem, der nicht oder sehr schwer hört: Er ist taub, wie einer aus Samter; weil die in Samter eingewanderten Czechen die polnische Sprache nicht verstanden: Gluchy, by od Szamotul. (Lipinski, 69.) Lat.: Surdior Toronaeo portu. (Erasm., 887; Philippi, II, 207.) - Surdior turdo. (Binder II, 3254; Erasm., 887.) Taubach. * Er ist aus Taubach. - Germania, VII, 236. In der Umgegend von Weimar, um zu sagen: er ist taub. Taubach ist ein 11/4 Stunde von dieser Stadt entferntes Dorf. Täubchen. 1 Es fliegt kein Täubchen über ein Dorf, es muss ein Federchen lassen. (Eifel.) - Schmitz, I, 189, 88. 2 Wer dem Täubchen ein Körnlein wehrt, dem wird Gott den Sack versagen. - Altmann V, 75. *3 Es ist ein Täubchen ohne Galle. Die Taube ist bekanntlich ein Bild der Sanftmuth, Einfalt und Unschuld. Also von Personen (besonders weiblichen) ohne Arg und List. *4 Et es gein Düüvehen esu rein, mer kann e Fläckchen dran finge. (Köln.) - Firmenich, I, 475, 177. *5 Mein (holdes) Täubchen. Ein bekanntes Liebkosungswort. Es ist bei andern Anlässen auf römische Scheltwörter hingewiesen worden; ich will hier (nach Ausland, 1871, S. 172) Ausdrücke, welche die Römer zum Liebkosen und Schmeicheln gebrauchten, folgen lassen. Im 3. Act der Eselskomödie des Plautus soll Argryppus' Geliebte Philenium dem Leonida die zu ihrer Loskaufung nöthige Summe abschmeicheln. Sie beginnt: "Gib mir das Geld, mein Aeuglein (ocellus), meine Rose (rosa), meine Seele (anima), mein Vergnügen (voluptus), Trenne nicht uns Liebende!" Darauf erwidert der Sklave: "Nenne mich also dein Sperlinglein (passerculus), deine Henne (gallina), deine Wachtel (coturnix), dein Lämmchen (agnellus), dein Böckchen (Voluptas holdillus); sage sogar, ich sei dein Kälbchen (vitellus)." Dasselbe Spiel wiederholt sich dann seinem Mitsklaven Libanus gegenüber, Philenium flötet: "Mein Libanus, goldenes Aeuglein, Geschenk und Zierde der Liebe. Ich werde thun, was du willst, schenke uns nur jenes Geld." Und der Angeredete antwortet: "So nenne mich dein Entchen (anaticula), deine Taube (columba) oder dein Hündchen (catellus), deine Schwalbe (hirundo), deine Dohle (monedula), deinen Sperling, dein Püppchen (putillus)." - In ähnlicher Weise versucht in Pönulus der Sklave Milphio im Auftrag seines blöden Herrn dessen Geliebte durch Schmeichelworte zu besänftigen indem er spricht: "Mein Vergnügen (voluptas), meine Wonne (delicia), mein Leben (vita), meine Lust (amoenitas), mein Augapfel, meine Lippe (labellum), mein Heil (salus), mein Küsschen (suavium), mein Honig (mel), mein Herz (cor), mein Biestmilch (colostra, den Römern eine Delicatesse), mein zarter Käse (molliculus caseus)." - In der Casina des Plautus kommen im vollen Ernst die schmeichelnden Ausdrücke vor: mein Festtag (festa dies), mein Sperlingputchen [Spaltenumbruch] (pullus passer), meine Taube, mein Hase (lepus). Die Perle (margarita) wurde ebenfalls, selbst auf Grabschriften angewandt, um den Werth geliebter Personen zu bezeichnen. Cicero nennt seine Gattin Terentia nicht blos: mein Leben, meine Sehnsucht (desiderium), sondern auch mein Licht (lux). *6 Wann me de Düüfkes met Annisölge bestrickt, sind de Arende (Adler, Raubvögel) 'r auk farts (sofort) achter. (Osnabrück.) - Firmenich, III, 162, 10; Lyra, 22. Taube (der). 1 An des Tauben Thor muss man stark klopfen. - Altmann VI, 439. 2 Bei Tauben verlieren Ohrenbläser den Athem umsonst. 3 Dem Tauben ist gut predigen. - Simrock, 10118a. 4 Dem Tauben sol man nicht fluchen, noch dem Blinden einen Anstoss in den Weg legen. - Petri, II, 80. 5 Den Tauben predigen ist vergebliche Mühe. 6 Der Taube hört mit den Augen. It.: Al sordo gl' occhi servono d' orecchie. (Pazzaglia, 358, 3; Cahier, 3008.) 7 Ein Tauber hört die Seufzer nicht, auch wenn man Schellen daran bindet. 8 Einem Tauben Messe lesen ist verloren Arbeit. - Petri, II, 177. Holl.: Men zal voor geen doove twee missen zingen. (Harrebomee, I, 147b.) 9 Em Dauven ess got prädige. (Köln.) - Firmenich, I, 472, 14. 10 Es gibt keine schlimmern Tauben als die nicht hören wollen. Dän.: Der er ingen döv, end den som ikke veed. (Prov. dan., 117.) Frz.: Il n'y a pire sourd que celui qui ne veut pas entendre. (Bovill, III, 180; Cahier, 1664; Lendroy, 670; Kritzinger, 275b; Gaal, 1235; Masson, 327.) Holl.: Er zijn geene ergere dooven, dan die niet horen wilien. (Harrebomee, I, 147a.) It.: Non vi e peggior sordo che chi non vuol intendere. (Pazzaglia, 184, 3.) Lat.: Deterior surdus eo nullus, qui renuit audire. (Bovill, III, 180.) Schwed.: Ingen är sa döf, som den som ej will höra. (Marin, 17.) - Sättja det döfwa örat til. (Grubb, 786.) Span.: No hay peor sordo, que el que no quiere oir. (Bohn I, 236; Masson, 327.) 11 Keinem Tauben soll man zwei Messen singen. - Simrock, 10118; Körte, 5854; Braun, I, 4396. Bei Tunnicius (722): Men kan dem toven neine twe missen singen. (Quis lapidi caneret vel surdo carmina multa?) Frz.: Allumer a l'aveugle est une chose vaine et precher a un sourd. - C'est bien perdre sa peine. (Masson, 227.) - Il n'y a pas deux messes pour un sourd. (Cahier, 2012.) 12 Mit einem Tauben ist schlimm plaudern. - Schlechta, 270. 13 Was nützt dem Tauben die Nachtigall? Die Russen: Obgleich die Nachtigall schön trillert, soll der Taracken ihren Gesang doch nur von der Ferne hören. (Altmann VI, 385.) 14 Wenn der Taube dem Blinden eine Lampe schenkt, so empfängt er dafür einen Dudelsack. - Altmann VI, 479. 15 Wer dem Tauben eine Laute verehret, der legt sein Gab vbel an. - Lehmann, 289, 36. 16 Wer einem Tauben die Glocke läutet (klingelt, schellt), einen Todten mit Weihrauch beräuchert und einem Trunkenen noch mehr einschenkt, bemüht sich umsonst. (Neugriech.) 17 Wer wird einem Tauben Messe singen! Holl.: Men en sal ghenen doven twee missen singhen. (Tunn., 18, 18.) It.: Eglii il mal sordo, che non vuol udire. (Gaal, 1235.) Lat.: Surdo nemo duas presumit psallere missas. (Sutor, 419.) - Surdo non binas tu missas nec cane trinas. (Fallersleben, 495.) *18 Das hesst am Toben ins Uhr geraunt. - Gomolcke, 309. *19 Das ist als wenn man einem Tauben etwas Heimliches (etwas in Ohr) sagte. *20 Das war an eines Tauben Thür geklopft. Holl.: Het is voor een doofmans deur geklopt. (Kramer, Holländisch-deutsches Wörterbuch, Leipzig 1759, S. 376.)
[Spaltenumbruch] 4 Es ist keiner so taub, als der nicht hören will. Dän.: Ingen er mere døv end den som ikke vil høre. (Bohn I, 381.) It.: Non ci è il più cattivo sordo di quel che non vuol udire. (Bohn I, 112.) 5 Es ist keiner so taub, dass er nicht verstände, was er nicht hören soll. – Altmann VI, 493. 6 Wer nicht zuweilen taub und blind sein kann, taugt nicht zum Regieren. Holl.: Die niet somtijds doof zijn, deugen niet, om te regeren. (Harrebomée, I, 147a.) *7 Er ist taub auf dem Ohr. Holl.: Hij is doof aan dat oor. (Harrebomée, I, 147a.) – Hij is doof aan het oor, daar hij niet hooren wil. – Hij is hoorende doof. (Harrebomée, I, 147b.) *8 He es so dauf as en Quartel (Wachtel). (Meurs.) – Firmenich, I, 407, 407. Wie ist dies Sprichwort zu erklären? Die Wachtel ist doch nicht taub. Auch Harrebomée wundert sich, da dies Sprichwort in Holland ebenfalls üblich ist. 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In der Umgegend von Weimar, um zu sagen: er ist taub. Taubach ist ein 11/4 Stunde von dieser Stadt entferntes Dorf. Täubchen. 1 Es fliegt kein Täubchen über ein Dorf, es muss ein Federchen lassen. (Eifel.) – Schmitz, I, 189, 88. 2 Wer dem Täubchen ein Körnlein wehrt, dem wird Gott den Sack versagen. – Altmann V, 75. *3 Es ist ein Täubchen ohne Galle. Die Taube ist bekanntlich ein Bild der Sanftmuth, Einfalt und Unschuld. Also von Personen (besonders weiblichen) ohne Arg und List. *4 Et es gein Düüvehen esu rein, mer kann e Fläckchen dran finge. (Köln.) – Firmenich, I, 475, 177. *5 Mein (holdes) Täubchen. Ein bekanntes Liebkosungswort. Es ist bei andern Anlässen auf römische Scheltwörter hingewiesen worden; ich will hier (nach Ausland, 1871, S. 172) Ausdrücke, welche die Römer zum Liebkosen und Schmeicheln gebrauchten, folgen lassen. Im 3. Act der Eselskomödie des Plautus soll Argryppus' Geliebte Philenium dem Leonida die zu ihrer Loskaufung nöthige Summe abschmeicheln. 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4 Es ist keiner so taub, als der nicht hören will.
Dän.: Ingen er mere døv end den som ikke vil høre. (Bohn I, 381.)
It.: Non ci è il più cattivo sordo di quel che non vuol udire. (Bohn I, 112.)
5 Es ist keiner so taub, dass er nicht verstände, was er nicht hören soll. – Altmann VI, 493.
6 Wer nicht zuweilen taub und blind sein kann, taugt nicht zum Regieren.
Holl.: Die niet somtijds doof zijn, deugen niet, om te regeren. (Harrebomée, I, 147a.)
*7 Er ist taub auf dem Ohr.
Holl.: Hij is doof aan dat oor. (Harrebomée, I, 147a.) – Hij is doof aan het oor, daar hij niet hooren wil. – Hij is hoorende doof. (Harrebomée, I, 147b.)
*8 He es so dauf as en Quartel (Wachtel). (Meurs.) – Firmenich, I, 407, 407.
Wie ist dies Sprichwort zu erklären? Die Wachtel ist doch nicht taub. Auch Harrebomée wundert sich, da dies Sprichwort in Holland ebenfalls üblich ist. Er meint, ob vielleicht der laute Ruf der Wachtel zu der Redensart könne Veranlassung gegeben, da taube Menschen in der Regel sehr laut sprechen, weil sie meinen, es sei dies nöthig, um verstanden zu werden. – Um einen harthörigen, tauben Menschen zu bezeichnen, sagt eine jüdisch-deutsche Redensart: Das is e Chuschim. (Tendlau, 12.) Chuschim, der Sohn Dan's (1 Mos. 46, 23), soll nach der Sage sehr taub gewesen sein.
Holl.: Hij is een doove kwartel. – Hij is zoo doof als een kwartel. (Harrebomée, I, 462a.)
*9 Mach mi nid taub. – Sutermeister, 21.
*10 Taub wie ein Auerhahn in der Balz. – Eiselein, 44.
Die Polen sagen von einem, der nicht oder sehr schwer hört: Er ist taub, wie einer aus Samter; weil die in Samter eingewanderten Czechen die polnische Sprache nicht verstanden: Gluchy, by od Szamotul. (Lipiński, 69.)
Lat.: Surdior Toronaeo portu. (Erasm., 887; Philippi, II, 207.) – Surdior turdo. (Binder II, 3254; Erasm., 887.)
Taubach.
* Er ist aus Taubach. – Germania, VII, 236.
In der Umgegend von Weimar, um zu sagen: er ist taub. Taubach ist ein 11/4 Stunde von dieser Stadt entferntes Dorf.
Täubchen.
1 Es fliegt kein Täubchen über ein Dorf, es muss ein Federchen lassen. (Eifel.) – Schmitz, I, 189, 88.
2 Wer dem Täubchen ein Körnlein wehrt, dem wird Gott den Sack versagen. – Altmann V, 75.
*3 Es ist ein Täubchen ohne Galle.
Die Taube ist bekanntlich ein Bild der Sanftmuth, Einfalt und Unschuld. Also von Personen (besonders weiblichen) ohne Arg und List.
*4 Et es gein Düüvehen esu rein, mer kann e Fläckchen dran finge. (Köln.) – Firmenich, I, 475, 177.
*5 Mein (holdes) Täubchen.
Ein bekanntes Liebkosungswort. Es ist bei andern Anlässen auf römische Scheltwörter hingewiesen worden; ich will hier (nach Ausland, 1871, S. 172) Ausdrücke, welche die Römer zum Liebkosen und Schmeicheln gebrauchten, folgen lassen. Im 3. Act der Eselskomödie des Plautus soll Argryppus' Geliebte Philenium dem Leonida die zu ihrer Loskaufung nöthige Summe abschmeicheln. Sie beginnt: „Gib mir das Geld, mein Aeuglein (ocellus), meine Rose (rosa), meine Seele (anima), mein Vergnügen (voluptus), Trenne nicht uns Liebende!“ Darauf erwidert der Sklave: „Nenne mich also dein Sperlinglein (passerculus), deine Henne (gallina), deine Wachtel (coturnix), dein Lämmchen (agnellus), dein Böckchen (Voluptas holdillus); sage sogar, ich sei dein Kälbchen (vitellus).“ Dasselbe Spiel wiederholt sich dann seinem Mitsklaven Libanus gegenüber, Philenium flötet: „Mein Libanus, goldenes Aeuglein, Geschenk und Zierde der Liebe. Ich werde thun, was du willst, schenke uns nur jenes Geld.“ Und der Angeredete antwortet: „So nenne mich dein Entchen (anaticula), deine Taube (columba) oder dein Hündchen (catellus), deine Schwalbe (hirundo), deine Dohle (monedula), deinen Sperling, dein Püppchen (putillus).“ – In ähnlicher Weise versucht in Pönulus der Sklave Milphio im Auftrag seines blöden Herrn dessen Geliebte durch Schmeichelworte zu besänftigen indem er spricht: „Mein Vergnügen (voluptas), meine Wonne (delicia), mein Leben (vita), meine Lust (amoenitas), mein Augapfel, meine Lippe (labellum), mein Heil (salus), mein Küsschen (suavium), mein Honig (mel), mein Herz (cor), mein Biestmilch (colostra, den Römern eine Delicatesse), mein zarter Käse (molliculus caseus).“ – In der Casina des Plautus kommen im vollen Ernst die schmeichelnden Ausdrücke vor: mein Festtag (festa dies), mein Sperlingputchen
(pullus passer), meine Taube, mein Hase (lepus). Die Perle (margarita) wurde ebenfalls, selbst auf Grabschriften angewandt, um den Werth geliebter Personen zu bezeichnen. Cicero nennt seine Gattin Terentia nicht blos: mein Leben, meine Sehnsucht (desiderium), sondern auch mein Licht (lux).
*6 Wann me de Düüfkes met Annisölge bestrickt, sind de Ârende (Adler, Raubvögel) 'r auk fârts (sofort) achter. (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162, 10; Lyra, 22.
Taube (der).
1 An des Tauben Thor muss man stark klopfen. – Altmann VI, 439.
2 Bei Tauben verlieren Ohrenbläser den Athem umsonst.
3 Dem Tauben ist gut predigen. – Simrock, 10118a.
4 Dem Tauben sol man nicht fluchen, noch dem Blinden einen Anstoss in den Weg legen. – Petri, II, 80.
5 Den Tauben predigen ist vergebliche Mühe.
6 Der Taube hört mit den Augen.
It.: Al sordo gl' occhi servono d' orecchie. (Pazzaglia, 358, 3; Cahier, 3008.)
7 Ein Tauber hört die Seufzer nicht, auch wenn man Schellen daran bindet.
8 Einem Tauben Messe lesen ist verloren Arbeit. – Petri, II, 177.
Holl.: Men zal voor geen doove twee missen zingen. (Harrebomée, I, 147b.)
9 Em Dauven ess gôt prädige. (Köln.) – Firmenich, I, 472, 14.
10 Es gibt keine schlimmern Tauben als die nicht hören wollen.
Dän.: Der er ingen døv, end den som ikke veed. (Prov. dan., 117.)
Frz.: Il n'y a pire sourd que celui qui ne veut pas entendre. (Bovill, III, 180; Cahier, 1664; Lendroy, 670; Kritzinger, 275b; Gaal, 1235; Masson, 327.)
Holl.: Er zijn geene ergere dooven, dan die niet horen wilien. (Harrebomée, I, 147a.)
It.: Non vi è peggior sordo chè chi non vuol intendere. (Pazzaglia, 184, 3.)
Lat.: Deterior surdus eo nullus, qui renuit audire. (Bovill, III, 180.)
Schwed.: Ingen är så döf, som den som ej will höra. (Marin, 17.) – Sättja det döfwa örat til. (Grubb, 786.)
Span.: No hay peor sordo, que el que no quiere oir. (Bohn I, 236; Masson, 327.)
11 Keinem Tauben soll man zwei Messen singen. – Simrock, 10118; Körte, 5854; Braun, I, 4396.
Bei Tunnicius (722): Men kan dem toven neine twe missen singen. (Quis lapidi caneret vel surdo carmina multa?)
Frz.: Allumer à l'aveugle est une chose vaine et prêcher á un sourd. – C'est bien perdre sa peine. (Masson, 227.) – Il n'y a pas deux messes pour un sourd. (Cahier, 2012.)
12 Mit einem Tauben ist schlimm plaudern. – Schlechta, 270.
13 Was nützt dem Tauben die Nachtigall?
Die Russen: Obgleich die Nachtigall schön trillert, soll der Taracken ihren Gesang doch nur von der Ferne hören. (Altmann VI, 385.)
14 Wenn der Taube dem Blinden eine Lampe schenkt, so empfängt er dafür einen Dudelsack. – Altmann VI, 479.
15 Wer dem Tauben eine Laute verehret, der legt sein Gab vbel an. – Lehmann, 289, 36.
16 Wer einem Tauben die Glocke läutet (klingelt, schellt), einen Todten mit Weihrauch beräuchert und einem Trunkenen noch mehr einschenkt, bemüht sich umsonst. (Neugriech.)
17 Wer wird einem Tauben Messe singen!
Holl.: Men en sal ghenen doven twee missen singhen. (Tunn., 18, 18.)
It.: Eglii il mal sordo, che non vuol udire. (Gaal, 1235.)
Lat.: Surdo nemo duas presumit psallere missas. (Sutor, 419.) – Surdo non binas tu missas nec cane trinas. (Fallersleben, 495.)
*18 Das hesst am Toben ins Uhr geraunt. – Gomolcke, 309.
*19 Das ist als wenn man einem Tauben etwas Heimliches (etwas in Ohr) sagte.
*20 Das war an eines Tauben Thür geklopft.
Holl.: Het is voor een doofmans deur geklopt. (Kramer, Holländisch-deutsches Wörterbuch, Leipzig 1759, S. 376.)
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